Sonntag, 07:00.
Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln den Asphalt, die Vögel zwitschern ihr Lied. Die Straßen leer – nur vereinzelt sind Leute mit ihren verspielten Hunden oder ihren bunten Kinderwägen unterwegs. Und ich mit Benjamin in der Trage. Wie momentan jeden Tag drei Mal.
Benjamin schläft sein ganzes erstes Lebensjahr untertags nur in der Trage. Kinderwagen? Fehlanzeige! Auto? Gebrüll! Bettchen? Da kann ich nur schmunzeln. Fehlt ihm etwas? Nein, der Osteopath meint, er hasst diese Sachen einfach. Er sei halt ein High Need Kind. Und das traf es: Benjamin hatte einfach etwas höhere Bedürfnisse und brauchte von allem ein bisschen mehr. Ein bisschen viel mehr. Ein bisschen viel mehr stillen. Ein bisschen viel mehr tragen. Mit ein bisschen viel mehr war Benjamin das zufriedenste Baby. Ohne ein bisschen viel mehr, ein sehr Lautes.
Ob das verrückt ist? Vielleicht! Aber manchmal ist verrückt vielleicht notwendig
Und so kam es, dass ich meinen Sohn sein ganzes erstes Lebensjahr zu den Tagschläfen in der Tragehilfe trug. Nur ich. Von Papa wollte er das genauso wenig, wie von Oma oder der besten Freundin. Und nicht nur zum Einschlafen, nein, den ganzen Schlaf. Bewegungsstopp oder gar Ablegen hat mein Luxusgeschöpf schnell durchschaut und lautstark kommentiert.
Ich trug ihn beim Spazieren, beim Haushaltmachen, beim Einkaufen, bei Urlauben in den Bergen – einfach immer, wenn er untertags schlief.
Ob das verrückt ist? Vielleicht! Aber manchmal ist verrückt vielleicht notwendig. Jedes Kind hat sein eigenes Temperament. Also war ich gerne ein bisschen verrückt:
Gerne gab ich ihm durch Tragen die Nähe, die er brauchte, und trug ihn seinen täglichen Halbmarathon. Es war oft höllisch anstrengend. Aber da ich sowieso nicht auskam und Schreienlassen strikt ablehnte, brachte es nichts, sich darauf zu konzentrieren. Also beschloss ich, das Gute daran zu sehen. Und schnell stellte ich fest, wie wunderbar es war: Ich wurde mit dem größten Geschenk belohnt, das eine Mama sich wünschen kann: Einem zufriedenen Baby.
Ich hatte sehr schnell nach der Geburt wieder eine super Figur
Benjamin wurde ein sehr vergnügtes Baby. Sein Lachen war einzigartig laut. Einschlafkämpfe gab es nicht. Im Gegenteil, bald quietschte Benjamin vor Freude, wenn er die Trage sah. Ich war so flexibel, weil Benjamin überall in der Trage schlief!
Ich brauchte in dem Jahr keinen einzigen Kaffee, weil mich die Bewegung so ankurbelte. Ich hatte sehr schnell nach der Geburt wieder eine super Figur. Und ich hatte bei Spaziergängen Zeit mit Musik, Podcasts, Telefonieren zu entspannen. Meine Erholung holte ich mir nachts im Familienbett, eng umschlungen, nach 1,5 Stunden Einschlafstillen.
Jetzt ist Benjamin 12 Monate – und schläft mittags in seinem Bettchen. Sein Gehirn ist jetzt bereit dazu. Urvertrauen ist genug da. Verstaubt die Trage jetzt im Kasten? Nein, wir genießen das Tragen beide immer noch. Also gönnen wir uns diese intime Nähe, in der man sanft das Herz des anderen spürt, noch immer manchmal. Und ob ich es beim zweiten Kind genauso machen würde? Wenn es das Kind braucht, ja. Natürlich ist das mit einem Geschwisterchen nicht so einfach.
Beim Babyschlaf hilft wohl manchmal nichts außer Gelassenheit und Geduld. Und bei Kindern wie Benjamin, gute Schuhe.
*Name geändert
Diese Geschichte ist die persönliche Erfahrung einer Mutter/eines Vaters aus unserer Community. Der Inhalt wurde nicht redaktionell überprüft und gibt nicht die Meinung der Redaktion wieder.
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