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Spreizhose für Babys Was eurem Baby bei einer Fehlstellung der Hüftgelenke hilft

Die Hüfte eines Babys wird mit Ultraschall untersucht
© romaset / Adobe Stock
Spreizhosen werden bei Babys erfolgreich zur Behandlung von Hüftfehlstellungen angewendet. Wie eine Hose sehen die modernen, orthopädischen Geräte heute aber nicht mehr aus. Wir erklären, wann eine Hüftbeugeschiene notwendig wird und warum es so wichtig ist, eine Hüftdysplasie möglichst früh zu erkennen.

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Bei der Geburt ist die Hüfte eines Säuglings noch nicht vollständig ausgereift. Das ist quasi der Normalzustand. Die Nachreifung erfolgt in den ersten Lebenswochen. Liegt bei eurem Baby eine Fehlstellung vor, können sich die Gelenke nicht altersgerecht entwickeln. Die Diagnose bereitet euch sicher erstmal Sorgen. In den meisten Fällen kann eine Hüftdysplasie aber sehr gut mit medizinischen Spreizhosen (Hüftbeugeschiene) behandelt werden. Ein Gips oder eine Operation sind eher selten notwendig.

Was ist eine Spreizhose?

Unter einer Spreizhose wird heute in der Regel ein orthopädisches Hilfsmittel zur Behandlung einer Hüftgelenksdysplasie (Hüftreifestörung) bei Babys verstanden. Daneben gibt es so genannte Spreizwindeln in Höschenform, die allerdings nicht denselben Effekt wie medizinische Spreizhilfen garantieren.

Spreizwindeln:
Sie haben tatsächlich die Form einer Hose und vereinfachen das sogenannte breite Wickeln. In einem Stoffhöschen (z.B. aus Frottee) ist dazu eine Tasche eingenäht, in die ein Spreizkeil eingesetzt wird. So liegen die Babybeinchen in einer Spreizwindel automatisch in einer leicht gespreizten Haltung. Experten halten diese Methode allerdings für veraltet und ungeeignet, um bei einer Dysplasie die notwendige Nachreifung der Gelenke zu erreichen. Die erforderliche Hüftbeugestellung sei auf diesem Weg nicht möglich. Die plädieren bei ernsthaften Fehlstellungen für orthopädische Schienen, etwa die Tübinger Hüftbeugeschiene.

Medizinische Spreizhilfen:
Gepolsterten Schienen mit einem Brust-Schultergurt wie die Tübinger Hüftschiene, die Pavlik-Bandage oder die Hoffmann-Daimler-Bandage fixieren die Hüftgelenke des Babys verlässlich in einer gebeugten und gespreizten Haltung, um so das Wachstum der Gelenkpfanne anzuregen. Sie gehören zu den Orthesen. Die Schienen werden individuell angepasst und müssen Tag und Nacht getragen werden, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Einige können auch bequem über der Kleidung getragen werden. Zum Wickeln oder Baden könnt ihr die Schienen natürlich abnehmen.

Keine Sorge: Spreizhosen (Spreizschienen) sehen auf den ersten Blick vielleicht schlimm aus, sind es aber nicht. Schließlich kennt euer Baby die angehockte Haltung ja bereits aus dem Mutterleib und empfindet das Tragen der Schiene nach einer ersten Gewöhnung als wenig störend. Wurde die Skelettfehlentwicklung früh erkannt, muss sie Schiene meist nur wenige Monate getragen werden. Mit einem erneuten Ultraschall wird kontrolliert, ob die Gelenke nun vollständig ausgeformt sind. Danach seid ihr die Schiene endgültig los.

Spreizhosen (Spreizschienen) werden sehr erfolgreich zur Behandlung von angeborenen Fehlstellungen der Hüftgelenke eingesetzt. Durch die dauerhafte Spreizung kann der Hüftkopf wieder korrekt in der Gelenkpfanne fixiert werden. Oft verhindert die Therapie eine Operation oder eine spätere Gehbehinderung. Nur selten rät die Orthopäd:in zu einer Gipsbehandlung oder einer OP.

Baby trägt eine Spreizhose
© Marc Wiegelmann / Adobe Stock

Wann braucht mein Baby eine Spreizhose?

Eine Spreizhose (im Sinne einer Hüftbeugeschiene) wird verordnet, wenn eine Ultraschall-Untersuchung (spätestens bei der U3) gezeigt hat, dass ein oder beide Hüftgelenke eures Babys nicht altersgerecht entwickelt sind und eine Hüftdysplasie vorliegt. Euer Kleines ist bei der U3 zwischen 4 und 5 Wochen alt. Generell gilt, je früher eine Hüftreifestörung festgestellt wurde, desto besser ist der Behandlungserfolg durch eine frühzeitig angepasste Spreizhose.

Bei leichten Fehlstellungen (physiologische Hüftunreife Typ IIa) empfiehlt euer Kinderarzt oder Orthopäde euch vielleicht, euer Baby breit zu wickeln. So wird eine leichte Froschhaltung der Beine erreicht und die Gelenke liegen in einer günstigen Position für ihre Nachreifung. Für die Behandlung einer Hüftgelenkdysplasie ist breites Wickeln allerdings nicht ausreichend.

Was ist eine Hüftdysplasie?

Spreizhosen (im Sinne einer Hüftbeugeschiene) sind eine bewährte Therapie bei Hüftdysplasie. Diese gilt als eine der häufigsten Skelettfehlbildungen bei Kindern. Bis zu 4 Prozent der Neugeborenen kommen mit einer Hüftdysplasie auf die Welt. Dass Mädchen häufiger betroffen sind als Jungen, hat vermutlich hormonelle Ursachen.

Bei der Hüftdysplasie ist eine Hüftgelenkspfanne eures Babys zu flach ausgebildet. Die Gelenkkugel des Oberschenkels (Hüftkopf) findet in ihr keinen festen Halt und ist nicht richtig in die Gelenkpfanne eingebettet. Bei 0,2 Prozent der betroffenen Babys rutscht das Gelenk ganz aus der Pfanne – der Hüftgelenkkopf renkt sich also immer wieder aus. Dieser gravierendste Fall einer Hüftdysplasie wird in der Medizin als Hüftluxation bezeichnet und entsteht erst nach der Geburt.

Meistens ist eine Hüftdysplasie einseitig. Wird sie in den ersten Monaten korrigiert, sind die Heilungschancen sehr gut und euer Baby lernt genauso krabbeln, laufen und springen wie andere Kinder. Unbehandelt führt eine Hüftdysplasie später zu starken Schmerzen – und häufig zu einem künstlichen Hüftgelenk.

Welche Ursachen hat eine Hüftdysplasie bei Babys?

In den meisten Fällen ist eine Hüftdysplasie genetisch bedingt. Allerdings können Faktoren hinzukommen, die die Entstehung der Fehlbildung im Mutterleib begünstigen:

Eine Beckenendlage
Babys, die aus einer Steiß- oder Beckenendlage auf die Welt kommen, sind 25-mal häufiger von einer Hüftdysplasie betroffen als Kinder, die sich in den letzten Wochen vor der Entbindung in der optimalen Geburtsposition befanden.

Mehrlingsschwangerschaften und/ oder zu wenig Fruchtwasser
Müssen sich zwei oder mehr Kinder den Platz in deinem Bauch teilen oder befindet sich zu wenig Fruchtwasser in der Fruchtblase, kann es zu Fehllagen der Hüftgelenke kommen.

Schwangerschaftshormone
Zur Vorbereitung auf die Geburt schüttet dein Körper Progesteron aus. Das Hormon sorgt unter anderem für eine Lockerung des Beckenrings. Bei einigen weiblichen Föten führt Progesteron im Mutterleib zu einer stärkeren Lockerung der Hüftgelenkkapsel. Dies kann eine Hüftfehlstellung zur Folge haben und erklärt, warum Mädchen stärker betroffen sind.

Fehlhaltung des Babys nach der Geburt
Tragt ihr euer Baby in der Streckhaltung, kann diese Position der Hüfte schaden. Besser ist das Tragen in der Anhock-Spreizstellung. Denn dabei werden die Knie angewinkelt und die Beine auseinandergespreizt.

Hier erfährst du noch mehr zur Hüftdysplasie beim Baby.

Wie erkenne ich eine Hüftdysplasie bei meinem Baby?

Als medizinische Laien ist es für Eltern schwer, eine Hüftdysplasie zu erkennen. Zumal euer Baby durch die Fehlstellung zunächst keine Schmerzen hat. Sehr aufmerksame Beobachter sehen vielleicht, dass das Baby ein Bein nicht richtig abspreizt, oder euch fällt auf, dass sich der gebeugte Oberschenkel beim Wickeln nicht so weit zur Seite drehen lässt wie der andere. Mediziner sprechen bei diesem Symptom von einer Spreizhemmung oder Abspreizhemmung.

Handelt es sich um eine Luxation, fällt diese oft früher auf. Ist das Gelenk aus der Pfanne gerutscht, wirkt das ausgerenkte Bein kürzer und die hinteren Oberschenkelfalten sind nicht symmetrisch. Sind beide Beine betroffen, fällt diese Unterscheidung weg und Dysplasie und Luxation sind schwerer zu erkennen.

Letzten Endes ist es Aufgabe eurer Kinderärzt:in, eine Hüftreifestörung festzustellen. Bei der klinischen Untersuchung kontrolliert sie, ob die Beine sich gleichmäßig abspreizen lassen und gleich lang sind und achtet auf die Symmetrie der Gesäßfalten am Po.

Um ganz sicher zu gehen, gehört schon seit gut zwei Jahrzehnten ein routinemäßiger Hüftultraschall zur 3. Vorsorgeuntersuchung (U3). Die Ärzt:innen messen dabei den Winkel des Oberschenkelknochens zur Hüftpfanne und kontrollieren, ob das Hüftpfannendach altersgerecht ausgereift ist. So steht spätestens in der 4. oder 5. Lebenswoche eine Diagnose und die Behandlung kann – bei einer zügigen Überweisung zum Orthopäden – beginnen.

Ist eure Familie vorbelastet, die Hüfte auffällig oder liegen mehrere Risikofaktoren vor, kann der Hüftultraschall auch vorgezogen werden. Ist der Befund unklar, kann zur Sicherheit auch geröntgt werden. Eure Ärzt:in entscheidet sich zur Vermeidung unnötiger Strahlenbelastung aber nur dafür, wenn die Untersuchung wirklich notwendig ist.

Kann man einer Hüftdysplasie beim Baby vorbeugen?

Eine erbliche Belastung ist ein Faktor, gegen den ihr nichts ausrichten könnt. Auch auf die Geburtsposition eures Babys habt ihr keinen Einfluss. Insofern könnt ihr der angeborenen Hüftdysplasie nicht vorbeugen. Lediglich die Trageposition nach der Geburt liegt in euren Händen. Wenn ihr euer Baby in der Anhock-Spreiz-Haltung tragt, bringt ihr die Hüften automatisch in eine günstige Position und beugt so einer erworbenen Dysplasie vor.

Damit sich eine leichte Dislokation nicht verschlimmert und noch eine gute Heilungschance hat, ist es wichtig, sie früh zu erkennen. Insofern ist die beste Vorbeugung, euer Baby nach dem Zeitschema der Vorsorgeuntersuchungen eurer Kinderärzt:in vorzustellen. Die Angaben zum Alter des Babys bei den verschiedenen U-Untersuchungen findest du im gelben U-Untersuchungsheft.

So könnt ihr im Alltag die Hüftreifung unterstützen:

  • Euer Kind im Tragetuch tragen (Anhock-Spreiz-Stellung)
  • Euer Baby so wickeln, dass die Hüftgelenke gebeugt sind (sogenanntes „breites Wickeln“)
  • Eine zu starke Streckung der Hüfte meiden (Hüfte und Beine nicht pucken!)
  • Euer Baby nicht zu oft und zu lange auf den Bauch legen. Liegt es doch kurz auf dem Bauch, sollten die Beinchen angezogen sein.

Spreizhose, breit wickeln oder OP? Wann wird eine Hüft-Fehlstellung wie behandelt?

Wie eine Hüftreifestörung behandelt wird, hängt davon ab, wann sie diagnostiziert wurde und wie schwerwiegend sie ist.

Geringfügige Fehlstellung
Wird sie früh erkannt und ist die Fehlbildung nur geringfügig, genügt es in einigen Fällen schon, das Baby breit zu wickeln und richtig zu tragen. Eure Kinderärz:tin kann am besten einschätzen, ob diese Art der Behandlung bei eurem Baby ausreicht.
„Breites Wickeln“ funktioniert so: Ihr faltet ein Moltontuch 15 Zentimeter breit und legt es nach dem normalen Windelwechseln zwischen die Beine eures Babys. Fixiert wird es durch den Body oder eine Strumpfhose. So sind die Beinchen automatisch in der Froschstellung (Anhock-Spreizhaltung) und die Hüften können in dieser Position besser nachreifen. Regelmäßige Ultraschalluntersuchung zeigen, ob die Behandlung erfolgreich verläuft.

Mittlere oder schwere Fehlstellung (Hüftdysplasie)
Liegt eine Hüftgelenksdysplasie vor, raten Experten heute davon ab, lediglich breit zu wickeln oder eine Spreizhose zu verwenden. Um die Gelenke in eine Position zu bringen, die eine optimale Nachreifung ermöglichen, sind medizinische Spreizhilfen (Abspreizschine) notwendig. Besonders verbreitet ist die „Tübinger Hüftschiene“, bei der die Oberschenkel in zwei mit einem Steg auf Abstand gehaltenen Plastikschalen liegen, die über zwei Perlenbändchen mit dem Brust-Schultergurt verbunden sind. So lässt sich der Spreizwinkel variieren. Das Therapiegerät kann problemlos über der Kleidung getragen werden und ermöglicht das natürliche Strampeln.

Schwere Hüftdysplasie oder Hüftluxation
In seltenen Fällen reicht die Versorgung mit einer orthopädischen Schiene nicht aus. Dann wird das Gelenk eventuell unter Narkose wieder eingerenkt (Reposition) und anschließend oft über einen Gips fixiert (Retention), damit es nicht erneut herausspringt. Das Eingipsen der Beine kann auch ohne OP das Mittel der Wahl sein, wenn eine schwere Dysplasie vorliegt. Die Vorstellung, dass ihr Kind für mehrere Wochen ein Gipsverband tragen muss, ist für die Eltern sehr belastend. Im Netz gibt es einige Erfahrungsberichte von Betroffenen, die euch wertvolle Tipps geben, wie ihr mit der Situation besser zurechtkommt. Dabei geht es auch um praktische Alltagshilfen. Zum Beispiel, wie man ein eingegipstes Kind wickelt oder was man tut, wenn es mit den abgespreizten Beinchen nicht mehr in die Autoschale passt.

Babyalltag mit Spreizhose: Darauf solltet ihr achten

Wurde eurem Schatz eine Spreizschiene verschrieben, lassen sich die meisten Modelle bequem über der Kleidung anlegen. Auch Schwimmengehen ist kein Problem. Wichtig ist, dass die Schiene Tag und Nacht getragen werden muss. Nur so kann sie den gewünschten Effekt erzielen. Einzige Ausnahme: Baden und Wickeln.

Das ist noch wichtig im Alltag mit einer Spreizhose (Spreizschiene):

  • Euer Kleines sollte, wie ohnehin im ersten Lebensjahr empfohlen, auf dem Rücken schlafen.
  • Beim Baden ohne Schiene könnt ihr die Spreizstellung der Babybeine mit eurer Hand unterstützen.
  • Entstehen durch die Schiene Druckstellen, können diese leicht abgepolstert werden. Fragt eure Ärzt:in, wie ihr am besten vorgeht.

Quellen:
Christel Multerer et al. (2014): Angeborene Hüftdysplasie und -luxation, bewährte und neue Verfahren in Diagnostik und Therapie, Der Orthopäde, Vol. 43, Iss 8.
Kinderärzte im Netz: Hüftgelenksdysplasie und Hüftgelenksluxation.
Bastian Penners (2016): Qualitätsanalyse der Hüftsonographie in Diagnostik und Therapie bei Hüftreifungsverzögerungen/Hüftluxationen, München.

ELTERN

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