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Stillen ist nicht immer schmerzfrei, das ist hinlänglich bekannt. Wunde Brustwarzen oder Brustentzündungen sind nur einige Beispiele, die während der Stillzeit zu Problemen führen können. Manchmal ist aber gar nicht so leicht zu erkennen, was die Schmerzen verursacht – zum Beispiel bei einem Vasospasmus. Dabei handelt es sich um einen Gefäßkrampf in der Brustwarze (Mamille), der zu belastenden Beschwerden führen kann. Hier findest du alle Informationen zu den Symptomen und Behandlungsmöglichkeiten.
Was ist ein Vasospasmus?
Ein Vasospasmus, auch Angiospasmus genannt, ist eine krampfhafte Verengung von Blutgefäßen. Dieser Gefäßkrampf führt zu einer verminderten Durchblutung des betroffenen Gewebes und kann so zu Schmerzen führen. Vasospasmen können an Händen und Füßen auftreten (Raynaud-Syndrom) oder auch das Herz betreffen (Prinzmetal-Angina). Doch auch beim Stillen kann es zu einem Vasospasmus kommen: Die Versorgungsgefäße der Brustwarze (Mamille) ziehen sich hier krampfartig zusammen und infolge der Minderdurchblutung kommt es zu starken, stechenden Schmerzen.
Ich habe Schmerzen in der Brust – könnte es ein Vasospasmus sein?
Wenn du während deiner Stillzeit an wiederkehrenden Schmerzen in der Brust leidest, obwohl äußerlich alles unverletzt scheint, könnte ein Vasospasmus dahinterstecken. Diese Symptome treten typischerweise auf:
- Verfärbung der Brustwarzen: Durch die Verengung der Blutgefäße nehmen deine Mamillen eine weiße oder bläuliche Färbung an.
- Starker Schmerz: Du verspürst ein Stechen und Brennen an den Brustwarzen oder auch bis tief in die Brust hinein.
- Temperaturempfindlichkeit: Die Beschwerden treten insbesondere dann auf, wenn deine Brustwarze an die kalte Luft kommt oder die Umgebungstemperatur sehr kalt ist.
Ein Vasospasmus kann beidseitig oder auch nur an einer Brust auftreten. Außerdem kann durch einen Vasospasmus während des Stillens der Milchfluss unterbrochen werden, was zum einen dein Baby unruhig und unzufrieden machen kann und zum anderen einen Milchstau begünstigt. Denn werden die Milchgänge von deinem Säugling nicht ordentlich entleert, können diese verstopfen. Sind zu allem Übel auch noch deine Brustwarzen wund, können die Spasmen die Wundheilung verzögern.
Lesetipp: Hier erfährst du alles Wichtige zu den Themen Milchstau und wunde Brustwarzen.
Es könnte auch eine Pilzinfektion (Soor) sein!
Die Symptome von Vasospasmen im Zusammenhang mit dem Stillen können denen einer Pilzinfektion (Soor) ähneln. Der weißliche Belag auf den Brustwarzen, der mit einem Brustsoor einhergeht, kann mit den Verfärbungen während eines Gefäßkrampfes verwechselt werden. Und auch eine Soorinfektion in der Brust kann zu brennenden Schmerzen führen – vor allem, wenn die Milchgänge betroffen sind. Hierbei kommt es insbesondere beim Einsetzen des Milchspendereflexes zu Beschwerden: Ein brennendes Ziehen durchfährt dann deine Milchgänge. Manchmal treten Vasospasmen auch als Reaktion auf Pilzinfektion auf.
Von einer Brustentzündung (Mastitis) lässt sich ein Vasospasmus hingegen recht gut abgrenzen: Hier befallen Bakterien die Milchgänge und die Milchdrüsen, was in der Regel zu Fieber und starken Rötungen der Brust führt. Andere Ursachen für Schmerzen können neben wunden Brustwarzen auch Milchbläschen sein: Diese kleinen Bläschen bilden sich direkt an der Brustwarze und sind so auch gut als Übeltäter zu erkennen.
Ob deine Schmerzen auf Vasospasmen, Soor, Bläschen oder etwas anderes zurückzuführen sind, lässt sich am besten mit deiner Ärztin oder deinem Arzt klären. Scheue dich nicht, bei Schmerzen umgehend Hilfe und Beratung in Anspruch zu nehmen. Ansprechpartner:innen können auch (d)eine Hebamme oder Stillberater:innen sein. So könnt ihr gemeinsam nach der Ursache forschen und mit geeigneten Maßnahmen ein ungewollt frühes Abstillen deines Säuglings vermeiden.
Was sind die Ursachen für einen Vasospasmus beim Stillen?
Es gibt verschiedene Ursachen, die einen Vasospasmus in der Mamille herbeiführen können. Vor allem treten die Beschwerden auf, wenn die Brustwarze nach dem Stillen kalter Luft ausgesetzt ist: Die Blutgefäße ziehen sich bei diesem plötzlichen Temperaturumschwung krampfartig zusammen. Weitere mögliche Ursachen sind:
- Anlegefehler beim Stillen: Als häufiger Grund für Vasospasmen beim Stillen wird eine Über- oder Fehlbelastung der Brustwarze und des Brustgewebes durch Anlegefehler oder Saugprobleme angegeben. Ist die Anlegetechnik nicht ideal und kann dein Baby nicht optimal saugen, kann es zu schmerzhaften Vasospasmen kommen. Das korrekte Anlegen ist insbesondere auch bei Brustwarzenanomalien wie Schlupfwarzen oder einer oralen Einschränkung (etwa einem zu kurzen Zungenbändchen) deines Babys wichtig.
- Sehr starker oder sehr geringer Milchfluss: Ist dein Milchspendereflex stark ausgeprägt, also fließt schnell viel Milch aus deiner Brust, kann dein Baby durch Zusammendrücken seines Kiefers versuchen, die Milchmenge zu drosseln. Und das kann wiederum zu einem Vasospasmus in deiner Brustwarze führen. Kommt hingegen eher wenig und sehr langsam Milch, kann dein Baby durch sehr starkes Saugen und ein extremes Vakuum ebenfalls einen Gefäßkrampf auslösen.
- Kurzfristiger Magnesium-Mangel: Wenn du während der Schwangerschaft hoch dosierte Magnesium-Präparate zu dir genommen und diese nach der Geburt abrupt abgesetzt hast, kann es zu Vasospasmen kommen.
- Fehlerhaftes Abpumpen: Vasospasmen können auch nach dem Abpumpen von Milch auftreten. Hier sind häufig Anlegefehler wie ein zu hohes Vakuum der Milchpumpe oder schlecht sitzende Pumptrichter die Ursache des Problems. Eine Stillberaterin kann bei der richtigen Anlegetechnik der Milchpumpe unterstützen.
Frauen, die an Rheumatoider Arthritis erkrankt sind oder bei denen das Raynaud-Syndrom diagnostiziert wurde, haben zudem ein erhöhtes Risiko für Vasospasmen beim Stillen ihres Säuglings. Und auch einige Medikamente können Vasospasmen beim Stillen begünstigen: gefäßverengende Mittel wie Beta-Blocker stehen im Zusammenhang mit den schmerzhaften Krämpfen in der Brust.
Gibt es Behandlungsmöglichkeiten für den Gefäßkrampf in der Brustwarze?
Keine Frage: Ein Vasospasmus beim Stillen ist schmerzhaft. Aber du musst dein Baby deswegen nicht zwingend abstillen. Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die dir bei deinen Beschwerden helfen können.
Eine einfach umzusetzende Sofortmaßnahme ist Wärme – mit warmen Kompressen, einem Wärmepad oder Heizkissen kannst du deine Brustwarzen vor Temperaturschwankungen schützen und so nach dem Stillen einem Vasospasmus vorbeugen oder die Schmerzen lindern. Außerdem: (Passiv)Rauchen und ein erhöhter Koffeinkonsum wirken gefäßverengend und können Vasospasmen begünstigen. Entlastung können auch sogenannte Brust-Donuts bieten: Die kleinen Ringe werden im BH getragen und schützen aufgerichtete Brustwarzen so vor Abknicken und Einengung – was zu einer besseren Durchblutung beiträgt. Leidest du zudem unter wunden Brustwarzen, könnte ein Brustwarzenschutz wie ein Stillhütchen eine temporäre Lösung sein. Hier erfährst du mehr über die Vor- und Nachteile von Stillhütchen.
Etwas aufwendiger, aber häufig lohnend, ist die Überprüfung deiner Abpump- oder Anlegetechnik durch eine qualifizierte Stillberaterin. Ist die Ursache zum Beispiel ein sehr starker Milchfluss, kann das Stillen in einer zurückgelehnten Position schon zu einer deutlichen Besserung der Problematik führen. Speziell ausgebildete Laktationsberaterinnen und -berater können in einer persönlichen Beratung gemeinsam mit dir und deinem Baby anhand eurer individuellen Situation am besten einschätzen, welche Maßnahmen zu einer Verbesserung führen können. Mit dem richtigen Stillmanagement können Anlegefehler so schnell behoben werden. Außerdem: Ein Vasospasmus verursacht keine wunden Brustwarzen, die falsche Anlegetechnik hingegen schon. So kann man mit einer Beratung häufig mehrere Probleme in Angriff nehmen und bald vielleicht auch wieder auf die Stillhütchen verzichten.
Eine weitere Option kann die kurzfristige Einnahme von Magnesium- und Kalzium-Präparaten sein. Vor allem, wenn du die Supplementierung nach der Schwangerschaft sehr plötzlich eingestellt hast. In welcher Menge die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln für dich und deine Beschwerden Sinn ergibt, besprichst du am besten mit deiner Ärztin oder deinem Arzt. Dies gilt auch, wenn du Medikamente einnehmen musst, die den Vasospasmus auslösen. Nimm ärztliche Beratung in Anspruch und setze nicht eigenmächtig verordnete Mittel ab.
Wenn das alles nichts hilft und keine Besserung eintritt, kann der Einsatz von verschreibungspflichtigen Medikamenten mit dem Wirkstoff Nifedipin angeraten sein. Ob eine Behandlung für dich infrage kommt, musst du ärztlich abklären lassen. Zunächst ist es allerdings wichtig, die genaue Ursache deiner Beschwerden herauszufinden. Und dazu besuchst du am besten zuallererst deine Gynäkologin oder deinen Gynäkologen, eine Hebamme oder auch ein:e Stillberater:in. Qualifizierte Still- und Laktationsberaterinnen in deiner Nähe findest du hier.
Quellen:
- Europäisches Institut für Stillen und Laktation: Schmerzen beim Stillen, zuletzt aufgerufen am 12.12.2022.
- Europäisches Institut für Stillen und Laktation: Differentialdiagnosen Vasospasmus, zuletzt aufgerufen am 12.12.2022.
- Frauenärzte im Netz: Probleme beim Stillen, zuletzt aufgerufen am 12.12.2022.
- Embryotox: Nifedipin, zuletzt aufgerufen am 12.12.2022.