Kino macht Spaß - und machmal auch Angst
Kino ist Unterhaltung, ist Spaß und für Kinder auch immer ein Abenteuer. Wenn der rote Vorhang zur Seite schwingt, das Licht langsam erlischt, die Musik aus den Lautsprechern ertönt und man sich in den weichen, samtigen Sesseln zurücklehnt, dann steigt die Spannung - bei Kindern noch mehr als bei Erwachsenen. Und manchmal wird die Spannung zur Nervenprobe; dann nämlich, wenn in einem Abenteuerfilm für Kinder plötzliche grauenhafte Gestalten aus dem Nebel treten, so dass selbst manch ein Erwachsener sich erschrickt.
Harry Potter war zu gruselig
Die Verfilmungen der "Harry Potter"-Abenteuer oder der "Herr der Ringe"-Triologie haben gezeigt, dass Filme, die auf Jugendbüchern basieren, nicht unbedingt für jüngere Zuschauer gemacht sind. Auf der anderen Seite sind manche Erwachsenenfilme wie zuletzt "KeinOhrHasen" ab sechs Jahre freigegeben, obwohl sie Sexszenen zeigen. Nicht überraschend ist daher das Ergebnis einer aktuellen Forsa-Umfrage, die im Auftrag von Eltern.de durchgeführt wurde: 43 Prozent der Eltern gaben an, dass sie mit ihrem Kind schon einmal in einem Film waren, der ihrer Meinung nach eher für ältere Kinder geeignet gewesen wäre. Dieses Ergebnis spiegelt ein Grundproblem wider: Die Altersspannen der FSK (Freiwillige Selbstkontrolle) sind groß. Zwischen einem Sechs- und einem Zwölfjährigen liegen Welten. Auch die Sehgewohnheiten variieren erheblich. Und: Die Einordnungen der FSK sind keine pädagogischen Empfehlungen, sondern eher als Untergrenzen zu verstehen.
Woran können sich Eltern orientieren?
Wie aber finden Eltern den richtigen Film für Ihre Kinder? Sollten sie ihn immer zuerst allein anschauen? Medienpädagogen empfehlen, sich gut über die Filme zu informieren und gleichzeitig die individuellen Bedürfnisse des Kindes zu beobachten und bei der Entscheidung zu beachten. Manch ein Kind, das außerhalb des Kinos selbstbewusst und unerschrocken wirkt, bekommt im Kinosaal schneller Angst als ein eher schüchternes Kind. Deswegen ist es auch besser, wenn Eltern ihre Kinder zunächst ins Kino begleiten.
Weitere Ergebnisse der Umfrage
- 44 Prozent der Einzelkind-Eltern lassen ihr Kind zwischen drei und fünf Jahren zum ersten Mal ins Kino, 55 Prozent warten den sechsten Geburtstag ab.
- Haben Eltern zwei oder mehr Kinder, dreht sich das Verhältnis um: 52 Prozent gehen zwischen drei und fünf zum ersten Mal ins Lichtspielhaus, 46 Prozent mit sechs Jahren.
- Bei Zwei- bis Vierjährigen halten sich 96 Prozent der Eltern strikt an die Altersfreigaben, bei den Zehn- bis Zwölfjährigen sind es noch 75 Prozent.
- 59 Prozent der Sechs- bis Achtjährigen gehen bis zu dreimal pro Jahr ins Kino, 27 Prozent schaffen vier bis sechs Filme.
Hilfe von einem Medienpädagogen
Der Medienpädagoge Günther Anfang leitet das Medienzentrum München und organisiert Film-Projekte für Kindergärten und Schulen. Im Interview erklärt er, was einen guten Kinderfilm ausmacht und was Eltern tun sollen, wenn ihr Kind im Kino Angst bekommt. Das Interview lesen Sie auf der nächsten Seite.
"Dreijährige haben im Kino nichts verloren"
Bücher lesen ist wie Gemüse essen, Filme gucken wie Gummibärchen naschen. Lecker, aber nährwertfrei. Warum sollen Kinder überhaupt ins Kino?
Günther Anfang: Weil das Vorurteil so nicht stimmt. Es gibt gute und schlechte Bücher, genauso wie es gute und schlechte Filme gibt. Filme sind ein Kulturgut wie der Besuch im Theater.
Was ist im Kino besser als im Fernsehen?
Wer ins Kino geht, entscheidet sich bewusst für einen Film und lässt sich nicht berieseln. Es entsteht ein Gemeinschaftsgefühl - egal, ob man den Film zusammen mit der Familie oder mit Freunden sieht. Man bereitet so einen Besuch gründlich vor – und redet über das Gesehene. Im Idealfall übertragen sich diese Sehgewohnheiten auf den Fernsehkonsum.
Ab wann sollten Kinder ins Kino?
Dreijährige haben im Kino nichts verloren. Pädagogisch sinnvoll ist das erst nach dem vierten Geburtstag, weil die Aufmerksamkeitsspanne bei Jüngeren nicht so hoch ist. 90 Minuten konzentriert gucken, dass schaffen meist erst Sechsjährige. Prima sind Kinderkinos, die zur Halbzeit eine Pause machen.
Wie sieht der perfekte erste Film aus?
Eine gute Geschichte nimmt Kinder ernst, hat etwas mit ihrem eigenen Leben zu tun, ist lustig oder spannend oder beides. Vor allem für jüngere Kinder sollte diese Geschichte in ruhigen Bildern erzählt sein und nicht hektisch zwischen einzelnen Szenen hin und her springen.
Und dann kommt das U-Boot und will den kleinen Eisbären fangen - und die Hälfte der kleinen Zuschauer schreit ...
Im Kino ist es dunkel, die Leinwand ist riesig, es ist viel lauter als vor dem Fernseher, und es gibt keine Stopp-Taste - das macht das Filmerlebnis eindrucksvoller, aber für manche Kinder auch beängstigender. Wie sehr und wie stark, variiert erheblich und ist vor allem Typsache.
Und was macht man mit einem kleinen Angsthasen? Drinbleiben oder rausgehen?
Wenn sich ein Kind schon in der ersten Viertelstunde gruselt und klar den Wunsch äußert, heimzugehen, würde ich das tun. Ist es zwischendurch mal sehr spannend und gefährlich, habe ich mich mit meinen Kindern schon hinter den Vordersitzen versteckt und eine bestimmte Szene ausgesessen. Vor allem gegen Schluss kann das sinnvoll sein, damit das Kind sieht - am Ende ist alles gut.
Das Interview führte Isabella Huber