Es gab tatsächlich mal Zeiten, da hatte ich einen ordentlichen Haushalt. Nicht perfekt, aber so, dass ich ohne Schweißausbruch meine Wohnungstür öffnen konnte, wenn jemand unangekündigt davorstand. Diese Zeiten sind unwiderruflich vorbei, denn es waren jene ohne Kinder.
Jetzt habe ich drei Jungs. Sie sind inzwischen 5, 7 und 8 Jahre alt. Und je mehr und älter meine Jungs wurden, je mehr Dreck und Spielzeug und Freunde sie mit ins Haus brachten, je mehr ich wieder arbeitete, je mehr mein Mann arbeitete, desto chaotischer wurde unser Haushalt. Es lässt sich da eine gewisse Proportionalität feststellen, deren weitere Entwicklung ich gern stoppen würde. Aber wie? So ein Tag ist einfach zu kurz, um alle Aufgaben des Familienlebens darin unterzubringen, man muss Abstriche machen. Und auf meiner Streichliste stehen meistens die Dinge, die mir sowieso keinen Spaß machen: Kühlschrank aufräumen, Klo putzen, Socken sortieren. Ich frage lieber das Einmaleins ab, spiele „Fang den Hut“ oder backe Muffins fürs Fußball-Turnier.
Der Frust kommt am Abend, wenn die Kinder im Bett sind und ich zu müde, um noch den Geschirrspüler auszuräumen oder Brotdosen für den nächsten Tag zu befüllen. Mein Mann übrigens auch. Vielleicht ist das das Fatale: Wir ergänzen uns prima in unserem Desinteresse für den Haushalt. Es funktioniert eine Weile ganz gut, sich gegenseitig die Sinnlosigkeit des Putzens zu bestätigen; sich über all die Ordentlichen lustig zu machen, bei denen immer genügend Socken im Schrank liegen und die Wassergläser im Regal zu akkuraten Vierer-Türmen gestapelt werden. Aber irgendwann, und regelmäßig, kommt der Moment der Verzweiflung. Wenn der Große ruft: „Ich komme hier gar nicht mehr durch!“, weil ein Berg aus Jacken, Schulranzen und Schuhen ihm den Weg nach draußen versperrt. Oder der Kleine feststellt: „Ich klebe schon wieder fest!“, wenn er mit seinen frischen Socken auf einen alten Marmeladenklecks unterm Tisch tritt. Wenn es an der Tür klingelt und ich meinen Kindern zurufe: „Wir machen heute nicht auf!“
Dann denke ich: Vielleicht muss sich hier und jetzt und ganz radikal etwas ändern. Wir brauchen eine gute Fee oder einen Saugroboter oder zumindest einen Plan, wer wann den Kompost rauszubringen hat. Und damit der gute Vorsatz auch Realität wird, habe ich mir hier Unterstützung von zwei Expertinnen geholt.
Zwei Frauen, zwei Expertinnen in Sachen Haushalt: Hauswirtschaftsmeisterin Birgit Billy aus Augsburg und Haushalts-Bloggerin Anna Fritzsche aus Berlin mit ihren besten Tipps in Sachen Waschen, Putzen, Aufräumen:
Birgit Billy macht ihren Job mit Leib und Seele. Die Augsburgerin gibt beim Verbraucher-Service Bayern seit vielen Jahren Trainings für Eltern, damit sie ihren Haushalt schneller, effizienter und mit mehr Freude in den Griff bekommen. Was sie am meisten ärgert: „Dass immer so getan wird, als könne man so einen Haushalt nebenbei erledigen.“ Dabei sei der ein Fulltime-Job, der viel mehr Anerkennung verdiene.
Anna Fritzsche war selbst mal Chaos-Queen in Sachen Haushalt, nämlich als ihr Sohn vor drei Jahren auf die Welt kam. „Damals ging bei uns alles drunter und drüber.“ Mit ein bisschen Strategie bekam sie den täglichen Putz- und Aufräumwahnsinn wieder in den Griff. Und lässt uns seitdem mit ihrem Blog Feelgoodmama daran teilhaben. Mit ihren Hacks, Checklisten und Routinen könnt auch ihr gleich los organisieren.
Wäsche

Gegen wachsende Wäscheberge empfehle ich ...
Birgit: ... nicht zu bügeln. Denn in der Regel wachsen ja nicht nur die dreckigen Wäscheberge, sondern auch die sauberen, die aufs Bügeln warten. Bei den meisten Kleidungsstücken ist das aber gar nicht mehr nötig. Wurden sie schon zum Trocknen ordentlich aufgehängt, kann man sie getrost zusammenlegen und gleich in den Schrank packen. Der größte Konkurrent zum Wäscheberg ist nämlich der Wäschestapel!
Anna: ... weniger zu waschen: Kleinere Flecken ignoriere ich oder wasche sie kurz aus. Keinen Menschen stört es, wenn in der Kindergartenhose ein Grasfleck von gestern ist. Und kleinere Flecken von Soßen oder Joghurt kann man mit etwas Essigwasser auswaschen, anstatt den Pulli gleich in die Wäsche zu tun. Klar, Socken und Unterhosen gehören täglich in die Tonne. Aber wenn man es schafft, alle anderen Teile zweimal zu tragen, sind die Wäscheberge nur noch halb so groß.
Mein Geheimtipp bei Ketchup-, Gras- und Zahnpastaflecken ist ...
Birgit: ... Gallseife. Es gibt sie als normales Seifenstück, aber auch flüssig in praktischen Spendern mit Roll-on- oder Bürstenaufsatz. Wichtig ist, die Flecken vorzubehandeln, kurz einzuweichen und dann erst zu waschen. So gehen die allermeisten Flecken problemlos wieder raus. Für unterwegs empfehle ich Erfrischungstücher mit Alkohol. Damit bekommt man das Schlimmste in den Griff.
Anna: ... Professor Google. Für fast jede Fleckenart gibt es ein tolles Hausmittel – man kennt es bloß meistens nicht. Kurz gegoogelt, findet man eigentlich immer eine Flecklösung, die mit den Mittelchen, die man sowieso schon zu Hause hat, zusammenpasst. Filzstiftflecken im Pulli gehen zum Beispiel super mit Haarspray raus. Da muss man keine teuren Fleckenmittel kaufen.
Mein bester Trick fürs Wäschefalten ist...
Birgit: ... Handtücher zu rollen statt zu falten. Erstens geht es schneller, und zweitens kann man sie im Schrank viel einfacher und platzsparender verstauen.
Anna: ... alle Pullis und T-Shirts so zusammenzulegen, dass meine Jungs die Motive immer gleich sehen, wenn sie die Schublade aufziehen. Das klappt am besten nach der Methode von Marie Kondo, der japanischen Bestsellerautorin. Sie empfiehlt, alle Wäschestücke in kleine Päckchen zu falten, bis sie aufrecht stehen können. So werden sie dann in die Schublade gestellt. Das ist erst mal gewöhnungsbedürftig und auch ein bisschen aufwendiger. Zahlt sich aber aus, wenn Kinder nicht immer erst drei Pullis von ganz unten herausziehen, bis sie den „Richtigen“ gefunden haben.
Fußböden

Fegen ist besser als Saugen, weil ...
Birgit: Ist es nicht! Ich empfehle grundsätzlich zu saugen, weil es in Sachen Staub einfach die bessere Lösung ist. Beim Kehren kriegt man zwar schnell die groben Brösel zusammen, die winzigen Staubpartikel wirbele ich aber jedes Mal wieder auf. Letztlich hat man dann hinterher mehr Arbeit, weil man öfter Staub wischen muss.
Anna: ... es viel leiser ist als der nervige Staubsauger. Das kann ich auch abends um zehn noch machen oder in der Mittagspause, wenn der Dreijährige gerade schläft. Ansonsten stehen wir total auf unseren neuen Handstaubsauger. Mit dem läuft übrigens auch mein Mann gern durch die Gegend und beseitigt den Dreck des Tages. Der große Staubsauger kommt nur noch einmal in der Woche zum Einsatz
Putzen

Das wichtigste Putzmittel ist für mich ...
Birgit: ... das ganz normale Spülmittel. Ich benutze es für sehr viele Arbeiten im Haushalt, zum Abspülen genauso wie fürs Fensterputzen oder im Bad für die Fliesen. Durch seine fettlösende Wirkung reinigt es mühelos fast alle verschmutzten Oberflächen. Man kann sich damit einen Haufen anderer, oft viel zu aggressiver Reiniger sparen.
Anna: ... mein selbst gemachter Essigreiner. Ich verdünne einen Teil Essigessenz mit vier Teilen Wasser, füge ein paar Tropfen Orangenöl für den Duft hinzu, und fertig ist mein Allzweck-Reiniger für Küche und Bad. Man kann damit den Kühlschrank auswischen oder das Klo putzen, auch bei vielen Flecken hilft mein Wundermittel.
Im Geschirrspüler kann ich auch ...
Birgit: ... wunderbar Legosteine und Playmobil waschen und eigentlich auch das meiste andere Spielzeug aus Plastik. Man muss es aber unbedingt vorher in einen Waschsäckchen legen und dieses fest zubinden, damit auch die ganz kleinen Teile drin bleiben. Dann bei 40 Grad einmal durchwaschen, fertig!
Anna: ... alles reinigen, was ich sonst mühsam mit einer alten Zahnbürste saubermachen würde, zum Beispiel Zahnputzbecher, Badewannenstöpsel, Anspitzer-Döschen. Ich habe sogar schon mal die Basecap meines Mannes in die Spülmaschine getan – sie war hinterher perfekt sauber und vor allem: top in Form!
In jedem Haushalt sollte ...
Birgit: ... es Waschsoda geben. Dieses alte Haus- mittel ist völlig in Vergessenheit geraten. Dabei ist es ein günstiges Allzweckmittel für fast alle Bereiche im Haushalt. Ich kann damit angebrannte Töpfe reinigen, es als Waschmittel verwenden oder bei Pipi-Unfällen als Paste auf die Matratze reiben.
Anna: ... Backpulver nicht nur zum Backen verwendet werden. Es eignet sich wunderbar zum Reinigen von Trinkflaschen, riechenden Abflüssen, Verkrustungen im Backofen. Als Großpack aus dem Discounter ist es zudem unschlagbar günstig als Putzmittel.

Raumklima
Gegen schlechte Gerüche in der Wohnung hilft nur ...
Birgit: ... lüften, lüften, lüften. Ich empfehle dreimal am Tag in jedem Zimmer für zehn Minuten ein Fenster zu öffnen – und zwar nicht auf Kipp, sondern sperrangelweit. Am besten versucht man noch, zwischen den Zimmern einen Durchzug herzustellen. Nur so findet ein echter Luftaustausch statt. Das hilft nicht nur gegen schlechte Luft, sondern spart in der Heizsaison auch noch Energie und wirkt Schimmelbildung vor.
Anna: ... konsequent alles aufzuräumen, was schlecht riecht: alte Socken, Brotdosen vom Vortag, Bratpfannen vom Mittagessen. Wenn’s dann immer noch müffelt, weil eine vierköpfige Familie in einer Wohnung einfach immer auch Gerüche produziert, empfehle ich eine Aromalampe mit hochwertigen Ölen zu befüllen. Besonders erfrischend: Zitrusdüfte.
Ordnung

Wenn man nur fünf Minuten Zeit zum Kinderzimmeraufräumen hat, nimmt man am besten ...
Birgit: ... die Lieblingsmusik mit ins Zimmer und dreht für fünf Minuten laut auf. Die Ansage an die Kinder: „Zwei Lieder lang geben wir jetzt alle Vollgas!“ Idealerweise hat man vorher schon alle Ordnungskisten (die es in jedem Zimmer in ausreichender Zahl geben sollte!) aus den Ecken gezogen und zum Befüllen bereitgestellt.
Anna: ... einen großen Wäschekorb, in den alles reingeschmissen wird. So hat man wenigstens mal den Boden frei. Den ganzen Kleinkram kann ich dann aufräumen, wenn ich wirklich Zeit dafür habe – manchmal auch erst ein paar Tage später.
Meine Lieblingsliste für den Haushalt ist ...
Birgit: ... der Speiseplan. Es ist einfach furchtbar entlastend, wenn man am Wochenende festlegt, was in der kommenden Woche gegessen wird, alle dürfen mitentscheiden. Am besten bestimmt man für jeden Tag auch gleich noch einen „Küchenhelfer“, am liebsten übernehmen Kinder diesen Job bei ihrem Lieblingsessen.
Anna: ... meine selbst kreierte Einkaufsliste. Ich habe darauf alle Standardlebensmittel, aber auch alles, was speziell unsere Familie immer wieder braucht, aufgelistet. Vor dem Großeinkauf drucke ich sie aus und kreuze einfach nur noch an, was wir einkaufen müssen. Das spart ungemein Zeit, und auf diese Weise wird auch selten etwas Wichtiges vergessen.
Auch Oma wusste schon, dass ...
Birgit: ... Ordnung das halbe Leben ist. Allerdings sieht die Ordnung von Kindern immer ganz anders aus als die, die wir uns im Lauf des Lebens erarbeitet haben. Es ist wichtig, das zu respektieren und die Kinder beim Aufräumen wirklich mit ins Boot zu holen. Erfahrungsgemäß wünschen sich die meisten Kinder jede Menge Kisten, Boxen und Schatztruhen. Darin mag dann vielleicht Chaos herrschen, aber für Kinder hat es die perfekte Ordnung.
Anna: ... man niemals „leer“ laufen sollte. Heißt: Auf jedem Weg in der Wohnung nehme ich etwas mit, das dort hingehört, wo ich gerade hinwill. So räumt man automatisch ständig auf, ganz nebenbei. Es ist erstaunlich, wie viel das in der täglichen Ordnung ausmacht.
Bei akuter Unlust hilft folgendes Mantra
Birgit: Niemand ist perfekt!
Bei allen Belastungen, denen Familien heute aus- gesetzt sind, ist ein perfekter Haushalt weder möglich, noch ist er nötig. Wir Frauen sollten uns dringend von diesem Perfektionsdruck befreien!
Anna: Morgen ist auch noch ein Tag! Routinen hin oder her, wenn die Sonne scheint oder die Unlust einfach übergroß ist, darf man den sorgfältig ausgeklügelten Putzplan ruhig auch mal über den Haufen werfen – und morgen mit neuer Energie angehen!