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Gewalt an Kindern Wer schützt Kinder vor ihren Eltern?

2 Jungen sitzen auf Stein und umarmen sich
© Irina Wilhauk / Shutterstock
Laut einer Studie des Kinderhilfswerks UNICEF sterben in Deutschland pro Woche mindestens zwei Kinder an den Folgen von Misshandlungen und Vernachlässigung. Die jüngst bekannt gewordenen Fälle von Kindesmisshandlungen lösten die Diskussion aus, wie solche Fälle verhindert werden können und wer diese Kinder vor ihren Eltern schützt.

Frühwarnsystem

Das Familienministerium will jetzt 10 Millionen Euro in ein Frühwarnsystem investieren, um vernachlässigte und misshandelte Kinder zu finden und ihnen zu helfen. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen reagierte damit auf den Tod des zweijährigen Jungen aus Bremen: "Im Fall Kevin hat das Zusammenspiel der staatlichen Hilfen sträflich versagt. Das können wir nicht länger hinnehmen. Wir haben die staatlichen Institutionen, die Kindern wie Kevin helfen können - aber die Vernetzung und Kommunikation der Behörden muss viel besser werden. Und auch die einzelnen Verantwortlichen vor Ort müssen ihre Verantwortung wahrnehmen".

In Modellprojekten sollen die Familien, die mit der Erziehung ihres Kindes überfordert sind, vor oder ab der Geburt des Kindes intensiv begleitet werden. "Die Ärzte und Hebammen sind die ersten, die Kontakt zu allen Eltern haben, sie können am besten einschätzen, wer Hilfe braucht und so eine Kette an Unterstützung auslösen", sagte von der Leyen.

Pflichtuntersuchungen

Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hingegen plante Vorsorgeuntersuchungen von Kindern nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend zu machen. Auch andere Bundesländer wie Hessen und das Saarland wollen regelmäßige Pflichtuntersuchungen einführen.

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, sieht die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Katrin Sonnenholzer, darin einen untauglichen Versuch, mit dem man nicht garantieren könne, dass Eltern immer den gleichen Arzt aufsuchten. Außerdem könne es Eltern abschrecken, wenn Ärzte von einer Hilfs- in eine Kontrollfunktion gedrängt werden.

8 000 Kinder sind bedroht

Der Bielefelder Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann sagte im Interview mit der Zeit, dass in Deutschland ein Prozent aller Eltern "sozial aus dem Ruder gelaufen, alkoholkrank, drogenabhängig, psychisch defizitär" seinen. Bei 800 000 Kindern pro Geburtsjahrgang wären somit 8 000 Kinder von Verwahrlosung und Vernachlässigung bedroht. Hinzu kämen 15 Prozent Eltern mit massiven Erziehungsproblemen, die "infolge materieller Armut sehr schlecht zurechtkommen."

Verwahrlosung als Folge der wachsenden Armut

Auch der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, wies hierbei auf den Zusammenhang zwischen Armut und Verwahrlosung hin: "99 Prozent der Verwahrlosungsfälle werden in armen Familien registriert."
Schuld an der Armut sein laut Hilgers die steigende Zahl von Langzeitarbeitslosen, die Hartz-IV-Gesetze und deren Folgen wie die Trennung von Jugend- und Sozialhilfe. Von den sechs Millionen Leidtragenden seien 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche, die auf Sozialhilfeniveau leben. Die Zahl der armen Kinder habe sich damit in den letzten zwei Jahren mehr als verdoppelt.

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