Liebe Mama, du siehst ein bisschen traurig aus. Ich weiß, du bist müde und ziemlich erschöpft. Ich will dich nicht ärgern, ich hab dich doch lieb. Aber es ist so anders hier draußen als vorher in dir. So warm und kuschelig war es in deinem Bauch. Wir waren unzertrennlich, keine Sekunde allein. Und jetzt spüre ich dich manchmal nicht – ist das normal? Ich brauche dich doch und damit du mich verstehst, sage ich es extra ganz laut. Doch irgendwie siehst du gar nicht so glücklich darüber aus. Und dann ist da noch dieses komische Grrrr-Gefühl in meinem Bauch. Nur wenn du mich fütterst, hört es auf. Aber so ganz verstehe ich es nicht – vorher gab’s schließlich ganzen Tag Buffet. In deinem Bauch schaukelte ich so friedlich hin und her. Jetzt liege ich manchmal einfach nur da, das finde ich ehrlich gesagt nicht so ganz fair. Nur in deinem Arm ist’s wieder genauso schön, deshalb lieb' ich das so sehr. Schaukel doch bitte noch ein bisschen weiter, meine Äuglein werden schon ganz schwer. Gleich haben wir beide es geschafft. Wir schlafen wieder ein. Und schon morgen werde ich noch ein klitzekleines bisschen selbstständiger sein.
Alles ist so anders hier draußen Aus der Perspektive eines Neugeborenen

© bb-doll / iStock