Die größten Kritikpunkte der OECD-Experten:

Ob Tagesmutter oder Kita - die OECD fordert von Deutschland, den Ausbau der verschiedenen Betreuungsformen schnell voranzutreiben, um den Frauen hierzulande eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Denn im internationalen Vergleich sind in Deutschland immer noch relativ wenige Frauen berufstätig - und wenn, dann oft nur in schlecht bezahlten Mini-Jobs. In diesem Zusammenhang konnten es sich die Wirtschaftsexperten übrigens auch nicht verpassen, dem Ehegattensplitting einen Seitenhieb zu verpassen. Das verführt ihrer Ansicht nach nämlich ebenfalls viele Familien dazu, auf das klassische Ernährermodell zu setzen, bei dem die Frau allerhöchstens Teilzeit arbeitet.

Bloß kein Betreuungsgeld!
Auch wenn die OECD vorsichtig formuliert und deutschen Politikern rät, das geplante Betreuungsgeld noch einmal zu "überdenken" - die Stoßrichtung ist klar: Die Fachleute lehnen es ab, Eltern für die Betreuung ihrer Kinder zuhause finanziell zu entlohnen, anstatt das Geld in den Ausbau von Betreuungseinrichtungen zu stecken. Sie gehen sogar noch weiter und fordern genauere Untersuchungen über die Motivation von Eltern, ihre Kinder NICHT im Kindergarten anzumelden.

Kinder früher und besser fördern!
Bildung beginnt nicht erst in der Schule, sondern bereits in Krippe, Kita und Kindergarten. Davon, so glauben die Experten, profitieren vor allem Kinder aus sozial schwachen Familien. Denn in kaum einem Land hängt der spätere Erfolg so sehr von der Herkunft ab wie in Deutschland. Sprich: Kinder aus armen Verhältnissen oder mit Migrationshintergrund sind von Anfang an benachteiligt. Deshalb plädiert die OECD für einen frühzeitigen Besuch von Betreuungseinrichtungen sowie, falls nötig, für intensive Sprachförderung. Den positiven Einfluss von Kita und Co. auf die Kleinen belegen übrigens auch andere Untersuchungen.

Erzieherinnen stärker qualifizieren!
In vielen anderen OECD-Ländern ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium die Voraussetzung, um mit kleinen Kindern zu arbeiten. In Deutschland ist der Beruf der Erzieherin dagegen nur mit geringem Prestige, niedrigem Verdienst, wenigen Aufstiegschancen, dafür aber viel Stress durch zu große Gruppen verbunden. Das soll sich nach dem Willen der OECD ändern. Außerdem fordern die Experten eine spezielle Ausbildung für die Betreuung von Kleinkindern unter drei Jahren. Welche verschiedenen Kindergartentypen es gibt, erfahren Sie übrigens hier.

Bessere Kindergärten - und zwar ganztags!
Eine weitere Forderung der OECD würde gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: In einem Ganztagskindergarten würden Kinder mit geringerem Bildungshintergrund länger und besser gefördert. Außerdem könnten die Mütter der dort betreuten Kinder wieder voll in ihren Job einsteigen. Natürlich betonen die Experten, dass beim Ausbau die Qualität im Vordergrund stehen müsste. Doch ob die deutschen Eltern eine Ganztagseinrichtung für so kleine Kinder annehmen würden? Offenbar scheint es bei der Akzeptanz solcher Angebote große regionale Unterschiede zu geben.

Schluss mit dem dreigliedrigen Schulsystem!
Auch wenn Deutschland bei der jüngsten PISA-Studie besser abgeschnitten hat: Die Experten werden nicht müde, die Abschaffung der frühen Aufteilung von Kindern auf Haupt- und Realschule beziehungsweise Gymnasium schon nach der vierten Klasse zu fordern. Erneut empfehlen sie den Blick zum PISA-Musterschüler Finnland, in dem die Schüler wesentlich länger gemeinsam lernen und dabei hervorragende Ergebnisse erzielen. Alles, was Sie als Eltern schulpflichtiger Kinder wissen müssen, erfahren Sie übrigens in unserer Rubrik "Schulkind".

Lernschwache Schüler nicht allein lassen!
Für die Wissenschaftler ist es ein weiteres Manko der frühen Aufteilung der Kinder auf drei verschiedene Schulformen: Lernschwache Schüler werden nicht, wie etwa in den skandinavischen Ländern, so intensiv gefördert, dass sie den Anschluss schaffen, sondern fallen oft durchs Raster. Wenn überhaupt, versuchen die Eltern mit Nachhilfe gegenzusteuern. In ausländischen oder armen Familien geschieht das jedoch oft nicht. Die Folge: Die von der OECD kritisierte Benachteiligung durch Herkunft vertieft sich weiter.
Foto: Corbis

Neue Lehrer braucht das Land!
Lobend erwähnen die OECD-Fachleute die von der Kultusministerkonferenz 2004 eingeführten Bildungsstandards, die zentralen Abschlussprüfungen, die es mittlerweile in fast jedem Bundeslang gibt, und die zunehmende Rechenschaftspflicht von Schulen und Lehrern über den Lernerfolg ihrer Schützlinge. Doch gerade auch im Hinblick auf die mangelhafte Förderung schwächerer Schüler fordern sie, auch die Lehrerausbildung weiter zu verbessern. Zudem sollten die Schulen freier in der Auswahl ihres Kollegiums sein. Die Lehrer selbst sollten im Gegenzug stärker nach Leistung bezahlt werden. Wie Sie als Eltern die Schule Ihrer Kinder schon jetzt mitgestalten können, lesen Sie hier.
Foto: Corbis

Mehr junge Menschen an die Uni!
Ein weiteres Feld, auf dem Deutschland im OECD-Vergleich hinterher hinkt, sind die Studentenzahlen: Nur 22 Prozent der 25- bis 34-Jährigen haben in Deutschland einen Hochschulabschluss, im OECD-Schnitt sind es 32 Prozent. Die Experten erwarten zwar, dass die Zahlen durch die Einführung der kürzeren Bachelor-Studiengänge in den kommenden Jahren steigen werden. Angesichts der anhaltenden Diskussion um "G8", das ja auch die Schüler auch schneller ins Berufsleben beziehungsweise an die Hochschule bringen sollte, darf bezweifelt werden, ob solche Ideen bei den hiesigen Eltern hier auf große Gegenliebe stoßen. Außerdem plädieren die Wissenschaftler unter anderem auch für die weitere Einführung von Studiengebühren, um die Unis finanziell besser auszustatten - auch die sind in Deutschland stark umstritten.