Die Preise für die Dinge des alltäglichen Bedarfs steigen, die Beiträge für gesetzlich Krankenversicherte wohl auch. Ein Grund mehr, bei Zusatzleistungen noch genauer hinzuschauen. Aktuell liegt der durchschnittliche Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland bei 14,6 Prozent und ist damit, anders als die Energiepreise und die Zahl auf dem Kassenbeleg des Wocheneinkaufs, immerhin seit 2015 konstant. Das gilt allerdings nur für den allgemeinen Beitragssatz, den der Gesetzgeber festlegt. Darüber hinaus erheben die Kassen einen individuellen Zusatzbeitragssatz, der mit aktuell durchschnittlich 1,6 Prozent tendenziell gestiegen ist. Und laut Bundesfinanzminister wird es wohl bei diesem Aufwärtstrend bleiben, denn die Ausgaben der gesetzlichen Kassen in Deutschland übersteigen die Einnahmen deutlich.
Was brauchen wir? Genau hinschauen, lohnt sich
Wer mehr zahlt, möchte dafür auch etwas bekommen – klar. Deshalb lohnt es sich, bei den Zusatzleistungen der Krankenkassen schon vor einem konkreten Bedarf genauer hinschauen und ggf. zu einem anderen Anbieter zu wechseln.
Eines vorweg: Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind zum überwiegenden Teil gesetzlich vorgeschrieben. Aber die Kassen dürfen darüber hinaus weitere, vom Gesetzgeber genehmigte Leistungen anbieten. Durch diese sogenannten Satzungsleistungen haben die Krankenkassen die Möglichkeit, ihren Versicherten besondere Leistungen anzubieten und sich gegenüber anderen Krankenkassen im Wettbewerb abzugrenzen.
Wer sich vor der Familiengründung vielleicht lediglich eine Rückerstattung für die jährliche Zahnreinigung von seiner Krankenkasse gesichert hat, ist während der Schwangerschaft oder mit kleinen Kindern oftmals überrascht, wie viele Zusatzleistungen die Krankenkassen anbieten und wie groß die Unterschiede dabei sein können.
Wie hoch ist die Kostenbeteiligung bei Kinderwunschbehandlungen? Welche zusätzlichen Vorsorgeoptionen in der Schwangerschaft werden übernommen? Wird der Schwangerschaftsyoga-Kurs gezahlt? Wie sieht es mit Osteopathie fürs Kind aus? Gibt es Boni, wenn regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen wahrgenommen werden? Hier genau hinzuschauen, was für die jeweilige Lebensphase und individuellen Bedürfnisse passt, lohnt sich – auch finanziell. Deshalb haben wir genau das getan und auch für 2023 wieder das Vergleichsportal Kassensuche GmbH (gesetzlicheKrankenkassen.de) beauftragt, die besten Krankenkassen für Familien zusammenzustellen.
Der Beitragssatz liegt bei den Krankenkassen in unserem Test zwischen 15,40 und 16,50 Prozent. Die Annahme, wer mehr bezahlt, bekommt auch mehr Leistung, bestätigt sich aber nur eingeschränkt. Viele der top-platzierten Krankenkassen mit einer Fünf-Sterne-Bewertung liegen zwar über 16 Prozent Beitragssatz, es gibt aber durchaus günstigere Alternativen. Dabei macht es aber immer Sinn, auf die individuellen Bedürfnisse zu schauen. Wenn eine Krankenkasse beispielsweise kostenintensive Kinderwunschbehandlungen besonders unterstützt, profitieren Kinderwünschler:innen unabhängig vom vielleicht etwas höheren Beitragssatz.
Kinderwunsch: Neuer Lebensabschnitt, neue Krankenkasse?
Normalerweise übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung 50 Prozent der Behandlungs- und Medikamentenkosten für eine bestimmte Anzahl von Behandlungen. Einige Kassen tragen jedoch bis zu 100 Prozent der Kosten für die ersten drei Versuche oder unterstützen mehr als die vorgeschriebene Behandlungsanzahl. Der Anspruch auf eine anteilige Kostenübernahme durch die Krankenkassen endet übrigens, wenn die Frau über 40 Jahre alt ist. Es kann deshalb auch interessant sein, dass manche Krankenkassen diese Altersgrenze für die Leistungsinanspruchnahme freiwillig hochsetzen. In unserem Test ist das bei 19 der 67 geprüften Krankenkassen der Fall. Bei Kosten von ca. 4000 bis 5000 Euro für etwa eine IVF lohnt sich ggf. ein Wechsel.
Auch während der Schwangerschaft warten einige Vorsorgeuntersuchungen auf Bald-Mama und Baby. Drei Ultraschalluntersuchungen und auch die wichtigsten Tests auf Erkrankungen wie Röteln, Hepatitis B, HIV oder Schwangerschaftsdiabetes sind für gesetzlich Versicherte immer kostenfrei. Doch es gibt einige Leistungen, die nicht oder nur bei einem konkreten Hinweis auf eine Erkrankung standardmäßig übernommen werden wie der Toxoplasmose-Test, der B-Streptokokken-Test oder die Nackenfaltenmessung. Einige Krankenkassen bezahlen aber auch diese Untersuchungen, etwa im Rahmen eines Gesundheitskontos für Schwangere, über das bis zu einem gewissen Betrag bestimmte Leistungen abgerechnet werden können. Ob die Zusatzuntersuchungen wirklich notwendig sind, sollte aber immer individuell und in Rücksprache mit den Ärzt:innen entschieden werden.
Bei vielen Krankenkassen gibt es auch über diese Untersuchungsextras hinaus eine ganze Reihe unterschiedlicher Zusatzleistungen, die im Rahmen der Schwangerschaft interessant sind. Prüfe deshalb genau, was dir persönlich wichtig ist. Nur so kannst du wirklich profitieren: Eine Nadel wird nie deinen Körper berühren, sofern es nicht unbedingt notwendig ist? Dann ist die bezuschusste Akupunktur in der Schwangerschaft natürlich nicht besonders interessant für dich. Du leidest oft unter Rückenschmerzen? In diesem Fall lohnt es sich nachzuschauen, ob und in welchem Umfang deine Krankenkasse sogenannte Präventionskurse wie beispielsweise Rückensport oder Schwangerschaftsyoga übernimmt.
Krankenkassen für Familien: Zeit ist (auch) Geld
Es lohnt sich für junge Familien immer, über Bezuschussungen, Bonusprogramme und Co. Bescheid zu wissen, um kein Geld zu verschenken. Möchtest du mit deinem Kind eine Osteopathie-Praxis aufsuchen, kannst du entweder direkt das Selbstzahler-Portemonnaie zücken oder erst einmal nachschauen, ob deine Krankenkasse Osteopathie-Behandlungen (anteilig) übernimmt. Außerdem gibt es oft Bonusprogramme für Familien, die es honorieren, wenn Eltern mit ihrem Kind regelmäßig Untersuchungen wahrnehmen. Ein Arzt-Stempel über die – meist eh vorgeschriebenen – Vorsorgetermine reicht manchmal schon aus, um eine Prämie zu erhalten.
Aber nicht nur die Bonus- oder Rückzahlungen in der Tasche sind für junge Familien wichtig. Im Notfall zählt nur eins: die Familie. Muss ein Kind ins Krankenhaus, gibt es für Eltern meist nichts Wichtigeres, als in der Nähe ihres Kindes zu sein. Das sogenannte Rooming-in ermöglicht es den Eltern, im selben Zimmer mit ihrem Kind aufgenommen zu werden. Die meisten Krankenkassen übernehmen die Kosten für die Unterbringung eines Elternteils. Die Altersgrenze, bis wann die Kosten übernommen werden, variiert aber stark. In unserem Test liegt es zwischen sechs und 18 Jahren.
Im Alltag außerdem wichtig: schnelle, unkomplizierte Hilfe. Vor allem digitale Lösungen der Krankenkassen helfen dabei, Zeit zu sparen. Neben Klassikern wie der Online-Rechnungserstattung per E-Mail oder App gewinnen weitere Digital-Angebote an Bedeutung – die Online-Sprechstunde zum Beispiel. Im Akutfall geht es am besten in die Praxis, doch viele Fragen können zeitsparend per Video-Chat geklärt werden. Auch eine Krankschreibung ist möglich, wenn die Krankheit geeignet ist, per Video-Sprechstunde untersucht zu werden. Ob das der Fall ist, entscheidet die Fachperson. Die Kosten für die Video-Sprechstunde werden während der Praxis-Öffnungszeiten von gesetzlichen Krankenkassen als Regelleistung übernommen. Einige Kassen bieten darüber hinaus weitere Leistungen an, zum Beispiel eigene Video-Sprechstunden-Apps, über die digitale Arztbesuche auch am Wochenende möglich sind. Kennst du bereits alle Leistungen deiner Krankenkasse und nutzt sie auch? Unsere Tabellen zeigen dir die Top-Tarife der getesteten Krankenkassen und können dir helfen, eine Krankenkasse zu finden, die zu deiner Familie passt.
Wie wurden die Krankenkassen bewertet?
In unserem Test wurden alle allgemein geöffneten Krankenkassen aufgenommen, zu denen aktuelle Daten vorlagen. Davon sind einige bundesweit geöffnet, andere nur regional. Das Vergleichsportal Kassensuche GmbH (gesetzlichekrankenkassen.de) lieferte die Rohdaten, das unabhängige Auswertungsinstitut DFSI (Deutsches Finanz-Service Institut) gewichtete und bewertete die Angebote von 67 Krankenkassen (auf dfsi-institut.de sind Methodik und Gewichtung der Leistungen erklärt). Die besten Krankenkassen für die Zeit rund um Schwangerschaft, Geburt und Babyphase sowie für Eltern mit größeren Kindern wurden in die Tabellen aufgenommen. Die ausgezeichneten Versicherer haben die Möglichkeit, für ihre Außendarstellung ein ELTERN-Siegel zu erwerben. Weitere Informationen zu den Bedingungen, nach denen wir diese Siegel vergeben, findet ihr unter eltern.de/siegel.