Ist eine Kündigung nach der Elternzeit überhaupt erlaubt?

Es ist wirklich ein Jammer: Da feiern sich Politiker für ihre Beiträge für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und viele Unternehmen schmücken sich in Imagebroschüren und Stellenanzeigen mit dem Attribut "familienfreundlich".
Doch in der Praxis stoßen Eltern, die nach der Babypause wieder berufstätig sein sollen, oft auf hohe Hürden - selbst wenn sie ihren Arbeitgeber noch vor der Geburt des Kindes darauf hingewiesen haben, dass Sie nach dem Ende der Elternzeit wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren möchten. Auch die rechtzeitige und schriftliche Anmeldung des Wunsches auf Teilzeit ist keine Garantie, dass es tatsächlich klappt. Denn: Nur Unternehmen mit mehr als 15 Mitarbeitern müssen ihren Angestellten diese Möglichkeit einräumen.
Eine Kündigung während oder im Anschluss an die Elternzeit ist allerdings nicht so einfach möglich. Dazu muss das Unternehmen schon Insolvenz anmelden oder den Betrieb schließen. Möglich ist jedoch eine Kündigung kurz nach dem Ende der Elternzeit. Das kann besonders bitter werden, denn das Bundessozialgericht (BSG) hat im vergangenen Jahr entschieden, dass in einem solchen Fall nicht die Höhe des letzten Gehaltes, sondern die Agentur für Arbeit darüber bestimmt, wie viel Arbeitslosengeld sie bekommen. Und die darf ein ein fiktives Pauschalgehalt ansetzen - auch wenn das für den Arbeitnehmer finanzielle Einbußen bedeutet!

Keine Kündigung nach der Elternzeit, aber ...
Es kommt allerdings vor, dass Chefs auf Zeit spielen: Da die meisten Mütter (und auch manche Väter) zunächst auf einer Teilzeitstelle wieder einsteigen möchten, sperren sie sich einfach gegen die Wünsche der jungen Eltern. Da werden dann Positionen angeboten, die bei weitem nicht den Qualifikationen entsprechen. Oder es wird Müttern und Vätern verlangt, Arbeitszeiten zu akzeptieren, die sich überhaupt nicht mit der Kinderbetreuung vereinbaren lassen. Irgendwann geben die Arbeitnehmer dann auf. Die Folge: die Kündigung nach der Elternzeit - und zwar nicht vom Unternehmen, sondern von der Mutter oder dem Vater selbst!
Daneben haben manche Chefs noch andere Tricks, um eine junge Mutter oder einen jungen Vater aus dem Unternehmen zu vergraulen, auch wenn er keine direkte Kündigung nach der Elternzeit aussprechen kann. Einige Arbeitgeber sind ehrlich genug, ihrem Mitarbeiter zu sagen, dass er eigentlich nicht mehr mit ihm gerechnet und deshalb den Arbeitsplatz anderweitig besetzt hat. In so einem Fall stehen ihre Chancen gut, wenigstens eine Abfindung auszuhandeln.
Vor allem Frauen müssen sich von Vorgesetzten ganz unverblümt fragen lassen, ob nicht vielleicht ein weiteres Kind geplant ist - in der Annahme, nach der zweiten Elternzeit würde die Frau mit Sicherheit nicht mehr berufstätig sein wollen. Oder man bietet ihr einen Arbeitsplatz in einer anderen Stadt, in einer anderen Filiale oder Niederlassung an, die weit entfernt liegt und bei dem sie lange Fahrzeiten in Kauf nehmen müssten
Manche Firmen verweisen daneben auf "betriebsbedingte Gründe", die eine Teilzeitbeschäftigung unmöglich machen würden - tatsächlich billigt das Gesetz ihnen diese Möglichkeit zu. Nur: Was genau sind diese betrieblichen Gründe? So klagt derzeit ein Vater gegen seinen Arbeitgeber auf Schadensersatz, weil die renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, für die er tätig war, ihm nach der Geburt seiner Tochter keine Teilzeit zubilligte. Der Manager nahm daraufhin eine zweijährige unbezahlte Elternzeit, die mit erheblichen finanziellen Einbußen verbunden war.
Das Kalkül erscheint angesichts solcher Schikanen jedoch stets dasselbe: Dahinter steckt die Hoffnung, der Arbeitnehmer werde bald das Handtuch werfen und seine Kündigung einreichen - kein schöner Wiedereinstieg ins Berufsleben nach der Elternzeit. Doch auf der nächsten Seite sagen wir Ihnen, wie Sie sich wehren können!
Wie können Väter und Mütter in der Firma um Ihr Recht kämpfen?
Wie aber können sich Mütter (und Väter) gegen solche unfairen Versuche, sie aus dem Job zur drängen, zur Wehr setzen? Erster Ansprechpartner in einem solchen Fall ist der Betriebsrat - sofern es in dem Unternehmen einen gibt. Die Kollegen dort wissen genau, ob es tatsächlich keine anderen offenen Stellen gibt als die angebotene. Sie haben auch die Übersicht darüber, ob vielleicht von einer Kollegin oder einem Kollege ebenfalls gerade ein Antrag auf Teilzeit läuft und man sich die Stelle teilen könnte. Oder ob eine werdende Mutter demnächst in Elternzeit geht und dadurch ein Arbeitsplatz frei wird.
Gibt es keinen Betriebsrat, sollte man sich mit seinem Anliegen an die Personalabteilung werden. Vorsicht: Hat diese bereits zusammen mit der Geschäftsleitung das unannehmbare Jobangebot unterbreitet, sollte man keine zu großen Hoffnungen hegen. Es besteht aber immer die Möglichkeit, dass sich doch noch eine Vakanz im Betrieb auftut - vielleicht in einem anderen Arbeitsbereich oder in einer anderen Geschäftsstelle. Auf jeden Fall signalisiert die Betroffene auf diese Weise Gesprächsbereitschaft und guten Willen.
Und wenn nur noch der Gang vors Gericht bleibt?
Bleiben die Vorstöße bei Betriebsrat und Personalabteilung ohne Erfolg und erweist sich die Geschäftsleitung als unnachgiebig, bleibt leider oft nur noch der Weg einer Klage.
Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, die Arbeitsrecht einschließt, sollte sich als Erstes mit seinem Versicherungsvertreter oder Sachbearbeiter in Verbindung setzen. Wichtig ist zunächst, eine mögliche Kostenübernahme für ein Beratungsgespräch beim Anwalt zu klären. Da eine Beratung nur verhältnismäßig geringe Kosten verursacht, wird dies in der Regel der Fall sein.
Dann braucht die Frau einen Anwalt für Arbeitsrecht. Von ihm sollte sie sich ausführlich erklären lassen, wie er gedenkt, vorzugehen und wie er die Chancen in dem Fall sieht. Auf keinen Fall sollte man sich drängen lassen, sofort Klage zu erheben: Häufig genügt es schon, wenn der Anwalt ein Schreiben schickt - viele Arbeitgeber sind schnell bereit einzulenken, ehe es zu einem Gerichtsverfahren kommt.
Auch ohne Rechtsschutzversicherung haben Eltern die Möglichkeit, bei Arbeitsstreitigkeiten Hilfe zu suchen. Im Internet gibt es eine Vielzahl an Portalen, etwa die deutsche Anwaltshotline. Wer dort seinen Fall schildert, bekommt per E-Mail ein verbindliches Preisangebot. Sobald dem zugestimmt wird, erhält der "Mandant" eine schriftliche Beratung durch einen Anwalt. Bezahlt wird mit Kreditkarte oder per Lastschrift. Bei Rechtsanwalt.com funktioniert es genau umgekehrt. Der Mandant bestimmt, wie viel er bereit ist, für eine fachliche Auskunft zu bezahlen, die Sie dann in kurzer Zeit bekommen. Diese Auskunft ist rechtsverbindlich.
Kein Geld für den Prozess - gibt es Hilfe?
Vor allem Frauen und alleinerziehende Elternteile haben oft nicht die finanziellen Mittel, auch nur die Beratung durch einen Anwalt zu bezahlen. Doch für sie gibt es die Möglichkeit der Beratungs- oder Prozesskostenhilfe. Die Kostenübernahme beider Hilfen werden beim zuständigen Gericht beantragt - in solchen Fällen also beim Arbeitsgericht. Bevor eine solche Hilfe gewährt wird, wird das Gericht allerdings eine ausführliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die konkreten Unterlagen über die Rechtsstreitigkeit verlangen.
Die Beratungshilfe (früher kostenlose Rechtsberatung) erfolgt dann durch einen Anwalt, den der Arbeitnehmer selbst beauftragt. Teilweise wird sie aber auch durch die Amtsgerichte selbst gewährt - oder das Gericht verweist auf die jeweilige Beratungsstelle.
Kommt es tatsächlich zur Klage, kann der Kläger Prozesskostenhilfe beantragen. Dazu werden jedoch wieder ein Einkommensnachweis und die vorhandenen Unterlagen über den Streitfall verlangt. Außerdem überprüft das Gericht die Erfolgsaussichten. Denn die Hilfe wird nur gewährt, wenn die Klage Aussicht auf Erfolg hat.
Wie geht es nach dem Urteil weiter?
Folgendes sollte man bedenken, bevor man sich auf ein Gerichtsverfahren einlässt: Selbst bei einem Sieg ist es nicht gesagt, dass man seinen alten Job wieder bekommt. Wer seinem Arbeitgeber vor Gericht als Gegner gegenüber stand, muss im Gegenteil damit rechnen, seinen Arbeitsplatz über kurz oder lang zu verlieren. Denn wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zerstört wurde - wie es bei einem Gerichtsstreit fast immer der Fall ist - werden die meisten Richter einer Kündigung zustimmen. Und das gilt auch dann, wenn diese Kündigung kurz nach der Elternzeit erfolgt. Als einziges Trostpflaster bleibt dann die Abfindung.
Welche Erfahrungen haben Sie beim Wiedereinstieg gemacht?
Mussten Sie auch um Ihr gutes Recht auf Ihren alten Arbeitsplatz oder eine vernünftige Teilzeitregelung kämpfen? Wurde Ihnen sogar mit einer Kündigung kurz nach der Elternzeit gedroht? Blieb auch Ihnen am Ende nichts anderes als eine Klage? Oder hat man Sie nach der Elternzeit mit offenen Armen empfangen? Kommentieren Sie diesen Artikel und schildern Sie uns Ihre Erfahrungen!