Sexualität Das erste Mal nach der Geburt
Ein echter Neuanfang: Sex zu haben mit dem Mann, der jetzt Papa ist. Mit der Frau, die jetzt Mutter ist. Was hat sich verändert? Wann haben Paare im Durchschnitt den ersten Sex nach der Geburt? Viele Infos, viel Beruhigendes.
Und was ist mit dem Sex?

Im Bett liegen jetzt Stilleinlagen, Spucktücher - und das süßeste Baby der Welt. Eltern sein, das neue Leben mit Kind - die großen Veränderungen gehen auch am Liebesleben nicht spurlos vorbei. Aber was genau passiert damit?
Jetzt ist etwas anderes wichtig
Tatsache ist: Rund um die Geburt tritt alles, was mit Erotik zu tut hat, bei den meisten Paaren in den Hintergrund. Einfach, weil jetzt anderes wichtig ist. Die letzten Wochen mit Riesenplauze zu überstehen. Dann einen neuen Menschen auf der Welt willkommen zu heißen. Zu lernen, wie man stillt und wickelt und tröstet. Langsam zu kapieren: Jetzt sind wir wirklich Eltern. In dieser besonderen Zeit tritt alles, was man sonst spannend fand, woran man Spaß hatte, in den Hintergrund: der Beruf, die Freunde, die Hobbys und eben auch der Sex. Das ist ganz normal und von der Natur schlau eingerichtet: Nur wenn Eltern mit ihrem Neugeborenen in einer regelrecht symbiotisch engen Beziehung leben, ist sichergestellt, dass sie alle Bedürfnisse des Babys sofort und angemessen stillen können - ein Überlebensvorteil.
Sex ist vor allem Kopfsache
Gibts tatsächlich Probleme im Bett, so sind in den allermeisten Fällen nicht die so gefürchteten körperlichen Veränderungen schuld. "Viele Frauen haben Angst, dass sich ihre Vagina durch eine Geburt stark verändern könnte", erklärt die Stuttgarter Frauenärztin Dr. Friederike M. Perl. "Dabei ist eines der größten Wunder der Natur, wie rasant schnell sich die Scheide nach einer Geburt erholt. Schon eine Stunde später kann man sich die Vagina angucken und sich nicht mehr vorstellen, dass da jemals ein Baby durchgepasst haben soll. Und sechs Wochen nach der Geburt besteht kein Unterschied mehr zwischen der Scheide einer jungen Mutter und der einer Frau, die nie vaginal geboren hat." Zwar kann ein nach der Geburt erschlaffter Beckenboden für verändertes Lustempfinden sorgen, doch mit der Rückbildungsgymnastik kehrt auch hier die Muskulatur zurück. Für Schwierigkeiten beim Sex macht die Gynäkologin deshalb einen anderen Körperteil verantwortlich: "Das ist Kopfsache." Friederike Perls Erklärung: Was wir als attraktiv und erotisch empfinden, ist weniger durch unsere Biologie geprägt als durch kulturelle Zuschreibungen. Und die können durch die neue Rolle Kratzer bekommen: Schließen sich die Attribute "mütterlich" und "sexy" nicht aus? Können weibliche Brüste im einen Moment Nahrungsquelle für ein Neugeborenes und im nächsten "Sex Toys" sein? Ist das ist nicht irgendwie ... unangemessen?
Auf die neue Rolle einlassen
Nein, ist es nicht, aber das muss der Kopf - auch der von Männern - manchmal erst lernen. Frau Dr. Perl lässt keinen Zweifel daran, dass er dazu in der Lage ist: "Sexualität ist Einstellungssache. Wenn ich mich auf etwas Neues einlasse, ihm positiv gegenüberstehe und bereit bin, es in mein Liebesleben zu integrieren, wird es mich dort nicht im Geringsten stören."
Ist es ganz normal, wenn das erste Mal danach wehtut?
Bin ich nach der Schwangerschaft überhaupt noch attraktiv?
Dehnungsstreifen, Schwabbelbauch - kann mein Mann mich so noch anziehend finden? Mit dieser Frage quälen sich viele Frauen nach einer Schwangerschaft herum - ganz zu Unrecht, so die Erfahrung von Frau Dr. Perl. Denn: Junge Väter haben da einen ganz anderen Blickwinkel. "Evolutionär gesehen ist attraktiv, wer Erfolg hat in dem, was er tut", erklärt sie. "Und junge Mütter sind wahre Naturtalente im Muttersein. Viele Väter sagen zu mir: Ich habe noch nie so etwas Schönes gesehen wie meine Frau, die unser Baby stillt. Sie sind ungeheuer stolz darauf, was ihre Frauen täglich leisten - und das finden sie sehr anziehend."
Mindert Stillen die Lust auf Sex?
Ist Sex im Wochenbett verboten?
Wollen Männer nach der Geburt wieder früher Sex als Frauen?
Ist das Sexleben nach einem Kaiserschnitt weniger beeinträchtigt als nach einer Spontangeburt?
Sind Babys im Elternbett automatisch Liebestöter?
Kommt die Lust wieder?
Zahlen & Fakten
In einer groß angelegten Umfrage der Berliner Charit gaben 90 Prozent der befragten Mütter an, ein halbes Jahr nach der Geburt wieder schmerzfreien, lustvollen Sex zu haben - viele auch schon Monate früher. Zwar erreichten die jungen Eltern zu diesem Zeitpunkt noch nicht ihre durchschnittliche Sex-Frequenz von 2,4 Mal pro Woche wie vor der Schwangerschaft, aber immerhin durchschnittliche 1,4 Mal pro Woche. Auf die lange Sicht haben Frauen mit Kindern entgegen anderslautenden Gerüchten "nicht weniger, sondern häufiger Geschlechtsverkehr als kinderlose und generell mehr sexuelle Lust", so der Sexualwissenschaftler Professor Kurt Starke über das Ergebnis seiner empirischen Forschungen.
- Die meisten Eltern (40 Prozent) haben sieben bis elf Wochen nach der Geburt das erste Mal wieder Sex miteinander.
- 25 Prozent warteten sogar noch länger: Sie schlafen erst nach drei bis sechs Monaten das erste Mal wieder miteinander.
- Die meisten Eltern (39%) schlafen zweimal im Monat miteinander.
- Der größte Lustkiller: Müdigkeit - ausgelöst durch die Belastung im Kinderalltag.
- 21% der Elternpaare nutzen Kinderpausen wie den Mittagsschlaf für Sex.
- So gut wie keinen oder überhaupt keinen Sex mehr - auch das gibt es. Mit sechs Prozent der befragten Eltern gibt dies jedoch nur eine Minderheit offen zu.
Wie schaffen wir es die Lust zu erhalten?
"Bei den ganzen Alltagsbelastungen bin ich einfach zu müde für Sex" - für viele junge Eltern ein großes Problem. In einer aktuellen Umfrage zum Thema von ELTERN und dem Meinungsforschungsinstitut Forsa, stimmten 64 Prozent der Befragten dieser Aussage. Vor allem für Eltern von Kindern im Alter zwischen drei und vier Jahren mindert der Alltagsstress die Lust auf Sex erheblich. Tolle Erkenntnis, aber was soll ich dagegen tun? Manchmal reicht schon das Gefühl, sich als Partner bewusst Zeit füreinander freizuschaufeln, um die Lust wieder zu entflammen. Nehmen Sie sich mal einen Samstag frei, Oma und Opa freuen sich sicher auf den Besuch ihrer süßen Enkel. Und jetzt bitte nicht die Zeit nutzen, um Dinge zu erledigen, die schon lange darauf warten, erledigt zu werden!
"Unser Sexleben war früher aufregender." Auch das ist eine Aussage, die viele Paare mit Kind sofort unterschreiben würden. Klar, wenn Kinder da sind, kann man nicht mehr so spontan sein wie vorher. Aber heißt das unbedingt, dass es langweiliger sein muss? Auch unter den neuen Bedingungen lassen sich bestimmt aufregende Momente herbeizaubern. Und: Nicht spontan handeln zu können heißt nicht, nicht spontan denken und träumen zu können. Erzählen Sie Ihrem Partner von Ihren Tagträumen - und wenn der Zeitpunkt stimmt, können Sie sie gemeinsam Wirklichkeit werden lassen.
Romantik und Eltern sein - das schließt sich nun wirklich nicht aus. Überraschen Sie Ihren Mann oder Ihre Frau doch einmal mit einem Menü von Ihrem Lieblingsrestaurant. Lassen Sie nach dem Essen den Abwasch stehen und machen Sie einen romantischen Spaziergang raus aufs Feld oder in Ihrem Viertel. Lassen Sie einfach mal die Kiste aus - vielleicht einigen Sie sich auf einen Monat ohne Fernsehen. Sie werden gar nicht glauben, wie viel Zeit für sich Sie dadurch gewinnen.