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Weltfrühgeborenentag 2022 "Frühgeburt nach Gewicht? Auch diese Kinder und ihre Eltern brauchen eine Lobby!"

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© ondrooo / Adobe Stock
Jedes zehnte Neugeborene in Deutschland ist ein Frühchen. Das sind ungefähr 60.000 Kinder im Jahr, die einen erschwerten Start ins Leben haben. Damit diese kleinen Patienten, die eine besondere Unterstützung benötigen, mehr Aufmerksamkeit erfahren, gibt es den Weltfrühgeborenentag. Dieser findet jedes Jahr am 17. November statt.

Für viele Frühchen-Eltern ist der neue Alltag nicht leicht. Meist liegen Wochen voller Sorge, Hoffnung und Aufgewühltsein vor oder bereits hinter ihnen. Der tägliche Gang ins Krankenhaus wird fast schon zur Gewohnheit – und mit ihm verbunden immer die Frage, wann man als kleine Familie endlich zusammen nach Hause darf. 

Was vielen frisch gebackenen Eltern oftmals gar nicht bewusst ist: Der Frühchen-Status hängt nicht nur vom Geburtsdatum ab (dies nennt man Frühgeburt nach Zeit), sondern auch vom Gewicht, das die Kleinen bei der Geburt auf die Waage bringen. 

Wenig bekannt: Frühgeburt nach Gewicht

Vanessa Zobel ist selbst Frühchen-Mama und inzwischen ehrenamtliches Mitglied beim Bundesverband "Das frühgeborene Kind". Dort berät sie andere Eltern von SGA-Kindern. SGA ist der englische Begriff small for gestational age, auf Deutsch zu klein für das Gestationsalter. Damit sind frühgeborene Babys nach Gewicht gemeint. Doch obwohl es diese Unterscheidung in Zeit und Gewicht gibt, ist Letztere immer noch kaum bekannt. Nur, wieso? Zobels Eindruck: "Ich vermute, es liegt viel an der Trennung zwischen medizinischen und rechtlichen Belangen beziehungsweise an unterschiedlichen Definitionen, was überhaupt eine Frühgeburt ist. Für den Begriff Frühgeburt nach Zeit, was meistens mit Frühchen gemeint sein dürfte, ist die Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche ausschlaggebend. Nach dem Mutterschutzgesetz, wo es um die Verlängerung des Mutterschutzes um 4 Wochen geht, geht es um das Gewicht des Kindes unabhängig vom Geburtszeitpunkt sowie um Mehrlinge oder das Vorliegen einer Behinderung beim Kind. Bezüglich des Elterngeldes gibt es wieder andere Regelungen, die dann auch erst für Geburten ab dem 01.09.2021 gelten." Das klingt sehr kompliziert und ist es wohl in der Realität auch. 

Um auch von einem verlängerten Mutterschutz und damit auch von dem verlängerten Bezug von Mutterschaftsgeld (für angestellte Mütter) zu profitieren, wenn eine Frühgeburt nach Gewicht vorliegt, müssen laut Zobel die "Geburtskliniken die sogenannte 'Bescheinigung über das Vorliegen einer Frühgeburt' ausstellen und der Mutter aushändigen, damit diese sie dann an die zuständige gesetzliche Krankenversicherung senden kann. Leider wird diese Bescheinigung des Öfteren nicht ausgehändigt." Und viele Eltern wissen somit gar nicht, was ihnen eigentlich zusteht. Zobel fügt hinzu, dass oftmals nicht einmal die Hebammen von dieser Regelung wüssten. Ihrer Ansicht nach muss sich genau hier etwas ändern: "Schließlich ist das Mutterschaftsgeld höher als das dann folgende Elterngeld, auch wenn sich durch den längeren Bezug die Bezugsdauer des Elterngeldes durch weitere Anrechnung reduziert."

Unterstützung für Eltern von Frühgeborenen

Je nachdem, wie viel zu früh oder zu leicht der kleine Schatz geboren wurde, haben viele Eltern meist gar nicht den Kopf, sich auch noch um zusätzliche bürokratische Dinge zu kümmern. Zum Glück gibt es Initiativen wie den Bundesverband "Das frühgeborene Kind", die Eltern unterstützen, aufklären und ihnen neue Möglichkeiten aufzeigen und Austausch bieten. Den Verband gibt es seit fast 30 Jahren. Zobel sagt: "Das Thema SGA nimmt zwar auch da noch eine kleine Nische ein, aber wir sind dabei, diese mit Leben zu füllen und auch diesen Kindern und ihren Eltern eine Lobby zu bieten – sprich: Informationen, Ansprechpartner, Selbsthilfegruppen, weiterführende Literatur."

Zobel ist selbst Mama eines im Januar 2021 geborenen Sohnes: "Er kam bei 38+1 Wochen, also nur knapp 2 Wochen vor dem errechneten Termin, mit nur 2490 g auf die Welt. Rund ein Vierteljahr später habe ich dann zufällig in einem Buch gelesen, dass Kinder unter 2500 g als Frühgeburt nach Gewicht gelten und mir nach dem Mutterschutzgesetz verlängerter Mutterschutz zusteht." Daraufhin setzt sie alle Hebel in Bewegung, telefoniert mit der Geburtsklinik und der Krankenkasse – und findet sich in einem Bürokratiewahnsinn wieder. "Die bereits gestellten Anträge auf Elternzeit, Elterngeld usw. waren aufgrund der veränderten Berechnungsgrundlage leider alle nichtig."

Ihr erkennt euch in Vanessa Zobels Geschichte wieder? Oder steht noch ganz am Anfang? Wir haben hilfreiche Adressen für Informationen, Aufklärung und Austausch für Eltern von frühgeborenen Kindern zusammengetragen:

  • fruehgeborene.de
  • familienportal.de/familienportal/lebenslagen/schwangerschaft-geburt/fruehgeborene
  • welt-fruehgeborenen-tag.de
  • weltderkleinenwunder.de (Podcast zum Thema)
  • eltern.de/podcast/podcast-elterngespraech/uebersicht-eltg-folgen (Folge #179 Frühchen – was sie und ihre Eltern brauchen)
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