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Studieren mit Kind Mit Baby an die Uni?

Nur sieben Prozent aller Studenten sind Eltern. Einen Hochschulabschluss erwerben und gleichzeitig ein Kind aufziehen - das ist ein enormer Kraftakt. Denn die Universität ist alles andere als familienfreundlich.

Während des Studiums ein Kind - wer macht denn so was?

123.000 Eltern waren im Sommersemester 2006 an den deutschen Hochschulen eingeschrieben. Drei Viertel der Eltern, also die überwiegende Mehrheit, befindet sich noch im Erststudium, an ostdeutschen Unis gibt es mehr Studenten mit Kind. Auffällig auch, dass diese häufiger aus Familien stammen, in denen sie die ersten sind, die eine Hochschule besuchen. Fast die Hälfte der Kinder ist jünger als drei Jahre. Soweit die Fakten, die eine Sonderauswertung der "18. Sozialerhebung zur Lage der Studierenden in Deutschland" der Deutschen Studentenwerke ergab.

Interessant ist der Blick auf die Geschlechterverteilung: 67.000 der studentischen Eltern sind Frauen und 56.000 Männer. 50 Prozent der studierenden Eltern ist verheiratet, allerdings erzieht jede vierte studierende Mutter ihr Kind allein. Mehr als ein Drittel von ihnen lebt jedoch in einer festen Partnerschaft -mit relativ traditioneller Rollenverteilung: Die Väter treten an der Uni kürzer oder unterbrechen ihr Studium, um Geld zu verdienen, die Mütter legen ihr Studium auf Eis, um sich der Kindererziehung zu widmen. Insgesamt haben 89 Prozent der Studentinnen mit Kind ihr Studium zumindest kurzzeitig unterbrochen.

Wenig erstaunlich ist bei näherer Betrachtung auch, dass in bestimmten Fächergruppen insgesamt gesehen mehr Eltern eingeschrieben sind als in anderen: Viele von ihnen studieren Kunst oder Medizin - Studiengänge, die traditionell eher von Frauen besucht werden. Am seltensten sind Väter oder Mütter in klassischen "Männer-Fächern" wie Bauingenieurwesen anzutreffen. Interessant: Zwar sind Studierende, die ein Lehramt anstreben, besonders häufig bereits Eltern, hier überwiegen aber die Väter.

Haben es studierende Eltern schwerer als ihre Kommilitonen?

Studierende mit Kind benötigen deutlich mehr Semester als Kinderlose

Ja. Wer Studium und Elternschaft unter einen Hut bringen will, muss extrem belastbar sein. Denn beide Lebensbereiche stellen hohe Ansprüche an die Studierenden - beiden gleichermaßen gerecht zu werden, scheint kaum möglich. Zumal die Hochschulen vielfach alles andere als kinder- und familienfreundlich organisiert sind.

Die Konsequenz: Studierende mit Kind benötigen deutlich mehr Semester als diejenigen, die noch keine Familie zu versorgen haben: Im Schnitt sind sie beim Abschluss 30 Jahre alt, kinderlose Studenten dagegen gerade mal 24 Jahre. Viele geben jedoch schon vorher entnervt auf - die Abbrecherquote von studierenden Eltern ist deutlich höher als von kinderlosen Studenten.

Dementsprechend halten nur 60 Prozent der befragten Eltern Studium und Kinder für grundsätzlich miteinander vereinbar. Und sie schätzen auch ihre finanzielle Lage deutlich kritischer ein als ihre kinderlosen Kommilitonen. Kein Wunder, schließlich ist mehr als die Hälfte von ihnen auf Nebenjobs angewiesen - ein zusätzlicher Stressfaktor bei einem ohnehin schon engem Zeitbudget. So lässt sich erklären, dass Studierende, die bereits ein Kind haben, sich im Schnitt fünf Wochenstunden weniger ihren Fächern widmen als Kinderlose. Mit den in den meisten Bundesländern eingeführten Studiengebühren hat sich der finanzielle Druck auf die jungen Eltern noch weiter verschärft.

Auch die Organisation der Universitäten und Fachhochschulen macht studierenden Eltern das Leben schwer: Vor allem die Umstellung auf die kürzeren Bachelor-Studiengänge mit ihren stark verschulten Lehrplänen lässt Studierenden wenig Raum für eine flexible Wochengestaltung. Seminare, die außerhalb der Kita-Öffnungszeiten liegen, Bibliotheken, die teilweise noch immer früh schließen, Dozenten mit wenig Verständnis für die Situation von Eltern und auch eine überfüllte Mensa ohne einen einzigen Kinderhochstuhl machen studierenden Vätern und Müttern das Leben schwer.

Wohin mit dem Kind, wenn Mama zur Vorlesung muss?

Studenten brauchen flexiblere Kita-Öffnungszeiten

Eines der Hauptprobleme ist auch bei Studenten mit Kind die Betreuungsfrage: Schließlich kann man einen zappeligen Zweijährigen nicht von einer für ihn langweiligen Vorlesung in das nächste Seminar schleppen, bei dem selbst seiner Mama die Augen zufallen. Die 58 Studentenwerke stellen derzeit 5.500 Betreuungsplätze zur Verfügung - viel zu wenig. Viele Studenten lassen ihr Kind daher privat betreuen, das jedoch oftmals nur stundenweise. Für die restliche Zeit müssen dann doch wieder die Eltern die Aufsicht übernehmen - ans Lernen ist dabei natürlich nicht zu denken.

Und wie bei allen Eltern schlägt die Kinderbetreuung natürlich auch bei Studenten eine ordentliche Bresche ins Familienbudget: Durchschnittlich 144 Euro geben sie Monat für Monat dafür aus. Zwar wurde im Januar dieses Jahres der so genannte Kinderbetreuungszuschlag zum BAföG eingeführt - 113 Euro pro Monat für das erste Kind und 85 Euro für jedes weitere Kind - doch deckt dieser vielfach nicht die Kosten.

Immerhin haben die Studentenwerke erkannt, dass sie die campusnahe Kinderbetreuung weiter ausbauen und die Öffnungszeiten flexibler gestalten müssen. "Der von der Bundesregierung initiierte Ausbau der Kindertagesbetreuung muss auch Studierenden mit Kind zugute kommen", forderte der Präsident des Deutschen Hochschulwerks, Professor Rolf Dobischat, anlässlich der Vorstellung der Untersuchung. Doch Dobischat betonte, auch die Studentenwerke hätten die Botschaft verstanden: So sollten Angebote wie Kindermenüs in Mensen oder Spielecken kontinuierlich ausgebaucht werden. Auch müsse das Beratungsangebot für studierende Eltern weiter ausgebaut werden.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Sie studieren selber oder haben noch studiert, als das erste Kind unterwegs war? In unserem "Studieren - und ein Baby-Forum?" können Sie sich mit anderen Studierenden über ihre Sorgen und Nöte austauschen.

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