VG-Wort Pixel

Tagesablauf Routine macht Babys froh

Mutter trägt Baby am Bauch
© Halfpoint / Shutterstock
Babys fühlen sich wohl, wenn die Welt ein bisschen berechenbar für sie ist: Nach dem Schmusen werde ich gewickelt, nach dem Schlafen bekomme ich den Brei - ein für uns starrer Ablauf gibt den Kindern in ihrer Welt Sicherheit und Verlässlichkeit.

Artikelinhalt

Struktur gibt Sicherheit

Stellen Sie sich vor, Sie sind neu in einer Firma und merken, dass es dort keine Regeln gibt, an denen Sie sich orientieren können. Niemand sagt Ihnen, wann die Arbeit beginnt, wann Pause ist, wann die Meetings stattfinden. Würden Sie sich nicht ziemlich verloren fühlen? Anna Wahlgren, schwedische Erziehungsexpertin und Autorin vergleicht diese Situation mit der eines Babys, das in einer Familie lebt, in der es keine Strukturen gibt. Sie ist überzeugt davon, dass ein kleines Kind von Anfang an einen Rahmen braucht, in den seine täglichen Bedürfnisse wie Schlafen, Essen, Gewickeltwerden, Schmusen und Spielen eingebettet sind. Je klarer diese Struktur ist, umso sicherer fühlt sich das Baby. Denn es weiß: Wenn das eine geschieht, folgt das andere.

Die Welt sortieren

Schon wenige Tage nach der Geburt beginnt Ihr Kind, die Welt um sich herum zu sortieren. "Das Baby sucht Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung und bildet Erwartungen, wie die Welt funktioniert. Es ist ein Grundbedürfnis jedes Babys, Regelmäßigkeiten zu entdecken", bestätigt die Hamburger Diplom-Psychologin Renate Barth. "Dieses Verhalten können Eltern nutzen, um eine tägliche Routine aufzubauen", empfiehlt die Expertin.
Denn eine Routine bringt Vorteile für Kind und Eltern: Das Baby muss nicht ständig Energie darauf verwenden, seine kleine Welt neu zu ordnen, sondern kann seine geistige Kapazität dafür nutzen, sich weiterzuentwickeln: "Vertrautes schafft Vertrauen", sagt Hirnforscher Professor Gerald Hüther aus Göttingen. "Es verscheucht Unsicherheiten und lässt das Baby in einen Zustand innerer Harmonie kommen. Eine ideale Basis für neue Wahrnehmungen und Kreativität."
Die Eltern werden entlastet, denn Kinder, die Routine kennen, schlafen besser und oft zu festen Zeiten. In diesen Phasen können Mutter und Vater sich ausruhen oder mal in Ruhe in die Zeitung schauen.

Ein strukturierter Alltag

Doch wie entsteht eine Tagesroutine, die kein sturer Stundenplan ist, sondern Kind und Eltern gerecht wird? Renate Barth empfiehlt: "Am besten orientieren sich Eltern an den Grundbedürfnissen ihres Babys – nach Schlaf, Nahrungsaufnahme und Spiel. Und entwickeln daraus eine Routine, die das Kind wiedererkennen kann."
Ihr Weg zu einem strukturierten Alltag:
Beobachten Sie Ihr Baby einige Tage sehr bewusst. Schon nach kurzer Zeit werden Sie an der Tonlage seiner Stimme und der Heftigkeit seines Weinens erkennen, wann es müde, hungrig oder gelangweilt ist. Verlassen Sie sich dabei ganz auf Ihr Gefühl. Wenn Sie herausgefunden haben, welche Zeiten Ihr Kind zum Schlafen, Essen oder Spielen bevorzugt, nehmen Sie die als Basis für den täglichen Rhythmus, den Sie nun festlegen. Ideal ist es, wenn Sie für wichtige Ereignisse im täglichen Ablauf Rituale einführen: für den Tagesbeginn, das Wickeln, die Essens-, Schlafens- und Spielzeiten und das Ende des Tages.

So könnte eine Tagesstruktur aussehen

Einschlafzeiten:
Wenn Ihr Baby schlafen soll, lassen Sie das Rollo herunter, ziehen eine Spieluhr auf und sorgen dafür, dass es immer auf die gleiche Weise einschläft – beispielsweise im Bett oder auf Ihrem Arm. Sie können selbstverständlich auch andere Rituale wählen. Behalten Sie die einmal gewählte Reihenfolge aber bei. Bereits nach wenigen Tagen weiß das Baby: "Das Rollo geht runter, weil jetzt geschlafen wird." Und es wird automatisch ein bisschen müder werden.
Tipp:
Manchmal brauchen die Kleinen etwas Hilfe, um Tag und Nacht voneinander unterscheiden zu lernen. Dunkeln Sie, wenn Ihr Baby tagsüber schläft, sein Zimmer nicht ganz so stark ab wie in der Nacht und lassen Sie die Tür einen Spalt offen. Nachts achten Sie darauf, dass alles ruhig bleibt – auch wenn Sie Ihr Baby wickeln müssen.
Mahlzeiten:
Wählen Sie zum Beispiel eine leise Musik und einen bestimmten Platz, an dem Sie stillen oder das Fläschchen geben. Ziemlich schnell wird Ihr Kind merken, was Sache ist, und sich auf die Mahlzeit freuen, sobald die Musik erklingt und Sie den einmal gewählten Sessel aufsuchen.
Tipp:
Manche Neugeborene trinken anfangs nur ein, zwei Schlucke und schlafen dann wieder ein. Die Mahlzeiten dehnen sich dadurch ziemlich. Um das zu verhindern, wecken Sie Ihr Baby immer wieder auf und ermuntern Sie es, zügig zu trinken. Länger als 20 bis 30 Minuten sollte eine Mahlzeit nicht dauern.

Rituale gut überlegen

Die englische Hebamme Tracy Hogg (wegen ihrer besonderen Begabung, mit Babys umzugehen, auch "die Babyflüsterin" genannt) empfiehlt Eltern, die Routine dadurch noch deutlicher zu machen, dass sie alles, was sie mit ihrem Kind machen, zusätzlich kommentieren. Etwa: "Jetzt werde ich dich aus dem Bettchen heben", "Komm, lass uns die Windel wechseln", "Ich ziehe dir jetzt dein Hemdchen aus".
Auch wenn Ihr Baby die Worte noch nicht versteht, so wird es doch an der Art, wie Sie sprechen, nach einiger Zeit erkennen, was passieren wird. Sobald Sie und Ihr Baby sich an einen festen Ablauf gewöhnt haben, werden Sie feststellen, dass der Alltag ruhiger wird. Denn Ihr Kind schläft besser und ist dadurch in seiner wachen Phase zufriedener.
Wichtig:
Welche Rituale Sie auch immer einführen, überlegen Sie, ob Sie sie wirklich die nächsten Wochen beibehalten wollen. Vielleicht empfinden Sie es jetzt gerade als großes Glück, wenn Ihr vier Wochen altes Baby friedlich beim Stillen an Ihrer Brust einschläft. Aber können Sie sich vorstellen, dass es jeden Abend so sein wird? Wenn nicht, dann sollten Sie ein anderes Einschlafritual wählen.

Keine starren Regeln

Selbstverständlich können Sie die tägliche Routine verändern. Wenn Sie zum Beispiel wollen, dass Ihr Kind endlich in seinem Zimmer schläft und nicht mehr wie bisher im Elternbett. Doch rechnen Sie damit, dass es auf jede Veränderung mit Unruhe reagieren und häufiger weinen wird, weil seine Erwartungen enttäuscht werden.Etwa eine Woche dauert es, bis es die neue Regel erkennt und wieder zufrieden ist.
Auch Ihr Baby wird Ihnen zeigen, wann sich etwas ändern muss. Es kann sein, dass es quengeliger wird, plötzlich schlechter isst und schläft. "Typisch ist dieses Verhalten bei Entwicklungssprüngen", sagt Renate Barth. In diesem Fall helfen zwei Dinge: sich daran zu freuen, dass das Kind eine neue Entwicklungsstufe erreicht hat – und gemeinsam einen neuen Rhythmus zu suchen. Nach einigen Tagen kehrt meist wieder Ruhe ein.

Mehr zum Thema