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Zahl der Woche 3 - Jedes dritte Kind wird unehelich geboren

Es ist noch gar nicht so lange her, da galt eine uneheliche Geburt als Schande. Wie die Zeiten sich geändert haben: Jedes dritte Kind kommt mittlerweile außerehelich zur Welt. Und liefert uns so unsere aktuelle "Zahl der Woche".

Unverheiratete Eltern? Heute (fast) normal

Lange wurde es als Makel für Mutter und Kind angesehen, wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet waren. Repressalien in der (meist dörflichen) Gemeinschaft waren die Folge, außerdem waren diese Kinder qua Gesetz denjenigen gegenüber, die in einer Ehe geboren waren, benachteiligt. Erst 1998 wurden mit der Reform des Kindschaftsrechts ehelich und nichtehelich geborene Kinder rechtlich gleichgestellt.

Damals waren es 157.000 Kinder (20 Prozent), die zur Welt kamen, ohne dass die Eltern zuvor geheiratet hatten. Noch einmal fünf Jahre zurück, 1993, waren es gerade mal 15 Prozent beziehungsweise 118.000 Kinder.

Und heute? Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahre 2006 knapp 202.000 Kinder außerehelich geboren - das ist jedes dritte Kind.

Daneben entdeckten die Statistiker interessante Unterschiede: So gibt es im Norden und im Osten deutlich mehr Kinder, deren Eltern zum Zeitpunkt der Geburt nicht miteinander verheiratet waren als im Süden und im Westen. Spitzenreiter bei den außerehelichen Geburten waren 2006 Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt mit je 63 Prozent, das Schlusslicht bilden Baden-Württemberg mit 20 Prozent und Hessen mit 22 Prozent.

Bereits im Jahre 2000 ließ auch das Bundesfamilienministerium so genannte wilde Ehen untersuchen. Ergebnis: Häufig scheint das Zusammenleben ohne Trauschein mit einem höheren Bildungsniveau zusammen zu gehen. Die meisten dieser Paare waren jedoch (noch) kinderlos, wobei es unter den jüngeren Paaren zwischen 18 und 29 Jahren mehr Kinder gab als bei den älteren.

Auch sonst scheinen die ledigen Mütter bei der Geburt ihres ersten Kindes etwas jünger zu sein als die verheirateten: Während eine verheiratete Frau, die ihr erstes Kind im Jahre 2006 bekam, dem Statistischen Bundesamt zufolge im Schnitt 29,8 Jahre alt war, war eine ledige Mutter bei der ersten Geburt 28 Jahre alt.

Worüber die Statistik natürlich nichts aussagt, ist die Zahl der Paare, die sich auch nach der Geburt ihres Kindes noch trauen - weil die noch immer gültigen Pro-Heirat-Argumente wie steuerliche Vorteile überwiegen oder weil sie ihre Beziehung doch noch ganz offiziell machen möchten. Denn auch wenn uneheliche Kinder heute nicht mehr gehänselt und die Eltern nicht mehr schief angesehen werden - das gesellschaftliche Bild der Familie sieht noch immer einen Ehering vor.

Einige Meilensteine auf dem Weg zur Gleichstellung von unehelichen Kindern

Das gemeinsame Sorgerecht ist mittlerweilse problemlos möglich

In der Tat hatte das vor mittlerweile zehn Jahren eingeführte neue Kindschaftsrecht weitreichende Konsequenzen für ledige Eltern - ebenso wie das Anfang des Jahres eingeführte neue Unterhaltsrecht. Einige Beispiele:

Gemeinsames Sorgerecht: Bei unverheirateten Paaren hat automatisch die Mutter das alleinige Sorgerecht. Wollen beide gemeinsam diese Verantwortung übernehmen, ist dies seit In Kraft treten der Reform jedoch problemlos möglich: Sie müssen dazu nur beim Standesamt, dem Jugendamt oder dem Notar erklären, dass sie sich das Sorgerecht teilen wollen. Das ist schon vor der Geburt des Kindes möglich, die Eltern müssen dazu auch nicht zusammen wohnen. Aber: Weigert sich die Mutter, eine solche Erklärung abzugeben, kann der Vater sie nicht alleine durchsetzen (welche Rechte und Pflichten er auch beim alleinigen Sorgerecht der Mutter hat, erfahren Sie hier). Und ohne eine solche Erklärung muss die Mutter im Falle einer Trennung dem gemeinsamen Sorgerecht zustimmen, sonst hat der Vater keine Chance. Übrigens: Heiraten die Eltern später, bekommen sie nachträglich das gemeinsame Sorgerecht für ihre gemeinsamen Kinder - auch für die, die vor der Hochzeit geboren wurden.

Umgangsrecht: Auch beim alleinigen Sorgerecht der Mutter sieht das Kindschaftsrecht ein Umgangsrecht für den Vater vor - im Prinzip sogar eine Umgangspflicht. Selbst wenn das Kind sich weigert, so hat der Kindsvater doch ein Recht, über wichtige Ereignisse im Leben des Kindes informiert zu werden.

Adoptionsrecht: Eine Horrorvorstellung: Die Mutter heiratet ihren neuen Lebensgefährten, der das Kind adoptiert - und weil der Vater nicht das Sorgerecht hat, kann er nichts dagegen tun! Seit 1998 ist das so nicht mehr möglich.

Im Todesfall: Waren die Eltern nicht miteinander verheiratet und hatten auch kein gemeinsames Sorgerecht, bekommt nach dem Tod der Mutter seit 1998 der Vater das Sorgerecht - solange es dem Kindswohl dient.

Unterhalt: Noch jünger ist die Beseitigung der Unterschiede zwischen ledigen und ehelichen Kindern in Sachen Betreuungsunterhalt der Eltern. Seit dem 01.01. 2008 haben beide in der Regel bis zum dritten Geburtstag des Kindes einen Anspruch - zuvor galt der nach einer Scheidung deutlich länger. Außerdem haben nun grundsätzlich die Kinder als erste einen Unterhaltsanspruch - und danach alle Elternteile, die minderjährige Kinder betreuen. Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob sie verheiratet sind oder nicht. Für die Höhe des Unterhalts war es schon vorher nicht relevant, ob die Kinder ehelich geboren wurden oder nicht.

Übrigens: Jüngere familienpolitische Maßnahmen, wie etwa das Elterngeld, haben von Anfang an keinen Unterschied zwischen ledigen und verheirateten Eltern gemacht.

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