Die Situation
"41,96", sagt die Kassiererin zum dritten Mal, auf dem Boden wälzt sich ein brüllendes Kleinkind, die Schlange hinter dem Einkaufswagen wird länger, und immer mehr Kunden verfolgen interessiert, wie der Vater wohl jetzt reagiert. Kauft er die Gummibärchen, schreit er gleich sein Kind an? Stress pur. Und eine Situation, die früher oder später jeder erlebt, der Kinder hat. Und eine, in der man jede der handelnden Personen irgendwie verstehen kann.
Das Kind
"Mann, ist das langweilig hier. Nix anfassen, nicht klettern, nur neben dem doofen Wagen herlaufen. Und Papa hat nur Augen für seine ewig lange Einkaufsliste und sagt nichts. He, Papa, ich will auch einkaufen. Gummibärchen!"
Der Vater
"Okay, ich hätte mich ein bisschen mehr mit Max beschäftigen müssen. Aber soll ich mich deshalb erpressen lassen? Max, bitte hör auf zu schreien! Und warum glotzt ihr da hinten so dämlich? Soll ich meinem Sohn etwa eine scheuern? Den Gefallen tu ich euch bestimmt nicht. Oh neiiiin ... jetzt reißt er auch noch die Verpackung auf. Bitte nicht!"

Die Kassiererin
"Schon das dritte Mal heute. Hätte ich mir bloß die Abendschicht geben lassen. Und garantiert gibt’s gleich Diskussionen wegen der aufgerissenen Ware. Und der Chef kommt dazu."
Die Juristin
"Der Vater muss die aufgerissene Süßigkeit nicht zahlen“, sagt Rechtsanwältin Dr. Jeanette Nolte aus Köln. "Hätte er Max allein durch die Süßwarenabteilung streifen lassen und damit seine Aufsichtspflicht verletzt, wäre das etwas anderes. Aber im Fall klassischer 'Quengelware', die an der Kasse in Augenhöhe und Greifweite von Kindern platziert ist, trifft den Supermarktinhaber auch eine Mitschuld."
Die Psychologin
"Die Gummibärchen bleiben im Laden, auch wenn Max die Tüte schon aufgerissen hat", meint Dr. Ute Koglin von der Uni Bremen. "Und Max' Vater versucht es am besten mit dem Tunnelblick: Kommentare von Umstehenden ignorieren. Auf den Trotzanfall möglichst klar reagieren: 'Nein, Max, jetzt gibt's keine Gummibärchen!‘ Wenn Max sich nicht beruhigt, am besten den Wagen kurz stehen lassen, sich bei den Umstehenden entschuldigen, Max auf den Arm nehmen und nach draußen tragen. So holt man ihn aus der verfahrenen Situation heraus. Das sind fünf bis zehn Minuten Verzögerung, die pädagogisch gut investiert sind."
Stress, lass nach!
Es gibt kein Wundermittel gegen Trotzanfälle im Supermarkt. Und auch keine Garantie dafür, dass man manchmal nicht um des lieben Friedens willen doch weich wird. Eltern sind schließlich auch nur Menschen. Doch das kann den Einkauf leichter machen: