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„Zukunft. Leben. Jetzt!“ Einfach mal raus: Tipps für Naturerlebnisse für die ganze Familie

„Zukunft. Leben. Jetzt!“: Einfach mal raus: Tipps für Naturerlebnisse für die ganze Familie
© Maria Evseyeva / Shutterstock
Wir schauen einer Gruppe junger Familien beim „Ausbüxen“ zu. Im Rahmen kleiner Episoden tauchen sie in die Natur nahe der Heimat ein. Weil es Spaß macht. Und weil sie bei ihren Kindern ein ganz unmittelbares Umweltbewusstsein schaffen wollen

Wer Kinder hat, entwickelt einen anderen Blick auf die Welt. Sieht klarer, was schön ist, aber auch, was besser werden muss. Damit unsere Kinder sich auf diesem Planeten auch künftig heimisch fühlen und ein gutes Leben haben können. Kein Wunder also, dass neun von zehn Müttern und Vätern sagen: "Seit ich ein Kind habe, mache ich mir mehr Gedanken über die Zukunft." So lautete ein Ergebnis der großen Studie "Zukunft. Leben. Jetzt!"* von ELTERN und PAMPERS.

Zu den Top Ten der wichtigsten Wünsche für die Zukunftihrer Kinder gehört eine "intakte Umwelt". "Sehr wichtig" sei ihnen die, sagen 49 Prozent der Befragten. Dafür sind viele auch heute schon bereit, einiges zu tun – vom Energiesparen im Haushalt über bewussteres Einkaufen bis hin zur Frage, ob es eigentlich immer der Urlaub an der Adria oder auf den Kanaren sein muss. 

Immerhin gibt in unserer Befragung fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent) an, im Urlaub künftig häufiger aufs Fliegen verzichten und in der Region bleiben zu wollen. Tendenziell sind werdende Mütter und Väter und Eltern von Kleinkindern hier noch ambitionierter als Eltern größerer Kinder.

Nicht erst seit dem Corona-Jahr 2020 wächst die Einsicht, dass es in Deutschland auch ganz schön ist. Für alle, die bereit sein, die Natur vor ihrer Haustür (neu) zu entdecken, stellen wir hier eine bemerkenswerte Initiative vor:

Endlich mal richtig was erleben

Vor drei Jahren, als Jana und Patrick noch kinderlos waren, hörten sie von befreundeten Schon-Eltern so Sachen wie "Kinder fordern Struktur." Die Spontaneität im Alltag leide, die schönen Dinge schiebe man aufs Wochenende. "Und dann regnet es, oder in der Nacht hat keiner geschlafen – und es klappt wieder nicht …"

Jana ist von Haus aus Landschaftsplanerin, Patrick Softwareentwickler. Vor drei Jahren haben die beiden Trierer ihre Jobs an den Nagel gehängt, um ihr gesammeltes Outdoor-Wissen weiterzugeben und andere Menschen für die Natur vor der Haustür zu begeistern: Wildkräuterkurse. Wildnis-Seminare.

Besonders geprägt hat sie eine Tour durch Deutschland, für die sie einfach losgezogen sind und einen Monat lang draußen übernachtet haben. Es gab Kaffee vom Gaskocher, Salat aus wild gesammelten Kräutern. "Im Grunde war das mindestens so abenteuerlich wie unsere Südostasienreise zwei Jahre zuvor", sagt Jana, damals im siebten Monat schwanger. 

Als ihr kleiner Sohn geboren war, nahmen die Gespräche im Freundeskreis an Fahrt auf: Wie kann das sein, dass Familie heute so durchgestylt funktioniert? Kindergeburtstage auf Indoorspielplätzen und in Bowlinghallen. Wochenenden, für die alles um die "Events" der Kleinen geplant wird. "Man geht da eher so halbherzig mit", gab ein befreundeter Papa zu. 

Urlaub sei wie Kompensation, meinten andere. Endlich mal so richtig was erleben, wenigstens ein-, zweimal im Jahr. Jana und Patrick, die zahleiche Blogs zum Thema Familienreisen unter die Lupe genommen haben, sagen: "Man spürt vielfach eine ungestillte Sehnsucht." 

Und dann war da auf einmal diese Idee, erzählt Patrick. Wie wäre es, sich mit Gleichgesinnten zusammenzutun? Gemeinsam etwas zu unternehmen, was es so in Deutschland noch nicht gibt? So ist 2019 die "Ausgebüxt-Familie" entstanden: Ein Zusammenschluss von neun Familien, 16 Erwachsene, 16 Kinder zwischen eins und sechs, die Natur "so richtig" erleben und nicht nur einen längeren Spaziergang machen wollen. 

Ausbüxen heißt kraxeln, schnitzen, sammeln

Der Start war ziemlich emotional. Sie saßen zusammen und versprachen einander, sich bei jedem Wetter zu treffen, mindestens einmal im Monat. "Abenteuertage" nennen die Mitglieder der "Ausgebüxt-Familie" die jeweils ein Jahr im Voraus fix im Kalender stehen Termine, die ein Mix aus Geplantem und Spontanem sind. Wandern gehört in jedem Fall dazu. Nicht nur auf Wegen geht die Gruppe, sondern auch mal ein Stück querfeldein. "Wir gehen als Familien raus", betont Patrick, "nicht als Eltern mit Kindern." Das sei ein Unterschied.

Im Wald wartet Wunderbares. Große und Kleine nehmen sich von hier nach da mit – beim Sammeln von Waldmeister für selbstgemachten Saft. Beim Bauen von Laubhütten, Keschern im Bach oder wenn Brunnenkresse und wildwachsender Pfeffer gepflückt wird. Stets sind es die Jahreszeiten, die den Ton angeben.

Jana glaubt, die Natur jetzt mehr mit Kinderaugen zu sehen. Und sie sieht die Kleinen, wie sie das Treiben aus Tüchern oder Tragen verfolgen. Sie weiß: Lang dauert es nicht, dann betasten auch sie das herumliegende Totholz. Spannen Planen, unter denen es sich bei Regen wunderbar geborgen sitzen lässt. "Unsere Fünfjährigen können das schon", sagt Patrick. Jana erzählt, wie sie im Herbst Pilze gesammelt und gebraten haben und wie dann im Sommer alles auf den bisherigen Höhepunkt zusteuert …

Nachts im Wald, das weckt Ängste

„Zukunft. Leben. Jetzt!“: Einfach mal raus: Tipps für Naturerlebnisse für die ganze Familie
© Hurst Photo / Shutterstock

Keine zehn Kilometer von der Stadt entfernt waren sie, gefühlt – unter den mächtigen Buchen und Eichen – aber ganz weit weg. Lager wurden gebaut, Decken gelegt, einige hatten nichts als den Himmel über sich. Draußen schlafen stellte sich für viele als ziemliche Herausforderung heraus.

"Ich habe wohl zu viele Gruselfilme geschaut", meinte eine Mama. Die etwas größeren Kinder hingegen trieb etwas anderes um: "Ist das erlaubt?" Das gemeinsame Lager, die Vertrautheit der Gruppe und nicht zuletzt auch das wärmende Abendessen trugen aber dazu bei, dass sich alle dem Erlebnis hingeben konnten.

Patrick klärt auf, dass wild Campen in Deutschland zwar verboten ist, "das Schlafen unter freiem Himmel, auch Biwakieren oder Lagern genannt, aber nicht." Weil sie als große Gruppe unterwegs waren, hatten sie vorher  trotzdem mit dem örtlichen Forstamt gesprochen.

Die erfüllten Gesichter am anderen Morgen sieht Jana noch genau vor sich: "So ist es, wenn man sich einlässt und das Geschenk annimmt." Das Geschenk, jederzeit mit der Natur in Kontakt treten zu können. "Der Wald ist schließlich immer da." Heißt: Auch unter der Woche, nach dem Feierabend sind sogenannte kraftspendende "Mikroabenteuer" möglich. Bei einem Outdoor-Essen im Stadtpark zum Beispiel. Oder wenn man sich in der Dämmerung mit dem Rücken auf eine stille Wiese legt. 

"Wer sich darauf einlässt, lernt zu gestalten", sagt Jana. Und vielleicht mache das ja den Unterschied. "Man erlebt, dass man eben nicht auf den perfekten Sommertag mit dem perfekten Sternenhimmel warten muss. Sondern das Abenteuer jetzt, hier und überall greifen kann." Von jedem Hauptbahnhof aus kommt man schließlich zu Fuß zu einer Parkanlage. Fahren U- und S-Bahnen in die Natur. Wir müssen die Möglichkeiten nur nutzen

"Viele ahnen nicht, was ihnen entgeht"

Ausgebüxt-Mitglieder und ihre Erfahrungen

Sabrina, 33, Stillberaterin mit Jakob, 2:

"Für den Sommer hatten wir uns mit der Gruppe eine Übernachtung im Wald vorgenommen. Vielleicht wäre es ja eine gute Übung, das Ganze erst mal im Garten auszuprobieren? Gezeltet hatten wir als Familie schon öfter, aber einfach so im Freien liegen, ohne irgendetwas über sich, das war neu und fühlte sich ungewohnt an, nicht nur wegen der Kälte.

Zwischen Apfel- und Zwetschgenbaum, ein paar Meter vor der Terrasse, haben wir mit Decken und Schlafsäcken unser Lager gebaut – daneben die vom Nachbarn geliehene Feuerschale, wir hatten Stockbrotteig vorbereitet. Als es zu dämmern begann saßen wir in dicken Klamotten auf einer isolierten Picknickdecke am Feuer und aßen. 

Später habe ich mich mit Jakob in meinen Schlafsack gekuschelt. Er fing an, die Sterne zu zählen. Da ist einer und da noch einer… Dabei ist er eingeschlafen. Zu dritt lagen wir da, nur der Himmel über uns. Das kleinste Geräusch, jedes Rascheln, nimmt man auf einmal war. Es dauerte nicht lange, bis aus der Anspannung ein nie dagewesenes Gefühl der Geborgenheit wurde. 

Am anderen Morgen sind wir mit den Vögeln wachgeworden. Ziemlich früh, trotzdem fühlten wir uns erfrischt und ausgeschlafen. Man hat nur einen Steinwurf vom Wohnhaus entfernt übernachtet – und war doch in einer anderen Welt. Und wir wissen, da können wir jederzeit wieder hin. Ein tolles Gefühl."

Hannah mit Vera, 5 und Max, 4:

"Früher war das bei uns so wie wohl bei den meisten Leuten, die Kinder haben: An einem verregneten Tag geht man nur kurz raus, wenn überhaupt. Mit den Rollern die Anliegerstraße rauf und runter oder eine Runde zum Spielplatz. Ich weiß noch gut, wie ich dann vor einem Treffen unserer Draußen-Gruppe am Fenster stand und dachte: Normalerweise würden wir heute drinnen bleiben. Tatsächlich aber wurde es gerade wegen des Wetters ein toller Tag. Wenn es regnet, riecht der Wald viel intensiver. 

Für unser nasses Picknick hatten wir zwei Tarps dabei, aber am Ende saßen nur die Erwachsenen unter den Planen und tranken den frisch aufgebrühten Wildkräutertee. Vera, Max und die anderen Kinder spielten lieber ein Spiel: Wer hat den größten Blätterhaufen? 

Es gibt kein schlechtes Wetter … wie wahr ist dieser Spruch! Jedes unserer Treffen in der kühlen Jahreszeit war etwas Besonderes. Im Herbst haben wir Pilze gesammelt und sie über dem Feuer gebraten. Im Winter suchten wir uns eine Grillhütte und machten ein Feuer. Wichtig ist, sich bewusst darauf einlassen zu können. Wenn man fröstelnd dasitzt, friert man. Wenn man sich als Teil der Natur empfindet, eher nicht. 

Nach den Abenteuer-Tagen kommen wir alle total entspannt nach Hause. Und manchmal fragt man sich dann, wie derselbe Tag wohl ohne Ausbüchsen gelaufen wäre. Ich glaube, viele Familien ahnen gar nicht, was ihnen entgeht!"

Dennis Hölzel mit Thea, 1, Samuel, 2, Moritz, 9, Jonah, 11, Lars, 19:

"Für uns gehört neben dem Sehen und Riechen auch das Schmecken zu einem gelungenen Naturerlebnis. Und: Dafür Dinge zu finden und sie direkt zu verarbeiten.

Als Großfamilie sind wir oft zu sechst oder siebt unterwegs, trotzdem klappt das mit der Outdoor-Küche ganz gut. Wir nehmen unsere Drei-Liter-Trinkblase voll mit Wasser mit. Das reicht fürs Kochen und fürs Trinken zwischendurch. Außerdem haben wir einen Spirituskocher mit zwei Töpfen und einer Pfanne dabei. 

Im Herbst, zur Pilzzeit, gelingt es uns tatsächlich manchmal, uns allein aus der Natur zu ernähren. Ansonsten bieten sich frisch gepflückter Giersch oder Brennnesseln an. Beides lässt sich verarbeiten wie Spinat: Man gibt die Blätter in kochendes Salzwasser, bis sie gar sind. Mit etwas Butter oder Parmesan und vielleicht Brot dazu ist es ein prima Gericht.

Eine andere Möglichkeit ist es, eine Grundlage wie Teig mitzunehmen und dann draußen zu verarbeiten. Manchmal machen wir Reibekuchen. Oder Pfannkuchen. Zu Hause hätten wir wohl eher keine Brombeeren. Draußen schmeckt es viel besser, sagen die Kinder. Vielleicht kommt da der Jäger und Sammler in uns durch? Oder auch einfach nur der Genießer."

So funktioniert das Projekt

Die "Ausgebüxt-Familie" finanziert sich solidarisch: Die "Mitglieder" bezahlen soviel wie sie können oder mögen. Patrick und Jana haben eine Vision: "Es wäre toll, deutschlandweit Familien zu beraten, die rund um ihre Heimatstädte ähnlich aktiv werden wollen." Allein in Trier stehen bereits zahlreiche "Ausbüxer" auf einer Warteliste. 

Wild campen

In Deutschland ist das verboten, "Biwakieren" unter freiem Himmel oder unter einem "Tarp" (Schutzplane) jedoch nicht.  Aber: Flächen, die zu Höfen gehören sind genauso tabu wie Naturschutzgebiete und Nationalparks. In manchen Gegenden Deutschlands ist Wildcampen seit einiger Zeit auf ausgewiesenen Plätzen nach vorheriger Anmeldung möglich. Mehr Infos zum Projekt Ausgebüxt findet ihr hier 

Einfach mal raus: Buchcover ausgebüchst
Jana und Patrick Heck haben die schönsten Ideen für Urlaub daheim und viele praktische Tipps für perfekte Mikroabenteuer in ihrem neuen Buch zusammengetragen: „Ausgebüxt! Mikroabenteuer mit Kindern“, Malik Verlag, 17 Euro
© PR

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