Je geringer das Einkommen, umso stärker ist die Belastung in den Familien. 70 Prozent der Eltern mit Kindern unter 18 Jahren gaben im Dezember 2022 an, dass sie die Inflation stark persönlich belaste. Das geht aus dem Familienbarometer hervor, das Familienministerin Lisa Paus (Grüne) am vergangenen Montag in Berlin vorstellte. 47 Prozent fühlten sich zu diesem Zeitpunkt von der Inflation in ihrem Alltag stark eingeschränkt.
Eine Gruppe ist besonders betroffen. Laut dem Familienbarometer müssen geringverdienende Alleinerziehende sieben Prozent ihres Haushaltseinkommens für die inflationsbedingten Preissteigerungen aufbringen. Im Vergleich dazu ist es bei Paaren mit Kind im oberen Einkommensquartil nur eine Mehrbelastung 4,5 Prozent ihres Einkommens.
Ein Wunsch: Mehr partnerschaftliche Aufteilung der Carearbeit
Doch auch mit Blick auf die partnerschaftliche Rollenaufteilung zeigen sich noch Herausforderungen für Familien. So wünscht sich knapp die Hälfte (46 Prozent) der Eltern eine partnerschaftliche Aufteilung von Kinderbetreuung, Haushalt und Erwerbsarbeit. An der Umsetzung scheitere es jedoch immer wieder.
"Mütter leisten primär die Aufgaben der Kinderbetreuung und Hausarbeit", sagte die Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, Renate Köcher. "Doch nur ein Fünftel der Eltern sagt, dass das ihr Ideal ist." Wenn Väter Elternzeit genommen haben, teile sich die Kinderbetreuung im Anschluss besser auf.
Elternzeit für Väter bedeutet mitzuerleben wie das Kind aufwächst
Doch auch dort gibt es Nachholbedarf. Zwar betonen rund 70 Prozent der befragten Väter, die Elternzeit genommen haben, dass sie dadurch wichtige Entwicklungsschritte ihres Kindes miterlebt und eine engere Bindung zu ihrem Kind bekommen hätten. Doch viele Männer verzichten dennoch auf eine Elternzeit aus Sorge um den Job. 53 Prozent der befragten Väter, die keine Elternzeit genommen haben, gaben an, der Hauptgrund seien Einkommensverluste. Berufliche Nachteile befürchteten 38 Prozent. Dabei bestätigen nur sechs Prozent der Väter, die Elternzeit genommen haben, letztlich die Befürchtungen von Karriereeinbußen.
"Eltern wünschen sich eine partnerschaftlichere Aufteilung, können das aber im Alltag nicht so gut realisieren und fallen in alte Muster zurück", sagte Paus. Die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit sei in vielen Familien groß.
Elternstartzeit soll dafür sorgen, dass beide Elternteile ab der Geburt beim Kind sein können
Abhilfe schaffen soll unter anderem eine Elternstartzeit, auch bekannt als Vaterschaftsurlaub. Dem Gesetzentwurf des Familienministeriums zufolge sollen Partner:innen künftig nach der Geburt eines Kindes zwei Wochen lang bezahlt frei machen können, ohne wie bislang dafür Urlaub oder Elternzeit in Anspruch nehmen zu müssen. Die Neuerung beträfe den zweiten Elternteil. Die Mutter selbst ist durch die Regelungen des Mutterschutzes geschützt.
Die gemeinsame Partnerzeit nach der Geburt solle ein Schutz- und Schonraum werden, sagte Paus. Der Gesetzentwurf dafür sei fertig und die Elternstartzeit solle im Januar 2024 kommen. Diese ist im Koalitionsvertrag verankert. Mit dem Vorhaben setzt Deutschland auch eine entsprechende EU-Richtlinie um.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus will in eine verlässliche und gute Kinderbetreuungsinfrastruktur investieren und die Kindergrundsicherung weiterverfolgen. "Das sind die Punkte, wo der Schuh am meisten für die Familien drückt", sagte die Grünen-Politikerin. Mit der Kindergrundsicherung will die Ampel-Koalition Leistungen vom Kindergeld über den Kinderzuschlag bis hin zur finanziellen Unterstützung für Klassenfahrten in einer Kindergrundsicherung zu bündeln und künftig mehr Berechtigte mit den Leistungen zu erreichen. Ob das auch eine milliardenschwere finanzielle Aufstockung bedeuten soll, ist vor allem zwischen Grünen und FDP umstritten. Paus hatte einen Bedarf von zwölf Milliarden Euro angemeldet.
Verwendete Quelle: dpa.de