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Besserer Sex Im 10-Schritt-Gespräch zurück zu mehr Lust

Besserer Sex: Füße eines Paares im Bett
© Friends Stock / Adobe Stock
Was vor der Geburt fantastisch, einfach schön oder wenigstens selbstverständlich war, ist im Heute langweilig oder einfach nicht mehr da. Wie kann die Lust wiederkommen?

Früher habe ich immer gedacht, wir sind dieses eine Paar, dem das nie passiert: langweiliger Sex. Unser Liebesleben ist zwar ab und an noch existent. Aber all das, was es vor den Kindern war – wild, spontan, lang, hell, gleich noch mal –, ist es nun nicht mehr.

Jetzt ist er da, mein persönlicher Albtraum, und mein Mann kann sich freuen, wenn ich mir die Beine rasiert habe. Dass ich mal Strapse getragen habe, scheint wie aus einem anderen Leben zu sein. Mehr als zwei Stellungswechsel ein anderes Universum. Das sind doch nicht wir, die sich alle paar Monate beim Einräumen des Geschirrspülers "Nachher Sex?" zuraunen. "Ja." "Ok." Und dann, wenn die Kleinen schlafen, im Schlafzimmer das Licht ausmachen, unter der Decke ein paar verklemmt nervöse Sprüche wechseln und nach einem zehnsekündigen Vorspiel die immer gleiche Nummer abziehen. Das müssen Roboter sein, oder langweilige Arbeitskollegen. Ich bin jetzt die Frau, die beim Sex im Kopf Einkaufslisten schreibt und Playdates für unsere Söhne plant. Und sich wundert, dass sie dabei nicht mehr kommt. Doch, das sind wir. Was steht dem Sex bei uns im Weg?

Störfaktor Nr. 1: (Fehlende) Verhütung

Der größte Lustkiller von allen: fehlende, verlässliche Verhütung. Wenn man sowohl jegliche hormonelle Methode als auch Kupfer im Körper dankend ablehnt und der Mann beim Thema Vasektomie nur verneinend lacht, bleibt nur, natürlich zu verhüten. "Ist es heute sicher?" wurde zur Lieblingsfrage meines Mannes. Doch was sich für ihn wie Weihnachten und Ostern zugleich anhört, heißt für mich Panik. Wird er sich an den vereinbarten Coitus interruptus halten? Ein bisschen Aufregung würde ich für einen gescheiten Orgasmus in Kauf nehmen. Doch das Abenteuer "Heute mit oder ohne Rausziehen" brauche ich nicht. Wenn klar ist, dass der Akt nicht natürlich vollendet werden kann, sondern vorher abgebrochen werden muss (am besten aus Sicherheitsgründen mindestens einen Meter neben mir), dann kann ich den Schlüppi auch gleich anlassen. Und nein, die Pille ist – für mich – trotzdem keine Alternative, dann lieber keinen Sex.

Störfaktor Nr. 2: Is it hot in here – or is it me?

Zwei Jahre nach der letzten Geburt wiege ich also immer noch mehr als davor. Schlimm kann es nicht sein, sonst würde ich sogar von den Bauarbeitern ignoriert. Ist es aber. Für mich. Die Idee, wie ich nach der Geburt mit dem Baby in der Trage durch 100 Squads am Tag den Latinopo bekomme, den ich immer haben wollte, und das Bauchfett angehe, das schon seit meiner eigenen Geburt nie weggehen wollte – blieb eine Idee. Mein Mann würde auch nicht wegrennen, wenn mein BMI dreistellig wäre. Aber wenn man sich nicht wohlfühlt im eigenen Körper, liegt die Vorstellung von spontanem Sex weit hinten auf der Prioritätenliste. Für guten Sex muss ich mich als begehrenswerte Frau fühlen. Lasst es mich so sagen: Als ich noch mitten im Beruf stand, hat es sich definitiv leichter gebumst als heute. So viel steht fest.

Störfaktor Nr. 3: (Finanzieller) Stress

Abtörnender als zu viele Kilos sind zu viele Probleme. Es sind (finanziell) unsichere Zeiten, für so viele. Selbst wenn ich mal Bock habe, sagt mein Kopf, nee, lass mal, wir haben gerade andere Sorgen. Wenn man dann noch in jeder freien Minute online erfolgreiche Muttis verfolgt wie diese finnische YouTube-Supermum mit ihren zehn Kindern, die jeden Morgen 3.30 Uhr mit Yoga begrüßt, deren Kids nur Äpfel essen und deren Haus in jedem Video minimalistisch topmodern glänzt – dann hebt das die eigene Laune oder die meiner Vagina nicht gerade. Egal, wo man hinschaut: Der Alltag frisst wohl das Liebesleben der meisten Eltern erst mal auf. "Ihr müsst über eure Probleme reden!" Wie oft man diesen Ratschlag hört. Erst wenn es fast zu spät ist, weiß man, warum Leute, die meistens schon ältere Kinder oder eine Scheidung hinter sich haben, genau das so oft empfehlen. Egal, wer von beiden weniger Bock hat – es gehören immer zwei dazu, und die sollten sich unterhalten. Hier kommt die für dieses heikle Gespräch passende Strategie:

10-Stufen-Gespräch für besseren Sex (die Klamotten bleiben dabei an)

Es gibt bei diesem Gespräch kein Richtig oder Falsch. Eventuell müsst ihr Antworten aushalten, die euch weniger gefallen. Doch es lohnt sich – versprochen! Seid dem anderen gegenüber wohlwollend. Lasst euch einfach darauf ein.

DIE VORBEREITUNG

1. Im Vorfeld eigene Gedanken festhalten (30 Min.)
Wenn man die Gefühle zum ausbleibenden Feuerwerk selbst schon nicht versteht, wer dann? Vor dem Gespräch nimmt sich zunächst jede(r) allein ins Visier: Was ist mein Ziel: mehr Sex oder weniger? Mehr Spannung beim Akt an sich oder mehr Akzeptanz darüber, dass man aktuell nicht will? Was hemmt mich? Was ist heute anders als am Anfang? Was hat mich früher gereizt an ihm/ihr, was heute nicht mehr sichtbar ist? Einige können es nicht ertragen, nach dem Körperkontakt mit den Kindern noch jemand anderem zur Verfügung zu stehen, und wollen ihren Körper für sich. Das kann der andere nicht erraten, daher lohnt es sich, genau solche Gedanken festzuhalten.

2. Den anderen zu verstehen versuchen (15 Min.)
Um miteinander über schlechten Sex zu reden, braucht es Mitgefühl und viel Verständnis. Versetz dich in deine:n Partner:in und liste deine Eindrücke auf: Was ist für ihn/sie anders als früher, und wie geht es ihm/ihr damit? Was sind seine/ihre Bedürfnisse? Spannung: Im anschließenden Gespräch findet ihr heraus, ob ihr richtig gelegen habt :)

3. Einen festen Gesprächstermin vereinbaren
(Dauer: 90 Minuten, ohne Kinder, Glas Wein kann nicht schaden, Wasser tut es auch)

DAS GESPRÄCH

4. Vertrauen schaffen (15 Min.)
Jeder spricht sieben Minuten über die im Vorfeld gesammelten Gedanken. Bitte nicht dazwischenreden!

5. Selbstwertgefühl klären (25 Min.)
Für guten Sex müssen sich beide begehrt fühlen, und daran muss wohl jeder erst mal an sich arbeiten. Das Gespräch ist ein guter Zeitpunkt für Komplimente und versteckte Hinweise ("Wenn du vom Fußballtraining kommst, bist du immer so glücklich" versus "Als du mit deinen Mädels losgezogen bist, sahst du so sexy aus ...").

6. Über Störfaktoren sprechen (20 Min.)
Gibt es hormonelle Gründe (zum Beispiel Lustlosigkeit durch die Pille)? Zu hohe Erwartungen (lohnt sich der Vergleich zum Sex mit 24, als wir frisch verknallt waren, oder setzen wir heute gemeinsam neu an)? Ist es der Anblick seiner Socken auf dem Schlafzimmerboden, oder liegt es daran, dass er mit seinen Fingern direkt zwischen die Beine wandert, statt erst mal deinen restlichen Körper zu erkunden.

7. Zahlen auf den Tisch (5 Min.)
Über das Wieviel sprechen. Manche freuen sich, wenn es einmal im Monat rumst, für andere ist das ein Zeichen für ein Eheproblem. Klärt eure Richtlinie, trefft euch in der Mitte, haltet sie schriftlich fest, nagelt sie an die Wand ("In diesem Haus gibt es dieses Jahr noch zehnmal Sex").

8. Horny Facts klären (10 Min.)
Klärt abwechselnd, was euch individuell antörnt: zum Beispiel Haare kraulen; auf dem Spielplatz feststellen, dass der eigene Partner viel lustiger als die anderen Väter ist. Wer vorbildlich ist, schreibt hier mit.

9. Gemeinsames Event planen (10 Min.)
Lieber einmal länger Zeit miteinander verbringen als etwas Regelmäßiges vereinbaren, das dann doch nicht stattfindet. Sprich: besser ein Wochenende zu zweit im Hotel planen als jeden Sonntag Kuscheln beim "Tatort".

10. Bussi, Danke, Tschüs (5 Min.)
Von vielen Expert:innen empfohlen: Nehmt euch sitzend an die Hände und schaut euch eine Minute in die Augen. Bedankt euch danach gegenseitig für die ehrlichen Antworten.

Dieser Gesprächsplan ist keine Garantie dafür, dass direkt im Anschluss etwas läuft. Aber er führt beide Parteien an einen Tisch, um sich zu öffnen. Mit sexueller Unzufriedenheit sollte man sich in einer Partnerschaft nicht allein fühlen. Das Risiko für langfristig größere Probleme ist deutlich erhöht, wenn man darüber schweigt. Selbst, wenn der Sex nicht zurückkommt, habt ihr euch eurem Partner gegenüber geöffnet und damit viel gewonnen.

ELTERN

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