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Bildungspolitik Was hat der Bildungsgipfel gebracht?

Die "Bildungsrepublik" Deutschland hatte die Kanzlerin ausgerufen und Vertreter von Bund und Ländern zum Bildungsgipfel nach Dresden geladen. Das Ergebnis fiel jedoch mager aus: vage Absichtserklärungen inklusive Gezänk ums liebe Geld. Die Einzelheiten.

Bildungsgipfel zwischen Bund und Ländern: Vage Ankündigungen

Nach dem wochenlangen Ringen um Kompetenzen und Finanzen haben sich Bund und Länder am Mittwoch auf dem Bildungsgipfel von Bund und Ländern in Dresden auf eine Reihe von gemeinsamen Reformvorhaben für das deutsche Bildungssystem geeinigt. Hier die wichtigsten Ergebnisse des Gipfels:

Mehr Geld für Bildung und Forschung

Bund und Länder wollen die Ausgaben für Bildung und Forschung mittelfristig massiv aufstocken. Man habe sich auf das gemeinsame Ziel verständigt, dafür bis 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auszugeben, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch nach dem Bildungsgipfel von Bund und Ländern in Dresden. Davon entfielen drei Prozent auf die Forschung und sieben Prozent auf Bildung.

Bislang liegt der Anteil der Bildungsausgaben am BIP bei 6,2 Prozent. Merkel bezeichnete die verabredete Steigerung als "Riesenschritt" in Richtung Bildungsrepublik. Um diesen Punkt sei "sehr gerungen" worden. Zur Frage, wie dies umgesetzt und finanziert werden könne, solle eine "Strategiegruppe" in einem Jahr Vorschläge unterbreiten, fügte Merkel hinzu. Hier gebe es noch Dissens mit den Ländern, die "etwas höhere Erwartungen an den Bund haben". Weder der Bund noch die Länder kämen aber aus der Verpflichtung wieder heraus, "zehn Prozent bis 2015 zu erreichen." So verpflichten sich beispielsweise die Länder, das Geld, das aus dem Rückgang der Schülerzahlen frei wird, "insbesondere" für die Bildung zu nutzen.

Kleinkinder: Förderung und Sprachtests

Die Förderung von Kleinkindern wird gestärkt. Bereits vereinbart ist bekanntlich, dass Bund, Länder und Kommunen bis 2013 schrittweise eine Betreuung für 35 Prozent der Unter-Dreijährigen aufbauen.

Diesen Ausbau finanzieren die drei Seiten bis 2013 mit rund zwölf Milliarden Euro. Ab 2014 wird der Bund den Ländern jährlich mindestens 770 Milliarden Euro als Zuschuss zu den Betriebskosten geben. Außerdem schaffen die Länder bis 2010 die Voraussetzungen für verbindliche Sprachtests vor der Einschulung. Ziel ist, dass jedes Kind zu Beginn der Grundschule Deutsch spricht und versteht. Die Sprachförderung für Kinder aus Migrantenfamilien soll verbessert werden.

Schule: Mehr Hilfe bei Lernproblemen

Bund und Länder wollen die Zahl der Schulabbrecher bis 2015 im Bundesdurchschnitt von derzeit acht Prozent auf vier Prozent halbieren. Dabei soll unter anderem eine verstärkte individuelle Förderung von Schülern mit Lernproblemen helfen. "Kompetenzprofile" von einzelnen Schülern sollen etwa zeigen, wer zusätzliche Hilfe braucht, um den Abschluss zu schaffen.

Ausbildung: Abbrecherquote halbieren

Auch die Zahl der Ausbildungsabbrecher soll im bundesweiten Durchschnitt von derzeit 17 Prozent auf 8,5 Prozent sinken. Dazu soll unter anderem die Berufsorientierung an Schulen ausgebaut werden.

Hochschule: Mehr Studienplätze schaffen

Der Ausbau der Hochschulen geht weiter. Bei dem sogenannten Hochschulpakt verpflichteten sich Bund und Länder, bis 2010 insgesamt 91.000 zusätzliche Studienplätze zu schaffen. Dieser Pakt wird nun bis 2020 verlängert. Es sollen 275.000 zusätzliche Plätze an Hochschulen entstehen. Außerdem wird der Hochschulzugang für qualifizierte Absolventen einer Lehre leichter. Meister, Techniker, Fachwirte und ähnlich Qualifizierte sollen die Möglichkeit bekommen, künftig auch ohne Abitur uneingeschränkt ein Studium zu beginnen. Die Länder müssen dafür bis 2010 vergleichbare Möglichkeiten einführen.

Fachkräftemangel vorbeugen: Lust auf Mathematik & Co. wecken

Das Interesse an Naturwissenschaften soll gefördert werden

Fachkräftemangel vorbeugen: Lust auf Mathematik & Co. wecken

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, soll das Interesse an Fächern wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft oder Technik möglichst früh gestärkt werden. Dazu sollen entsprechende Projekte, beispielsweise das "Haus der kleinen Forscher" intensiver unterstützt werden.

Bund und Länder streiten weiter über die Finanzierung

Merkels \

Ob all diese Ziele umgesetzt werden, erscheint bislang eher fraglich. Denn der Bildungsgipfel wurde von einem heftigen Finanzstreit zwischen Bund und Ländern überschattet. So betonte etwa Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), es gebe noch zahlreiche Uneinigkeiten zwischen Bund und Ländern. Wowereit betonte, für das Zehn-Prozent-Ziel seien Milliardenbeträge nötig. Bei der Frage der gemeinsamen Finanzierung sei "die Bundesseite doch sehr zurückhaltend" gewesen, kritisierte er. Zwischen den Parteien gebe es "erhebliche Unterschiede in der Bildungspolitik". Daran habe auch der Bildungsgipfel nichts geändert.

Wowereit pochte erneut auf die Forderungen der SPD-geführten Länder - unter anderem nach einer Abschaffung der Studiengebühren, nach einem kostenlosen Mittagessen für Kinder aus "Hartz IV"-Familien und dem Einsatz von Sozialarbeitern an Schulen. In diesen Fragen habe es keine Einigung auf einen gemeinsamen Kurs gegeben. Wenn dies jedoch jedes Land in seiner Kompetenz entscheide, "dann brauchen wir den Gipfel nicht", sagte der SPD-Politiker. Wowereit hatte bereits am Dienstag erheblichen Widerstand der SPD-regierten Länder angekündigt, falls ihre Forderungen nicht berücksichtigt würden.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagte, die Diskussion sei mit dem Gipfel nicht abgeschlossen. Die Arbeitsgruppe von Bund und Ländern habe einen "komplizierten Prozess" vor sich. Auch Wowereit sagte, es sei möglich, dass sich Bund und Länder über die offenen Punkte zerstritten. "Das Risiko ist da", betonte er.

Oppositionsparteien und Bildungsverbände reagierten enttäuscht auf die Ergebnisse des Gipfels. Es fehlten klare Zusagen, feste Termine und verbindliche Budgets. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Ulrich Thöne, rügte: "Merkels 'Bildungsrepublik Deutschland' ist tot."

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