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Studienergebnisse Wurde endlich die Ursache für den plötzlichen Kindstod gefunden?

Plötzlicher Kindstod: Ein Baby schläft auf dem Rücken
Eine sichere Schlafumgebung beugt dem plötzlichen Kindstod vor.
© Pixel-Shot / Adobe Stock
Warum sterben gesunde Säuglinge am plötzlichen Kindstod? Diese Frage beschäftigt die Forschung seit Jahrzehnten – ohne eindeutiges Ergebnis. Zwei Studien haben nun möglicherweise einen Durchbruch bei der Lösung des Rätsels erzielt.

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Es ist die Horrorvorstellung aller Eltern: Das eigene Kind verstorben – still und ohne Vorzeichen, im Schlaf. Der plötzliche Kindstod betrifft in Deutschland jährlich etwa 80 Säuglinge, vor einigen Jahrzehnten waren es noch mehr als 1000. Aufklärung über Risikofaktoren und Präventionsmaßnahmen haben die Anzahl der Todesfälle reduziert, die genaue Ursache für das Sudden Infant Death Syndrom (SIDS) konnte bislang jedoch nicht ausfindig gemacht werden. Neue Erkenntnisse könnten das nun ändern: Forschende fanden bei den betroffenen Kindern eine Anomalie im Gehirn sowie eine verringerte Enzymaktivität im Blut. Lässt sich der plötzliche Kindstod also künftig verhindern?

Forschende finden Veränderungen in Gehirnen betroffener Babys

Für ihre im Fachmagazin Journal of Neuropathology & Experimental Neurology veröffentlichte Studie untersuchte ein Team um Robin Haynes – Mitarbeiterin am Boston Children’s Hospital und der Harvard Medical School – Gewebeproben aus dem Hirnstamm von 70 verstorbenen Säuglingen. Das Ergebnis: Der Serotonin-2A/C-Rezeptor, der laut den Forschenden eine wichtige Rolle für die Regulierung der Atmung im Schlaf spiele, wies bei SIDS-Babys eine Veränderung auf. Bei 58 der untersuchten Proben konnte das Serotonin nicht ausreichend gebunden werden – was laut Haynes Team dazu führen könne, dass das Gehirn auf Sauerstoffmangel im Schlaf nicht mehr mit Aufwachen reagiere.

Denn Studien an Nagetieren hatten bereits im Vorfeld gezeigt, dass der Serotonin-2A/C-Rezeptor im Gehirn am Prozess des Wachwerdens bei Sauerstoffmangel beteiligt sei. Eine Anomalie des Rezeptors könne diesen Schutzmechanismus des Hirns schwächen oder sogar ganz ausfallen lassen, so die Forschenden.

Reduzierte Enzymaktivität könnte ein Biomarker für erhöhtes Risiko sein

Es ist bereits der zweite Forschungsdurchbruch innerhalb kürzerer Zeit: 2022 stieß eine australische Forschungsgruppe um die Biochemikerin Dr. Carmel Harrington ebenfalls auf eine mögliche Ursache im Kontext mit dem Gehirn und fand einen potenziellen Biomarker für den plötzlichen Kindstod.Biomarker sind besondere Merkmale im Blut oder Gewebe, die auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Erkrankungen hindeuten können.

Die Wissenschaftler:innen des Kinderkrankenhauses Westmead in Sydney untersuchten Blutproben aus Neugeborenen-Screenings und stellten dabei fest, dass die Aktivität des Enzyms Butyrylcholinesterase (BChE) bei vom plötzlichen Kindstod betroffenen Babys verringert war. Das Enzym BChE steht im Zusammenhang mit der Steuerung von Atmung und Schlaf im Gehirn – eine verringerte Aktivität könnte erklären, warum schlafende Kinder bei Atemaussetzern nicht aufwachen, sondern am plötzlichen Kindstod versterben.

Forschende haben schon früher vermutet, dass eine Störung im Weckmechanismus des Gehirns eine Ursache für den plötzlichen Kindstod sein könnte. Die These: Ein Defekt im Gehirn verhindere, dass Babys bei aussetzender Atmung aufwachen. Sowohl die Untersuchungen von Heynes als auch von Harrington und Team stützen diese Annahme nun mit neuen Forschungsergebnissen.

Weitere Forschung nötig

Lässt sich der plötzliche Kindstod mit diesen neuen Erkenntnissen also künftig verhindern? Laut Studienleiterin Haynes noch nicht. Zwar seien die Ergebnisse durchaus ein Fortschritt beim Verständnis von SIDS, jedoch sei weitere Forschung nötig. Denn der genaue Zusammenhang zwischen der Rezeptoranomalie und dem plötzlichen Aussetzen der Atmung könne noch nicht vollumfänglich nachvollzogen werden. Und bisher lasse sich die Anomalie auch erst im Nachhinein, aber nicht präventiv erkennen.

Die Wissenschaftler:innen um Dr. Carmel Harrington wollen allerdings einen Screening-Test entwickeln, der eine verringerte Enzymaktivität bereits beim jetzt schon üblichen Neugeborenen-Screening erkennt. Der Biomarker könnte dann Babys, die besonders gefährdet sind, frühzeitig identifizieren.

So lässt sich das Risiko für den plötzlichen Kindstod verringern

Bis es so weit ist, könnt ihr als Eltern jedoch selbst einiges dafür tun, um das Risiko für den plötzlichen Kindstod zu senken. Haltet euch an die empfohlenen Richtlinien für eine sichere Schlafumgebung und befolgt die 3-R-Regel:

  • Rauchfrei
  • Rückenlage
  • Richtig gebettet

Denn auch wenn die genauen biologischen Ursachen noch nicht zweifelsfrei geklärt sind, weiß man inzwischen, dass bestimmte Faktoren die Gefahr für SIDS erhöhen. So gelten neben einer Schlafposition in Bauchlage auch eine Überhitzung durch Decken, Felle oder eine zu hohe Raumtemperatur für Babys als Risikofaktor. Als weiterer Risikofaktor gilt Rauchen in der Schwangerschaft sowie in der Umgebung des Kindes.

Am sichersten liegt euer Kind auf dem Rücken in einer rauchfreien und weitestgehend leeren Schlafumgebung mit einer Raumtemperatur zwischen 16 und 20 Grad. Übrigens: Mit zunehmendem Alter wird die Wahrscheinlichkeit für den plötzlichen Tod immer kleiner. Ab einem Alter von einem Jahr liegt das Risiko fast bei null.

Lese-Tipp: Hier noch mehr zum Thema Plötzlicher Kindstod erfahren.

Quellen:

ELTERN

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