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Familie und Beruf Die kinderlose Akademikerin - ein Mythos?

Lange galten vor allem Frauen mit Hochschulabschluss als Hauptverursacherinnen des Kindermangels in Deutschland. Stimmt schon längst nicht mehr, sagt jetzt ein Münsteraner Professor - das Gegenteil sei der Fall! Wie es wirklich um den Kinderwunsch von Akademikerinnen bestellt ist, lesen Sie hier.

Das Klischee von den kinderlosen Akademikerinnen

Familie und Beruf: Die kinderlose Akademikerin - ein Mythos?
© Quirin Leppert

Es war eines der gültigen Erklärungsmuster in der Diskussion um den Geburtenrückgang in Deutschland: Vor allem hochqualifizierte Frauen bekommen viel zu selten ein Kind. Die Gründe dafür schienen nachvollziehbar: Hatten die Frauen doch viel Zeit und Energie in ihre Ausbildung und ihren Job gesteckt und identifizierten sich mit ihrer Arbeit. Dass sie diese meist gut bezahlte Berufstätigkeit nicht für eine mehrjährige Auszeit als Hausfrau und Mutter mit anschließender Teilzeit-Beschäftigung ohne jede Aufstiegschance eintauschen wollten, schien logisch.

Daneben, so war immer wieder zu lesen, sei es für gebildete Frauen auch schwer, überhaupt einen potenziellen Kindsvater zu finden. Untersuchungen belegten mit schöner Regelmäßigkeit, dass sich zwar der Arzt mit der Krankenschwester zusammentut, aber weder Ärztin noch Pfleger einander attraktiv finden: Sprich: Da Männer sich bei der Partnersuche in Sachen Sozialprestige durchaus nach "unten" orientieren, Frauen aber noch immer eher nach "oben", bleibt für die Frauen aus dem oberen Segment einfach kein Mann übrig, mit dem sie eine Familie gründen könnten.

Sollte sich wider Erwarten doch einmal ein männliches Exemplar aus ihrer Schicht finden, so legten diverse Studien die Sorge nahe, dass es sich bei diesem um ein ebenso karriere- wie genussorientierten Typus handele, der sich mehr für sein Konto und seinen nächsten Marathon interessiert als für die Familienplanung.

Qualifizierte Frauen werden mittlerweile öfter Mutter

Je gebildeter die Frau, desto mehr Kinder bringt sie auf die Welt

Müssen sich also Uni-Absolventinnen den Vorwurf gefallen lassen, nur auf ihre Karriere versessen und bei der Partnerwahl zu wählerisch zu sein? Nein, sagt Professor Rainer Hufnagel vom Institut für Ökonomische Bildung an der Rheinisch-Westfälischen Universität Münster. In einer neuen Studie, die in der Zeitschrift "Hauswirtschaft und Wissenschaft" der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft veröffentlicht werden soll, sieht der Experte sogar einen genau gegenläufigen Trend.

Für seine Untersuchung wertete Hufnagel statistische Daten aus den Jahren 1996 bis 2002 aus. Und kommt zu dem Schluss: Das Bild von der kinderlosen Akademikerin und der kinderreichen "Unterschichts-Familie" entsprach tatsächlich der Realität - allerdings nur bis Anfang der 90er-Jahre. Seitdem habe sich der Trend komplett umgekehrt, so der Wirtschaftswissenschaftler. Mittlerweile bekämen gut ausgebildete Frauen sogar mehr Kinder als weniger gut qualifizierte. "Je gebildeter die Frau, desto mehr Kinder bringt sie auf die Welt", fasst der Forscher seine Ergebnisse zusammen. Einen ähnlichen Effekt konnte er auch bei den Vätern nachweisen: Diese sind mehrheitlich ebenfalls hoch qualifiziert.

Elterngeld, Kita-Ausbau & Co.: Bevorzugt die Politik Besserverdienende?

Die Studie im Gepäck, mischt sich der Professor auch aktuelle familienpolitische Diskussionen ein. Seine Überzeugung: Von Reformen wie dem Elterngeld oder dem Ausbau der Kinderbetreuung profitierten eben die qualifizierten, berufstätigen Frauen wesentlich stärker als Familien mit geringem Einkommen. Da sich für diese die teure Betreuung eher lohnen würde, sei etwa "der Ausbau öffentlicher Betreuungsplätze mit einer Umverteilung zugunsten der gut ausgebildeten Frauen verbunden."

Trotzdem sieht der Ökonom Hufnagel gute Gründe für vermehrte Investitionen in die Betreuung. Da auf diese Weise neue Arbeitsplätze geschaffen würden und der Staat durch die größere Anzahl berufstätiger Mütter höhere Steuereinnahmen kassieren würde, trüge sich der Ausbau quasi von selbst.

Was meinen Sie?

Mit seiner Untersuchung widerspricht Rainer Hufnagel dem gängigen Vorurteil von der Akademikerin, die sich zwischen Kind und Karriere entscheiden muss. Glauben Sie auch, dass diese Zeiten vorbei sind? Und sind dabei wirklich die ärmeren Familien die Leidtragenden, weil von Elterngeld & Co. wohlhabende Eltern profitieren? Schreiben Sie uns von Ihren Erfahrungen und kommentieren Sie diesen Artikel!

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