Während die Bundesregierung noch über den Gesetzentwurf zur "Familienstartzeit" berät, also darüber diskutiert, Väter und andere Elternteile nach der Geburt zwei Wochen bezahlt freizustellen, prescht ein Unternehmen voran und setzt eigene Maßstäbe. Der Softwarekonzern SAP kündigt an, Väter und andere Partner:innen nach der Geburt ihres Kindes ganze sechs Wochen lang bezahlt freizustellen.
"Statt zu warten, haben wir es einfach gemacht", sagte Cawa Younosi, Personalchef von SAP Deutschland, auf LinkedIn. "Wir wollen beweisen, dass Familie und beruflicher Erfolg kein Widerspruch sein müssen, und betonen, dass Vereinbarkeit nur gelingt, wenn nicht nur die Mütter, sondern auch die Partner:innen sich einbringen können und dürfen", so Younosi. Die von der Regierung geplante "Familienstartzeit" sei Anlass gewesen, die Regelungen im Unternehmen zu überarbeiten "und damit auch dem geplanten Gesetz Anschubhilfe zu leisten."
SAP will die bezahlte sechswöchige Freistellung ab 2024 anbieten. Der Dax-Konzern geht davon aus, dass 700 bis 800 Väter pro Jahr in Deutschland von dem Angebot profitieren werden.
"Familienstartzeit" zur Unterstützung der Mütter
Die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, eine zweiwöchige bezahlte Auszeit für Partner:innen nach der Geburt eines Kindes einzuführen. Für das geplante Gesetz kursieren die Begriffe "Vaterschaftsurlaub" oder "Väterzeit", da vorwiegend Männer profitieren würden. Da das Vorhaben aber für alle Partner:innen der Mütter gilt, nutzte Bundesfamilienministerin Lisa Paus zuletzt den Begriff "Familienstartzeit".
Der Ansatz sieht vor, dass der Partner oder die Partnerin Zeit bekommt, um die Bindung zum Baby aufzubauen – und sich um die Genesung und Unterstützung der Mutter im Wochenbett zu kümmern. Über den Gesetzentwurf wird derzeit beraten. Familienministerin Paus hatte die Einführung für das Jahr 2024 in Aussicht gestellt, doch eine offizielle Äußerung oder Festlegung auf einen konkreten Zeitpunkt gibt es nicht.
Sonderurlaub nach der Geburt? In vielen Firmen unbekannt
Zahlreiche Unternehmen in Deutschland gewähren nicht einmal einen Tag Sonderurlaub nach der Geburt des eigenen Kindes. Das zeigt eine aktuelle Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Familienministeriums. Demnach gebe es in 44 Prozent der befragten Unternehmen keinen Sonderurlaub für Partner:innen nach der Geburt. 26 Prozent gewährten einen Tag Sonderurlaub, weitere 26 Prozent ließen zwei Tage zu. Bei nur vier Prozent der Unternehmen gibt es mehr als zwei Tage Sonderurlaub.
Befragt wurden Personalverantwortliche oder Geschäftsleitungen von knapp 1.200 Unternehmen. Die Umfrage zeigte auch, dass die geplante "Familienstartzeit" bei der Mehrheit der Unternehmen, nämlich 59 Prozent, noch unbekannt sei. Knapp ein Drittel der Befragten lehnte das Vorhaben ab.
Verwendete Quellen: fr.de, tagesschau.de, linkedin.com, zeit.de