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Berufswechsel Neustart nach der Babypause

Müttern wird der berufliche Wiedereinstieg nicht gerade leicht gemacht: Manche gehen deswegen in die Selbständigkeit, andere wechseln den Beruf. Fünf Frauen geben Einblick in ihre ganz persönlicher berufliche wie familiäre Situation.

"Wir sind den Stress gewöhnt"

Anette Kirby, 38, ist verheiratet, Mutter von vier Kindern und lebt bei Bonn. Ihre Kinder sind 13 Jahre, die Zwillinge 11 Jahre und der Jüngste eineinhalb Jahre alt. Die Informatikerin und Übersetzerin arbeitet wie ihr Mann auch Vollzeit.

"Weil wir schon drei große Kinder hatten und ich immer berufstätig war, wusste ich als Liam unterwegs war, wie schwierig es ist, Kinder und Vollzeitjob zu vereinbaren.

Bevor ich meinem Mann gesagt habe, dass ich schwanger bin, hatte ich sogar schon einen Betreuungsplatz für Liam. Das war so nicht geplant, aber mein Mann war unterwegs und ich konnte die Leiterin der Kinderbetreuung schneller erreichen als ihn.

Wir möchten den Kindern auch Dinge ermöglichen: wir fahren regelmäßig in den Urlaub, die Mädchen reiten und gehen ins Ballett und jedes der großen Kinder lernt ein Musikinstrument. Knapp 500 Euro im Monat kommen da schon zusammen. Das könnten wir uns alles nicht leisten, wenn wir nicht beide so viel arbeiten würden.

Außerdem haben weder mein Mann noch ich Ambitionen Hausfrau oder Hausmann zu sein. Mir würde die Decke auf den Kopf fallen, wenn ich nur mit Bauklötzchen Türme bauen müsste. Wir können uns im Moment aussuchen, wie viel Zeit wir mit Liam und den drei großen Kindern verbringen möchten. Das ist ein egoistischer Ansatz, weil wir ihnen die Zeit zuweisen, die sie mit uns verbringen. Aber sie kennen es nicht anders und wenn wir zuhause sind, genießen wir die Zeit zusammen und nutzen sie ganz für die Kinder.

Meine Familie ist für mich eine emotionale Basis. Meinen gesamten Alltag kann ich darauf aber nicht aufbauen. Ein Kind zu haben ist in meinen Augen ein biologisches Programm. Ich finde, meine Kinder haben mehr davon, so wie wir ihnen das Leben vorleben. Sie sind emanzipiert und sehen Möglichkeiten, die sie in einer konservativen Familie nicht kennenlernen würden.

Unser Alltag funktioniert, weil wir ein gutes Zeitmanagement entwickelt haben. Ich bin Übersetzerin und Informatikerin und arbeite 40 Stunden in der Woche. Teilweise kann ich auch von zuhause aus arbeiten. Mein Mann ist im Außendienst tätig und kann sich seine Arbeitszeit etwas flexibel einteilen. Ich gehe morgens sehr früh aus dem Haus. Teilweise sieht mich Liam dann gar nicht. Mein Mann bringt ihn in die Krippe. Wenn ein Kind krank wird, dann arbeitet einer von uns zuhause.

Unsere Kinder haben viele Freiheiten müssen aber auch sehr selbständig sein und mithelfen: Jeder hat im Haushalt seine Jobs, dafür dürfen sie auch mal länger Fernsehen oder Computerspielen. Da bin ich großzügiger. Es kommt vor, dass die drei großen mittags ein bis zwei Stunden alleine zuhause sind. Sie versorgen sich selbst und erledigen auch selbständig die Hausaufgaben. Wenn abends dann alle zuhause sind, kochen wir und essen zusammen.

Es ist anstrengend und wir haben wenig Freizeit, aber jeder von uns macht auch das, was er gerne möchte und kann sich so verwirklichen. Um Kraft zu tanken und abzuschalten fahre ich jeden Tag mit dem Fahrrad in die Arbeit. Das sind zwei Stunden am Tag, die ich für mich habe. Der Sport ist mein Ventil, da kann ich mich auch körperlich verausgaben.

Ein schlechtes Gewissen habe ich meinen Kindern gegenüber nicht. Eher gegenüber meiner Arbeit, wenn ich mich mal nicht so reinhängen kann, wie ich das müsste. Meine Arbeit ist mir wichtig, ich bin aber auch dankbar, dass ich meine Kinder und damit auch noch andere Aufgaben habe, die mir zeigen, was eigentlich wichtig ist im Leben. In der Familie bin ich unersetzbar - in der Arbeit bin ich das nicht."

"Ich war sehr enttäuscht"

Claudia Stränsch, 27, ist verheiratet und hat ein einjähriges Kind. Die Grafikdesing-Assistentin aus Hamburg, bekam von ihrem Arbeitgeber einer Absage, als sie jetzt Teilzeit arbeiten wollte.

"Meinen beruflichen Wiedereinstieg habe ich mir ganz anders vorgestellt: Als ich vor der Geburt meiner Tochter in den Mutterschutz ging, hatte ich mit meinem Chef mündlich vereinbart, dass ich nach einem Jahr wieder anfangen würde zu arbeiten.

Damals konnte er sich das noch vorstellen und fand die Idee ganz gut. Weil ich mir nicht sicher war, ob das mit der Kinderbetreuung auch wirklich klappen würde, habe ich damals trotzdem drei Jahre Elternzeit beantragt - abkürzen kann man schließlich immer, dachte ich mir. Als es jetzt nach knapp einem Jahr konkret wurde, war mein Chef sehr zögerlich und konnte sich auf einmal nicht mehr vorstellen, wie ich Arbeit und Kind vereinbaren könnte. Und das, obwohl ich ihm schriftlich zusichern konnte, dass ich einen Krippenplatz für meine Kleine hätte.

Kurz darauf bekam ich seine Absage: Teilzeitarbeit wäre aus betrieblichen Gründen nicht möglich. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich die erste Mitarbeiterin in der Firma bin, die ein Kind bekommen hat und er keine Erfahrung mit berufstätigen Müttern hat. Jedenfalls hat er jetzt zwei Männer angestellt.



Besonders geärgert hat mich, dass durch die Absage meines Chefs auch unser der Krippenplatz für Lina weggebrochen ist: Ohne Job bekomme ich den Platz nicht. Und so habe ich jetzt gar nichts mehr: Weder Arbeit noch Betreuung.

Weil ich gerne arbeite und weil wir auch auf mein Einkommen angewiesen sind, werde ich mir jetzt etwas anderes suchen. Ich habe mich schon beworben und hatte ein paar Vorstellungsgespräche. Vielleicht klappte es jetzt halbtags in einem Callcenter.

Selfmade Mama

Beatrice Pape, 32 Jahre, ist verheiratet und lebt mit ihrer Familie in Gerlingen bei Stuttgart. Sie ist Mutter von drei Söhnen die zwischen sechs und einem Jahr alt sind. Vor vier Jahren hat sie sich mit ihrer Geschäftsidee selbständig gemacht.

"Eigentlich hat mein zweiter Sohn Lukas mich auf die Idee gebracht, mich selbständig zu machen. Weil er beim Zahnen so stark sabberte, wollte ich ihm ein Sabbertuch kaufen. Richtig schöne Tücher habe ich aber nicht gefunden. Und weil ich sowieso schon lange eine Nähmaschine haben wollte, habe ich mir damals eine gebrauchte Maschine und Stoff gekauft. Da ich zuviel Stoff hatte, habe ich ein paar Tücher im Internet angeboten. Und irgendwann wurde es dann immer mehr.

Es ist ein tolles Gefühl, dass ich selbst etwas auf die Beine gestellt habe, aber mein absoluter Traum ist, einen eigenen Laden zu haben.

Verwirklichen könnte ich mir das vielleicht, wenn die Kinderbetreuung hier in Baden-Württemberg besser wäre. Als wir vor drei Jahren in die Nähe von Stuttgart zogen, haben wir nicht mal einen Kindergartenplatz für unseren damals Dreijährigen bekommen. Für noch jüngere Kinder sind die Betreuungsplätze hier so rar, dass sie verlost werden und so teuer, dass ich nur für den Kindergarten arbeiten würde.

Deshalb fahre ich seit dreieinhalb Jahren meine beiden größeren Söhne sechs Kilometer in einen anderen Ort in den Kindergarten. Dort bekommen sie Frühstück und Mittagessen und werden bis 15 Uhr betreut. Das kann mir der Kindergarten hier am Wohnort nicht bieten. Für meinen jüngsten Sohn habe ich mir eine Tagesmutter gesucht. Doch wenn die eigenen Kinder der Tagesmutter krank werden, muss auch sie mir absagen.

Leider ist das mit der Kinderbetreuung immer eine Zitterpartie: Es muss bei meinen drei Jungs alles klappen, erst dann habe ich den Rücken frei und kann in Ruhe arbeiten.

Ich höre auch oft, dass es doch nicht gut sei, wenn die Kinder den ganzen Tag im Kindergarten sind. Ich kann dieses Argument nicht verstehen. Ich bin aus den neuen Bundesländern. Dort ist das mit der Betreuung ganz anders geregelt. Ich war auch den ganzen Tag in der Betreuung und mir hat das nicht geschadet. Ich finde gute Betreuung besser. Bei den meisten Familien ist es doch so, das die Kinder mittags nach Hause kommen und dann ist nichts mehr los ist. Als Mutter kann ich den Kindern gar nicht so ein intensives Programm bieten, wie das ein guter Kindergarten leistet.

Ich wäre auch froh, wenn es hier eine Ganztagsschulen geben würden. Jede Mutter, die arbeiten möchte, soll das auch tun. Alle Mütter aus den neuen Bundesländern, die ich kenne arbeiten.

Schön wäre eine durchgehende Betreuung für meine Kinder auch für meinen Jüngsten mit Mittagessen. Dann hätte ich viel weniger Stress und könnte in Ruhe arbeiten. Denn es ist ja nicht nur das Nähen: Ich muss alles selber organisieren, meinen Onlineshop, die Abrechung, den Materialeinkauf.

An schlechten Tagen ist mir dann auch zum Heulen zumute. Da möchte ich alles hinschmeißen. Aber dann sage ich mir: Ich habe mir meinen Online-Shop in den letzten vier Jahren selbst aufgebaut und es macht ja auch Spaß. Das kann ich doch nicht einfach aufgaben. Die Kinder werden größer und was soll ich dann in ein paar Jahren auf dem Arbeitsmarkt anfangen, wenn ich Jahre lang nicht gearbeitet habe

Man darf sich nicht unterkriegen lassen...

Isabelle Issel, 31 Jahre, aus Düsseldorf, hat zwei kleine Töchter, Alina 10 Monate und Catharina zweieinhalb Jahre alt. Ihr Arbeitgeber wollte die gelernte Bilanzbuchhalterin nach der Elternzeit nicht auf Teilzeitbasis beschäftigen, deshalb wagte sie den Schritt in die Selbständigkeit.

"Vor der Geburt meiner ersten Tochter war ich bei einer großen Immobilienfirma beschäftigt. Trotzdem musste ich mich nach der Schwangerschaft selbständig machen, weil meine alte Firma, keine Möglichkeit mehr sah, mich Teilzeit zu beschäftigen. Eine halbe Bilanzbuchhalterin sei nichts wert, hat man mir damals gesagt.

Damals habe ich mich ziemlich allein gelassen gefühlt. Als junge Mutter einen neuen Arbeitgeber zu finden ist fast unmöglich. Im Mutterschutz ist dann die Idee gereift, mich selbständig zu machen. Mein Glück war, dass ich dazu nur einen Computer brauche und den hatte ich schon.

Als meine erste Tochter drei Monate alt war, habe ich im Herbst 2004 angefangen, zu arbeiten. Zufällig habe ich damals gleich ein großes Projekt angeboten bekommen, bei dem ich teilweise auch von Zuhause aus arbeiten kann.

Ich arbeite ungefähr 20 Stunden in der Woche. Oft arbeite ich auch samstags oder sonntags. Dann kümmert sich mein Mann um die Kinder und ich kann für meine Kunden noch einige Rechnungen schreiben oder Löhne abrechnen. Einesteils arbeite ich, weil wir auf mein Einkommen angewiesen sind, andererseits, weil es mir auch Spaß macht. Aber wenn wir es uns leisten könnten, würde ich weniger arbeiten.

Die Kinderbetreuung ist ein schwieriges Thema für uns. Mittlerweile haben wir die vierte Tagesmutter. Weil sie selbst auch Kinder hat, ist es manchmal etwas schwierig. Immer wenn sich bei mir wegen der Arbeit etwas verschiebt, gibt es arge Probleme. Unterstützung bekomme ich auch noch von meiner Schwiegermutter, die nebenan wohnt und von meiner Schwägerin. Sie nimmt die Kinder einen Nachmittag in der Woche.

Was ich mir wünschen würde, wäre eine kostengünstige, gut Unterbringung, in der Platz für meine große und für meine kleine Tochter ist. Aber jetzt sind wir erst mal froh, dass wir ab August einen Kindergartenplatz für unsere große haben. Für Alina brauchen wir dann trotzdem noch eine Tagesmutter.

Familie und Beruf zusammenzubringen haben mein Mann und ich uns nicht so schwierig vorgestellt. Aber ich bereue es nicht, mich selbständig gemacht zu haben. Ich habe mich dadurch auch weiterentwickelt und einiges gelernt: Sich unterkriegen lassen und aufgeben, darf man nie."

Niederländisches Familienmodell

Katja Zaich, ist 37 Jahre, lebt in Amsterdam und ist mit einem Niederländer verheiratet. Ihre Töchter Clara, zweieinhalb und Marie, vier Monate besuchen an drei Tagen die Krippe. In dieser Zeit arbeitet die Übersetzerin auf freiberuflicher Basis.

"Auch vor der Geburt meiner Kinder habe ich hier in Amsterdam schon freiberuflich als Übersetzerin und Sprachtrainerin gearbeitet. Und weil ich auch als Mutter arbeiten wollte, geht unsere große Tochter Clara seit zwei Jahren in die Krippe, Marie erst seit wenigen Wochen. In den Niederlanden muss man sich schon während der Schwangerschaft um einen Krippenplatz kümmern. Mit 10 Wochen kann man die Kinder dann frühestens in die Krippe geben.

Ich habe bei Marie 3 Monate ausgesetzt. Unsere Töchter gehen drei Tage in die Krippe. Zwei Tage bin ich mit den Kindern zuhause. Am Ende dieser "Mamatage" bin ich meistens ziemlich genervt. Clara ist in der Trotzphase und stellt in kürzester Zeit das ganze Haus auf den Kopf.

Ideal wäre es, wenn mein Mann sich noch einen "Papatag" pro Woche nehmen könnte. Dann können wir beide je vier Tage arbeiten und sind jeweils drei Tage bei den Kindern. Ein Papatag ist in den Niederlanden nichts Ungewöhnliches. Viele Eltern organisieren so die Betreuung ihrer Kinder.

Ich arbeite ungefähr 24 Stunden die Woche, größtenteils von zuhause aus. Das geht aber nur, wenn die Kinder nicht da sind oder schlafen. Oft wird Home-Office und Selbstständigkeit als ideale Voraussetzung gesehen, um zuhause mit Kindern zu arbeiten. Ich weiß nicht; wie die Leute das machen. Der Computer übt auf Clara so eine Faszination aus, dass sie sofort bei mir auf dem Schoß sitzt, wenn ich ihn anschalte. Und wenn die Kinder abends im Bett sind, bin auch ich so müde, dass ich nicht mehr konzentriert arbeiten kann.

Trotzdem möchte ich arbeiten. Arbeiten gibt mir eine Befriedigung, die mir die Kinder nicht geben. Ich schaffe etwas und schließe auch etwas ab. Diese Erfahrung habe ich bei meiner täglichen Arbeit als Mutter und Hausfrau nicht, da wiederholt sich alles ständig.

Durch die Kinder kann ich die Vorteile, die ich als Freiberuflerin habe nutzen, muss aber auch auf lukrative Angebote verzichten und eigene Grenzen abstecken. Abendtermine für Sprachtrainings nehme ich beispielsweise nicht mehr an. Mir ist wichtiger, dass wir als Familie gemeinsam zu Abend essen. Außerdem möchte ich, dass die Kinder wenig Stress und Hektik erfahren. Wenn sie abends nach Hause kommen, will ich ihnen Zeit und Aufmerksamkeit widmen können.“

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