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Entwicklung fördern 1. Lebensjahr: Lernen durch Vertrauen

Entwicklung fördern: 1. Lebensjahr: Lernen durch Vertrauen
© ideabug / iStock
Sie wünschen sich, dass Ihr Kind glücklich und klug wird? Dabei können Sie ihm helfen - indem Sie ihm zur rechten Zeit das anbieten, was für die Entwicklung seines Gehirns gerade wichtig ist.

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Spürten sie nur annähernd, was sich in ihnen gerade abspielt, Neugeborene würden wahrscheinlich nicht so genüsslich die meiste Zeit des Tages verschlafen. Denn in den Köpfen wenige Wochen alter Babys gehen gewaltige Veränderungen vor sich. Ihre Gehirne arbeiten seit der Geburt auf Höchleistung. Und während ihre Eltern von dem zarten neuen Glück noch ganz benommen sind, haben sich ihre Kleinen bereits auf den Weg in Richtung Zukunft gemacht. Alle Babys sind genetisch darauf programmiert, schlau zu werden. Sie haben Spaß am Lernen. Von Anfang an. Und wenn die Eltern sie dabei unterstützen, kann eigentlich nichts schief gehen. Dann werden sie später kluge kleine Erstklässler werden. Doch erst einmal liegen vor ihnen spannende Jahre, in denen sie etliche Meilensteine hinter sich lassen werden.

Entwicklung fördern

Vertrauen macht den Kopf frei

Urvertrauen heißt das Zauberwort, das sowohl kleine als auch große Menschen zu Höchstleistungen bringen kann. Die Lust zu leben und zu lernen ist jedem gesunden Baby angeboren. Was es aber braucht, um alle seine Begabungen zu entwickeln, ist Sicherheit. Die Welt entdecken und verstehen lernen können Babys nämlich am besten dann, wenn sie die ständige Nähe und den Schutz ihrer Eltern oder anderer Bezugspersonen spüren. Nur so fühlen sie sich sicher. Ihre kleinen Gehirne arbeiten nämlich dann besonders effektiv, wenn sie entspannt, ohne Angst und Stress lernen und das in sich aufnehmen können, was die Umwelt an Informationen bietet. "Babys, die nur damit beschäftigt sind, sich zu vergewissern, dass sie nicht allein sind, haben keine Kapazität, interessante Entdeckungen zu verarbeiten", so der Bindungsforscher Dr. Karl Heinz Brisch von der Universität München.

Kinderpsychiater Brisch und sein Kollege Professor Gerald Hüther, Neurobiologe an der Universität Göttingen, erforschen seit Jahren, was Kinder für eine gesunde Entwicklung brauchen. Besonders wichtig in den ersten zwölf Monaten: ein starkes inneres Band zu Mama und Papa. Eine sichere Bindung, aus der das Urvertrauen wächst, entwickelt sich im ersten Lebensjahr. Dann, wenn das Baby sich verstanden fühlt und seine Bedürfnisse nach Nahrung, Wärme, Zärtlichkeit und Anregung prompt erfüllt werden. Die Natur hat dafür gesorgt, dass alle Mütter und Väter intuitiv spüren, was ihr Kind braucht. Bindung entsteht, wenn Eltern dieser Intuition vertrauen, in einem Wechselspiel mit dem Baby. Durch Berührung, Blickkontakt, Zwiegespräche. Die Liebe, die Eltern ihrem Kind geben, bekommen sie zurück: als hinreißendes Lächeln, vergnügtes Quietschen beim Schmusen und Knuddeln. Durch das Gefühl, dass sie ihr Baby beruhigen können, und die vielen kleinen Entwicklungsfortschritte, die sie bei ihm beobachten dürfen.

Lernen ohne Stress

Von Geburt an nehmen die Nervenzellen im Gehirn des Babys gierig alle Signale und Informationen auf, die über die Sinnesorgane zu ihnen vordringen. Sie versuchen sie zu ordnen, indem sie sich untereinander vernetzen - Leitungen werden gelegt, Schaltstellen (Synapsen) gebaut. Komplizierte Muster entstehen, die es dem Kind ermöglichen, Zusammenhänge, komplexe Regeln zu erkennen, logische Schlüsse zu ziehen und entsprechend zu handeln. Je älter Kinder werden, desto stabiler sind diese Muster. Will ein sieben Monate altes Baby zum Beispiel den roten Teddy haben, der vor ihm auf dem Boden liegt, ist das kein Problem mehr. Ein Impuls geht an das Gehirn, und der Prozess läuft: Arm ausstrecken, Händchen öffnen, zugreifen. Drei Monate früher wären dazu noch gewaltige Anstrengungen nötig gewesen. Zug um Zug bauen sich die einzelnen Regionen des Gehirns auf. Für jeden Entwicklungsschritt werden in den ersten Monaten neue Verbindungen geschaffen. Und dazu braucht das Baby viel Ruhe und immer nur so viele Reize, wie es verarbeiten kann.

Genug Zeit, um Wissen zu vertiefen

Am Anfang sind die Verschaltungen der Nervenzellen im Gehirn noch sehr locker. Sie festigen sich erst, wenn sie immer wieder bestätigt werden.
Durch Beobachten: Babys führen eine innere Statistik. Was immer wieder zusammen auftaucht, gehört zusammen. Beispiel Auto: Ein Baby hat schon länger den Verdacht, dass alle Autos Räder haben. Je mehr Autos es sieht, desto mehr wird seine Annahme zur Gewissheit.
Durch Wiederholen: Die Welt besteht aus Versuch und Irrtum. Tagelang arbeitet ein Baby daran, den Schnuller, der in seinem Bettchen liegt, zu angeln. Manchmal gelingt es ihm zufällig. Seine Bewegungen werden immer sicherer. Und mit sechs Monaten greift es den Sauger und steckt ihn sich souverän in den Mund.

Den Lernstoff selbst bestimmen

Die Welt ist ein großes Versuchslabor, und die Kleinen genießen es, ihre Neugier auszuleben. Sie beobachten und experimentieren unentwegt. Sie zeigen Mama und Papa, was sie interessiert. Deuten ab dem fünften Lebensmonat mit den Händchen, zeigen früher noch ihre Freude, wenn sie ein vertrautes Gesicht sehen, laden mit ersten Gurr- und Lall-Lauten zu einem Gespräch ein.

Eltern, die Mut machen

Die laute Stimme der Nachbarin? Das grelle Blitzlicht? Ist das gefährlich? Ein kurzer Blick auf Mama oder Papa beruhigt. Ihre entspannte Körperhaltung, die freundliche Mimik, die leise Stimme signalisieren, dass alles in Ordnung ist. "Check back" nennen Forscher diese Rückversicherung, die bereits drei, vier Monate alte Babys bei ihren Eltern suchen. Sie wird immer bedeutsamer, je aktiver die Kleinen werden.

So schnell wie im ersten Lebensjahr werden Kinder später nie wieder lernen. Ihr Großhirn hat sich in dieser Zeit um das Dreifache vergrößert. Alle wichtigen Verbindungen in den verschiedenen Hirnbereichen sind geschaltet. Und sie haben nun bereits intellektuelle Erkenntnisse gewonnen, die Basis für ihre weitere geistige Entwicklung sind. Sie beginnen, abstrakt zu denken: Gegen Ende des ersten Lebensjahres wissen die Kleinen, dass es Dinge auch dann noch gibt, wenn sie nicht zu sehen sind. So können sie sich das Bild von Mama oder Papa in Erinnerung rufen - auch wenn sie von ihnen getrennt sind. Das ist wichtig für den Weg in die Selbständigkeit: Je sicherer ein Kind gebunden ist, desto stabiler trägt es die Bilder seiner Lieben in sich, desto leichter fällt ihm der erste Schritt in die große Welt.

Die beste Schule: selber machen

Sie brauchen keine Mozartmusik im Kinderzimmer und keine hohe Literatur vorzulesen. Die Spiele, die wir Ihnen im Folgenden vorstellen, und das, was sich Ihr Kind an Anregungen selbst sucht, reichen völlig aus. Das Geheimnis eines späteren Schulerfolgs liegt vor allem darin, dass die Kinder früh selbst ausprobieren dürfen, wie Dinge funktionieren. Wenn Eltern ihrem Kind zeigen, wie man aus Klötzchen einen Turm baut, ist es vielleicht für kurze Zeit fasziniert - aber einen größeren Entwicklungsschritt macht es, wenn es selbst dahinter kommt, wie man die Klötzchen aufeinander legt. Kleine Hilfestellungen sind natürlich erlaubt. Aber die Münchner Babyforscherin Professor Dr. Mechthild Papousek sagt: "Alles, was wir dem Kind beibringen, kann es nicht mehr lernen."Dazu gehört auch, dass man dem Kind keine Rassel in die Hand drückt, sondern es selbst danach greifen lässt. Kleine Leute, die sich anstrengen, machen größere Fortschritte. Grundsätzlich gilt: Am meisten lernen Kinder, wenn sie selbst die Initiative ergreifen und aktiv in den Dialog mit ihrer Umwelt eintreten.

So unterstützen Sie Ihr Baby im 1. Jahr

  • Stellen Sie sich auf Ihr Kind ein, lassen Sie sich von seinen Bedürfnissen leiten. Geben Sie ihm Liebe, Nähe und Zärtlichkeit.
  • Sprechen Sie mit ihm. Es ist bereit, wenn es sich Ihnen zuwendet und seine Händchen locker geöffnet sind. Hat es genug, wird es seinen Kopf wegdrehen.
  • Ab dem dritten Monat können Sie Ihrem Baby bunte Gegenstände und Bilder zeigen, ein Mobile über dem Bettchen ist ideal.
  • Ab dem sechsten Monat können Sie sich mit Ihrem Baby unterhalten. Wenn Sie etwas sagen, wird es mit Lauten antworten.
  • Finger- und Kitzelspiele ("Himpelchen und Pimpelchen..." und "Kommt ein Mäuschen...") machen Babys ab einem halben Jahr Freude.
  • Versteckspiele sind ab dem siebten Monat ideal. Lassen Sie einen Gegenstand verschwinden und zaubern Sie ihn dann wieder hervor.

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