Können wir bestimmen, wer das Sorgerecht für unsere Kinder im Ernstfall bekommt?
Entscheiden können Sie das nicht - aber Sie darauf Einfluss nehmen. Das geht so: Sie als Eltern bestimmen die Person oder Personen, zu denen die Kinder bei Ihrem Tod kommen sollen, zum Vormund. Das muss durch Testament geschehen. Sofern keine schwerwiegenden Gründe gegen diese Person sprechen, hat sich das Vormundschaftsgericht an das Testament zu halten. Sollten Ihre Kinder tatsächlich zu Waisen werden, ist der Vormund für sie verantwortlich. Er entscheidet, wo sie künftig leben werden. Dafür muss er das Gericht nicht mehr fragen.
Der Vormund kann die Kinder also auch zu sich nehmen. Allerdings ist er dazu rechtlich nicht verpflichtet - und zwar selbst dann nicht, wenn das im Testament steht! Deshalb ist es wichtig, von Zeit zu Zeit mit dem Wunschvormund zu klären, ob er noch bereit ist, die Kinder aufzunehmen. So sollten Sie das Thema etwa behutsam ansprechen, wenn sich seine familiäre oder berufliche Situation geändert hat.
Für das Testament gelten die üblichen Regeln: entweder zum Notar gehen oder von vorn bis hinten mit der Hand schreiben und unterschreiben. Ein gemeinsames Testament können nur Eheleute machen, unverheiratete Eltern brauchen zwei Testamente. Wenn diese Regeln nicht beachtet werden, ist das Papier vor Gericht wertlos.
Der Wunschvormund sollte eine Vollmacht für den Fall des Todes der Eltern haben: Dann kann er sofort - noch bevor ihn das Gericht zum Vormund einsetzt - für die Kinder aktiv werden. Die Vollmacht stellt klar, dass sie auch nach dem Tod der Eltern bis zur Bestellung eines Vormundes wirksam ist und dass sie gegenüber Ärzten, Behörden und Schule gilt.
Wer erhält das Sorgerecht für die Waisen, wenn es kein Testament gibt?
Viele Eltern glauben, dass der Taufpate mit der Übernahme dieser religiösen Verpflichtung auch seine Bereitschaft erklärt hat, sich im Fall ihres Todes um die Kinder zu kümmern. Das ist jedoch ein Misstverständnis: Rein rechtlich gesehen haben die Paten keine Funktion. Sie treten beim Tod der Eltern nicht an deren Stelle und können die Kinder weder als Erziehungsberechtigte vertreten, noch einfach zu sich nehmen.
Deshalb gilt: Falls die Eltern nur Paten gewählt, nicht aber auch noch anders vorgesorgt haben, setzt das Vormundschaftsgericht einen Vormund - für Geschwister möglichst einen gemeinsamen - ein, bis die Kinder volljährig sind.
Das Gericht sucht den Vormund mit Hilfe des Jugendamtes aus, vorzugsweise aus der Familie der Kinder oder unter den Freunden der Eltern. Sonst nimmt es meist Profis wie auf Jugendarbeit spezialisierte Vereine oder das Jugendamt. Dieser Vormund ist rechtlich für die Kinder verantwortlich, muss sie aber weder bei sich aufnehmen, noch für ihren Unterhalt aufkommen. Er hat also weniger Pflichten als die Eltern.
Auch bei der Unterbringung der Kinder sind Verwandte und Freunde der Eltern die erste Wahl. Findet sich da niemand, kommt - vor allem bei jüngeren Kindern - eine Pflegefamilie in Frage, die dem gewohnten Umfeld der Kinder entsprechen soll, ansonsten betreute Wohngruppen, Kinderdörfer oder notfalls Heime.
Eine Adoption ist vor allem bei Babys denkbar, wenn sonst niemand für das Kind da ist. Mitunter entschließen sich auch Pflegeeltern zu diesem Schritt.
Wie kann ich verhindern, dass nach meinem Tod mein Ex das Sorgerecht erhält?
Das ist gar nicht so einfach. Auch wer das alleinige Sorgerecht hat, kann diese Frage nicht entscheiden, sondern nur das Gericht. Gute Chancen auf das Sorgerecht hat der Vater, wenn die Eltern - egal ob verheiratet oder nicht - früher das Sorgerecht gemeinsam hatten. Dann wird sein Antrag auf das Sorgerecht nur abgelehnt, wenn handfeste Gründe des Kindeswohls dagegen sprechen.
Hat es dagegen bei unverheirateten Eltern nie ein gemeinsames Sorgerecht gegeben, bekommt der Vater es nach dem Tod der Mutter nur, wenn das nachweislich dem Kindeswohl dient. Da muss schon einige Überzeugungsarbeit leisten, wer sich bislang nie um das Kind gekümmert hat.
Sprechen massive Gründe wie Missbrauch, Schläge oder dauerndes Desinteresse gegen das Sorgerecht des Ex-Partners, müssen diese dem Jugendamt oder Gericht bekannt werden. Dazu solte bereits im Vorfeld eine Vertrauensperson eingeweiht werden, die diese Informationen gegebenenfalls weitergeben kann.
Kann mein Kind als Waise in unserer neuen Patchwork-Familie bleiben?
Es gibt nur einen wirklich sicheren Weg, dem Kind seinen neuen Lebensmittelpunkt in der zu erhalten: die Einigung mit dem anderen (leiblichen) Elternteil. Denn die meisten Richer neigen dazu, diesem das Sorgerecht zu übertragen. Das ist in jedem Fall ein schwer kalkulierbarer Unsicherheitsfaktor.
Eine Ausnahme macht das Gesetz, wenn das Kind schon länger mit einem Elternteil und dessen neuem Ehepartner gelebt hat. Dann kann das Gericht anordnen, dass das Kind in der Patchwork-Familie bleibt, solange sein Wohl durch die Wegnahme gefährdet würde - keine sehr sichere Grundlage für die Zukunftsplanung für das Kind. Und: Für unverheiratete Patchwork-Partner gibt es diese Möglichkeit überhaupt nicht.