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Fussball Die Mädchen kommen!

Mädchenfußballmannschaft
© Thinkstock - moodboard
Hast Du auch einen kleinen Philipp Lahm oder Prinz Poldi daheim, der nichts anderes als Kicken im Kopf hat? Kein Wunder, denn in uns allen steckt so was wie ein Fußball-Gen - Mädchen eingeschlossen! Wie Du Deine Tochter fördern kannst, wenn sie gerne Fußball spielt.

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Ran an den Ball

Aus dem Trikot ihres Fußballidols sind sie gar nicht mehr raus zu bekommen und jede Wiese, ob im Kindergarten oder im Freibad wird umgehend zum Bolzplatz - kaum können sie laufen, sind Jungs süchtig nach dem Spiel mit dem runden Leder. Die meisten Mädchen hingegen scheinen gegen das Fußball-Phänomen immun zu sein. Oder?
Weit gefehlt, sagt Melitta Walter, Expertin für geschlechtergerechte Pädagogik: "Kicken wollen erstmal alle, egal ob Junge oder Mädchen. Stell Dir vor, auf dem Gehweg lägen lauter Dosen. Würdest Du nicht auch der Versuchung erliegen, mal so richtig dagegen zu treten? Das Kicken ist so was wie ein Reflex, der erst später in Fußballkanäle verschoben wird." Das bestätigen auch die Erfahrungen von Michael Schuppke, Leiter der Münchner Fussballschule: "Wenn die Mütter ihre Kinder zum Training bringen, sind oft die kleinen Geschwisterchen dabei. Und egal, ob Jungs oder Mädels - im Alter von drei oder vier Jahren nehmen sie automatisch den nächsten Ball und fangen an, damit rumzuschießen."
Trotzdem sind in Michael Schuppkes Fußball-Kindergarten von zwölf kleinen Spielern höchstens zwei Mädchen. In den Feriencamps der Fußballschule ist das Verhältnis sogar zwei zu 50. Warum? Hier vier der häufigsten Gründe - klicken Sie einfach auf den jeweiligen Link:

Fußball für alle - wann ist es endlich soweit?

Aber es gibt immerhin gute Vorsätze, wie Melitta Walter optimistisch in ihrem Buch "Jungen sind anders, Mädchen auch" anmerkt. So hat der Deutsche Sportbund bereits im März 2003 entschieden, die gezielte Frauenförderung zur Handlungsleitlinie seiner Arbeit zu machen. Wenn sich auch noch Eltern, Kindergartenerzieherinnen, Lehrer und Medienmacher von dieser Prämisse leiten ließen, gäbe es vielleicht in absehbarer Zukunft wieder gemischte Teams, hofft die Autorin. "Nicht nur im Fußball, sondern auf allen Spielfeldern des Lebens."
Ermutige Deine kickende Tochter, am Ball zu bleiben!

Schmutzige Kleidchen

Jungs werden für dreckige Klamotten gelobt, Mädchen eher getadelt

Ein Grund dafür liegt laut Melitta Walter in einer geschlechtsspezifischen Sozialisation, zum Beispiel durch die Reaktionen der Umwelt. Holen sich die kleinen Kerle blutige Knie beim Versuch, Schweini nachzueifern, werden sie für ihren Einsatz gelobt und angefeuert.
Schmeißt sich ein Mädchen in der Manier von Olli Kahn in den Rasen, heißt es leider auch heute noch: "Pass auf, du machst dir die Hose schmutzig!" Und trotz diverser internationaler Titel der Deutschen Fußballerinnen fallen noch Sätze wie "Wenn nur Frauen spielen, ist das doch kein richtiger Fußball!", bedauert Melitta Walter in ihrem Buch.

Idol verzweifelt gesucht

Jungs schauen stärker zu ihren älteren Geschlechtsgenossen auf

Eine weitere Hürde für weibliche Kicker ist das unterschiedliche Sozialverhalten von Jungs und Mädchen, erklärt die Pädagogin: "Während Mädchen meistens mit zwei Freundinnen in Dreierkonstellationen spielen, suchen sich Jungs eine große Bande mit fester Hierarchie." Letzteres kommt einer Fußballmannschaft eindeutig näher als ein Dreier-Team. Dazu kommt, dass Jungs mehr als Mädchen zu ihren älteren Geschlechtsgenossen aufschauen.
Die sind schneller, stärker und deshalb toller. In Michael Schuppkes Fußball-Kindergarten etwa wollen die Zwerge alle so werden wie "Michi", weil der den Ball 50 Meter hoch schießen kann. Die Großen wiederum nehmen die Kleinen gerne unter ihre Fittiche. "Das männliche Geschlecht ist da meist toleranter, nach dem Motto, komm, wir zeigen dir, wie man ein Mann wird", so Melitta Walter. "Mädchen machen das nicht. Da kommt schon so was wie Konkurrenz ins Spiel."
Obwohl also Spieltrieb und natürlicher Bewegungsdrang bei beiden gleich ausgeprägt sind, erfüllt Fußball vor allem die Bedürfnisse der Jungs auf der Suche nach Zusammengehörigkeit und nach einem Idol.

Weibliche Spielintelligenz

Die Feinheiten des Fußballspiels an sich sind dabei eher nebensächlich. "Kinder bis zum Vorschulalter können oder vielmehr wollen noch gar nicht strategisch denken", sagt Michael Schuppke. "Wenn die den Ball erstmal am Bein haben, geben sie ihn nicht mehr ab. Erst ab sieben oder acht Jahren sind die Kids in der Lage, so was wie taktische Disziplin zu entwickeln." Anders verhält es sich bei Mädchen dieser Altersklasse. "Die haben eindeutig einen Vorsprung in Spielintelligenz, wenn sie etwa von sich aus nach Lösungen suchen, um den Ball an der gegnerischern Verteidigung vorbei zu bekommen", so der Sportwissenschaftler.
Lassen sich kickerfreudige Mädchen trotz der männlichen Überzahl nicht vom Spiel in der Mannschaft abschrecken, hängt ihre Integration im Verein maßgeblich vom Trainer ab: "Ich erkläre den Jungs, das Mädel wird jetzt mitgenommen und dann funktioniert das." Bis zum Alter von elf oder zwölf Jahren können die Mädchen den Jungs auf dem Fußballfeld durchaus das Wasser reichen. Erst mit zwölf zeigen sich relevante körperliche Unterschiede, z.B. in der Schnelligkeit, sagt Schuppke. "Außerdem wird in diesem Alter die gemeinsame Umkleidekabine zum Problem."

Mangel an Perspektiven

Vorbilder für kickende Mädchen sind rar gesät

An diesem Punkt verabschieden sich die meisten Mädchen wieder aus der von Männern dominierten Fußballwelt. Zum einen gibt es wenig Vereine, die weibliche Jugendmannschaften betreuen. Zum anderen sind trotz erfolgreicher Frauennationalmannschaft die weiblichen Vorbilder noch zu rar gesät, um ambitionierte Kickerinnen bei der Stange zu halten. Stattdessen sind sie umgeben von wild brüllenden, vor Testosteron triefenden Ballacks und Tim Wieses.
Und während es in der täglichen Berichterstattung über den Männerfußball tatsächlich auch um Fußball geht, wird bei den Damenfußballerinnen über Aussehen und sexuelle Ausrichtung schwadroniert. Auch im Sport sollen Frauen "hübsch aussehen, sich weiblich bewegen und eine Augenweide für Männer sein", beklagt Melitta Walter in ihrem Buch über geschlechterspezifische Erziehung.
Wie im Sport, so im richtigen Leben. "Der deutsche Fußball wurde im Laufe der Jahre vom spielerischen Gruppen- zum knallharten Karriereerlebnis", erklärt Melitta Walter. Da wird um irrsinnige Millionenbeträge geschachert. Doch der Tanz ums Goldene Kalb ist noch immer Sache der Männer und so wird es unseren Kindern auch vorgelebt. Die Väter schaffen das Geld ran, während sich die Mütter um Heim und Kinder kümmern und ihrer Söhne dreimal die Woche zum Fußball chauffieren.
Solange die Kinder dieses Bild vor Augen haben, wird sich an der geschlechtsspezifischen Rollenverteilung nichts ändern. Weder daheim noch auf dem Fußballplatz", gibt Melitta Walter zu bedenken.

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