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Famiilienpolitik "Das Familiensplitting wäre eine Verschlimmbesserung"

Ein Mann und eine schwangere Frau sitzen auf dem Sofa vor dem Laptop.
© Prostock-studio / Shutterstock
Die familienpolitischen Ziele der FDP? Das ist doch die Partei für Kleinunternehmer, und nicht für das Kleinunternehmen Familie - oder? Dabei hat die FDP einige Konzepte, die für Eltern durchaus spannend sind. Und die stellte jetzt die familienpolitische Sprecherin der Partei, Ina Lenke, im Redaktionsgespräch vor.

Ina Lenke (FDP) zu Gast in der ELTERN-Redaktion

Die FDP ist die Partei der Besserverdienenden - so will es zumindest das Klischee. Ina Lenke, frauen- und familienpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, widerspricht dem bei ihrem Besuch in der ELTERN-Redaktion jedoch vehement: "Wir wollen uns für die Leute einsetzen, mit denen es das Leben nicht so gut gemeint hat." Deshalb geht es in ihren Erläuterungen zu den familienpolitischen Zielen der Liberalen auch weniger um das gut verdienende Akademikerpaar, sondern viel häufiger um die alleinerziehende Verkäuferin, die irgendwie Erziehung und Beruf unter einen Hut bringen muss.

Wie alle Familienpolitikerinnen, die bisher bei ELTERN zu Gast waren, so erweist sich auch die 61-Jährige als Pragmatikerin, der es nicht um eine bestimmte Ideologie geht. Ihr Credo lautet vielmehr: "Alle bisherigen Gesetze und Leistungen gehören auf den Prüfstand, ob sie überhaupt noch bei den Familien ankommen - das gilt angesichts der Vielfalt der Lebensmodelle heute umso mehr!"

Wie sich die FDP dagegen eine moderne Frauen- und Familienpolitik vorstellt, skizzierte die verheiratete Mutter eines Sohnes und dreifache Großmutter anhand einiger wichtiger Themenfelder. Zum Nachlesen klicken Sie einfach auf die jeweilige Überschrift:

Im Gespräch mit Chefredakteurin Marie-Luise Lewicki (l.): Ina Lenke von der FDP

Nachbesserungen beim Elterngeld

Zwei Jahre nach Einführung des Elterngeldes sieht die FDP noch in vielen Bereichen Nachbesserungsbedarf. Beispiele:

  • Eltern, die parallel Elternzeit nehmen, bekommen das Elterngeld nur sieben Monate lang ausgezahlt. Daran will die FDP etwas ändern. "Es ist wichtig, dass in dieser Legislaturperiode noch ein neues Gesetz kommt", so Lenke.
  • Auch benachteilige das Gesetz bis dato alleinerziehende Selbstständige. Denn arbeiten diese mehr als 30 Stunden in der Woche, gibt es keinen Anspruch auf Elterngeld. Auch hier will die FDP nachbessern.

Ehegattensplitting beibehalten?

Die generelle Reform des Steuerrechts ist eines der erklärten Ziele der FDP. Auch Lenke, selbst gelernte Steuerfachangestellte, ist überzeugt: "Steuerklassen passen überhaupt nicht mehr in diese Gesellschaft!" Die Liberalen plädieren stattdessen für ein dreistufiges System: Bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen bis zu 20.000 Euro würde dabei ein Steuersatz von 10 Prozent, gelten, bei einem Einkommen bis zu 50.000 Euro wären es 25 und ab 50.000 Euro dann 35 Prozent. Jeder Bürger - auch die Kinder - würde zudem einen Grundfreibetrag von 8.000 Euro erhalten. Eine vierköpfige Familie etwa bliebe bei diesem Modell bis zu einem Einkommen von 40.700 Euro steuerfrei.

Ganz so radikal wird aber auch die FDP selbst im Falle einer Regierungsbeteiligung nach der Wahl 2009 das deutsche Steuersystem nicht umkrempeln. Schließlich sei beispielsweise das Ehegattensplitting verfassungsrechtlich geschützt. "Ich persönlich plädiere jedoch für eine Individualbesteuerung - auch wenn ich damit nicht auf der Linie meiner Partei bin", sagt Ina Lenke. Denn das Ehegattensplitting wirke sich nicht nur negativ für Familien mit Kindern aus, sondern auch auf die Erwerbstätigkeit von Frauen. Auch beim Elterngeld bringe die berüchtigte Steuerklasse V Nachteile für die Frauen mit sich: "Bei einer Verkäuferin mit einem Bruttogehalt von 2.000 Euro bringt Steuerklasse V beim Elterngeld ein Minus von 350 Euro mit sich", rechnet die Expertin vor. "Das ist ganz schön viel Geld." Dabei könnte hier schnell Abhilfe geschaffen werden: So gibt es in der FDP Überlegungen, zur Berechnung des Elterngeldes nicht mehr das Netto-, sondern das Bruttogehalt heranzuziehen.

Doch auch das immer wieder ins Spiel gebrachte Familiensplitting kommt bei der FDP-Politikerin nicht gut weg: "Das ist höchstens eine Verschlimmbesserung des bisherigen Splittings."

Private Betreuungseinrichtungen unterstützen

Sollten private Krippen und Kindergärten staatliche Unterstützung erhalten? Ja, sagt die FDP. Und Ina Lenke betont: "Damit geht es uns gerade nicht nur um die Sache der Reichen." Denn: Private Einrichtungen werde es so oder so geben. Nur: Derzeit könnten sich dort nur wohlhabende Eltern einen Platz leisten. "Die FDP will gerade nicht, dass es Kindergärten für Arme und Kindergärten für Reiche gibt." Mit der Unterstützung der privaten Einrichtungen würden sich gerade für Eltern, die am Wochenende oder noch spät in den Abend hinein arbeiten müssten, neue Perspektiven ergeben.

Wettbewerb fördern durch Kita-Gutscheine

Ein wichtiger Baustein der FDP-Familienpolitik ist das Modell Kita-Gutschein. Damit werde den Eltern ein Mittel in die Hand gegeben, Betreuungsqualität zu belohnen. Das Modell kurz skizziert: Eltern erhalten Kita-Gutscheine, die sie dann in der Einrichtung, die sie für gut befinden, einlösen. Damit gebe es keine Förderung nach dem Gießkannen-Prinzip, sondern nach dem Qualitäts-Prinzip. In Hamburg wird dieses Modell bereits seit 2003 praktiziert. Und wenn die Einrichtungen das meiste Geld bekämen, bei denen die meisten Kinder angemeldet seien, wäre das auch betriebswirtschaftlich sinnvoll. "Soziale Einrichtungen kann man nicht nur mit sozialem Herzen betreiben, man muss auch aufs Geld achten!", entfährt Lenke endlich mal ein typischer FDP-Satz. Generell, betont Lenke, gebe es in Deutschland noch einen großen Nachholbedarf bei der frühkindlichen Bildung. Deswegen sei es auch so wichtig, Qualität zu fördern.

Wahlfreiheit der Lebensmodelle

Man mag von den familienpolitischen Zielen der FDP bislang wenig gelesen haben - im Redaktionsgespräch skizziert Ina Lenke eine Vision: "Frauen wollen heute eine echte Wahlfreiheit haben, wie ihr Lebensmodell aussehen soll." Dazu müssten jedoch die entsprechenden Strukturen geschaffen werden. Es könne nicht sein, dass ein noch dem traditionellen Familienbild verhaftetes Steuersystem oder ein Mangel an Betreuungsplätzen Müttern die Berufstätigkeit erschwerten. Andererseits müsste eine Frau sich auch frei entscheiden können, zu Hause bei ihren Kindern zu bleiben - allerdings in dem Bewusstsein, dass die Familie dann einen Verdienstausfall hinnehme, den der Staat nicht kompensieren könne. So viel also von der FDP zum Thema "Betreuungsgeld".
Bislang könnten die meisten Eltern von einer solchen Wahlfreiheit nur träumen - auch, weil die Politik nicht ganzheitlich agiere. So werde zwar mit dem Ehegattensplitting weiterhin die Hausfrauen-Ehe unterstützt, das neue Unterhaltsrecht jedoch bringe für nicht berufstätige Frauen gravierende Nachteile mit sich.

Hart ins Gericht geht die Liberale auch mit der Neigung vieler Familienpolitiker, voller Bewunderung in europäische Nachbarländer wie Frankreich oder Skandinavien zu gucken. "Die sollten mal hinfahren", findet Ina Lenke, deren Sohn in Schweden arbeitet. "Dort verlässt tatsächlich schon mal ein Manager eine wichtige Sitzung, weil er seinem Sohn versprochen hat, ihn von der Schule abzuholen. Aber eine wirkliche Wahlfreiheit haben Familien dort auch nicht. Die Frauen müssen vielmehr Vollzeit arbeiten, weil das Leben dort so teuer ist."

Der Konflikt um die Spätabtreibungen

Eine Herzensangelegenheit ist Ina Lenke daneben das umstrittene Gesetz zur Regelung der Spätabtreibungen. Dabei setzt sie sich dafür ein, dass Frauen, die erst nach der 20. Schwangerschaftswoche erfahren, dass ihr Kind schwer behindert oder nicht lebensfähig sein wird, eine Bedenkzeit von mindestens drei Tagen eingeräumt werden soll. Außerdem sollen sie ein Recht auf eine psychosoziale Beratung erhalten, bevor sie ihre Entscheidung treffen. Gleichzeit findet Lenke aber auch, dass werdende Mütter ein "Recht auf Nichtwissen" haben sollten: Es dürfe keine Verpflichtung geben, jede in der modernen Pränataldiagnostik mögliche Untersuchung des Ungeborenen auch tatsächlich vorzunehmen.

Die familienpolitischen Positionen der SPD

Als Teil der Großen Koalition hat die SPD die derzeitige Familienpolitik aktiv mitgestaltet. Welche familienpolitischen Ziele die Partei noch hat, erläuterte Bärbel Dieckmann, Bonner Oberbürgermeisterin sowie Mitglied SPD-Präsidium und im Forum Familie, im Redaktionsgespräch. Natürlich konnten auch die Foren-User wieder vorab Fragen stellen. Hier geht es zu den Antworten von Bärbel Dieckmann.

Die familienpolitischen Positionen der Linken

Was für eine Familienpolitik der Linke vorschwebt, verriet Diana Golze, kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, bei ihrem Besuch in der ELTERN-Redaktion. Gleichzeitig beantwortete sie auch Fragen der Eltern.de-User, die diese zuvor im Forum gestellt hatten. Hier können Sie die Antworten von Diana Golze nachlesen.

Die familienpolitischen Positionen der Grünen

Was für eine Familienpolitik den Grünen vorschwebt, verriet Ekin Deligöz, familienpolitische Sprecherin der Bundestags-Fraktion der Grünen, bei ihrem Besuch in der ELTERN-Redaktion. Gleichzeitig beantwortete sie auch Fragen der Eltern.de-User, die diese zuvor im Forum gestellt hatten. Hier können Sie die Antworten von Ekin Deligöz nachlesen.

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