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Klassisches Einzelkind? Wie prägt uns das Aufwachsen ohne Geschwister?

Mädchen spielt mit Xylophon
© ritfuse / Shutterstock
Einzelkinder sind überbehütet, verzogen und können sich nicht durchsetzen - das sind nur einige der gängigen Klischees. Doch wie denken erwachsene Einzelkinder über solche Vorurteile? Hier erklärt Eltern.de-Redakteurin Jennifer Litters, wie sie das Aufwachsen ohne Geschwister geprägt hat.

Wie es ist, als Einzelkind aufzuwachsen

Als Kind wollte ich immer Geschwister - am liebsten einen großen Bruder. So um die zwei Jahre älter sollte er sein, und natürlich einer von der netten Sorte. In den frühen 80er Jahren, in denen ich aufwuchs, waren Kinder ohne Geschwister noch eher die Ausnahme und die Vorurteile gegenüber den angeblich so verzogenen Einzelkindern noch weit verbreitet. Allerdings habe ich mich nie besonders exotisch gefühlt. Und da ich keinen älteren Bruder mehr bekam, mussten halt meine Cousins und Cousinen als Ersatz-Geschwister herhalten.

An dieser Stelle muss ich meinen Eltern mal ein ganz dickes Lob aussprechen: Auch wenn ich ihr sehnsüchtig gewünschtes, einziges Kind war, haben sie mich nicht in Watte gepackt und mir auch nicht jede Extrawurst gebraten. Im Gegenteil: So manches Mal hat mich meine Mutter sogar regelrecht zu Nachbarschaftskindern geschubst, damit ich nicht zum eigenbrötlerischen Stubenhocker werde. Und als später alle Schulfreundinnen in sündhaft teuren Marken-Klamotten rumliefen, musste ich mein Outfit mühsam vom Taschengeld absparen.

Kurz: Ich kann ohne falsche Bescheidenheit sagen, dass ich nicht zu den verwöhnten Einzelkindern gehöre. Ich habe viele Freunde, kann wunderbar teilen (okay, Wassermännern sagt man auch nach, dass sie so lange teilen, bis sie selbst nichts mehr haben) und bestätige auch amerikanische Studien, nach denen Einzelkinder sogar selbstkritischer sind als Geschwisterkinder.

Woran man erwachsene Einzelkinder erkennt

Trotzdem habe ich im Laufe der Zeit einige untrügliche Anzeichen dafür an mir entdeckt, dass ich keine Geschwister habe - und die ich übrigens an ebenfalls bruder- und schwesterlosen Freundinnen feststellen kann. Dazu gehören der Hang, jeden lapidar dahin gesagten Satz auf sich zu beziehen, ebenso wie die zunehmende Unruhe nach drei Tagen Urlaub mit Freunden in einer Ferienwohnung ohne Rückzugsmöglichkeit.

Absolut sicher herausfinden, ob jemand ein Einzelkind ist oder nicht, kann man beim gemeinsamen Essen. Achten Sie mal drauf: Erwachsene, die Geschwister haben (vor allem Männer), stürzen sich auf den Teller mit den Filets, als müssten sie ihre Beute vor einem ganzen Rudel hungriger Wölfe in Sicherheit bringen. Die Einzelkinder in der Runde jedoch lassen von ihrer fachmännisch geviertelten Pizza grundsätzlich das Stück über, das am schönsten belegt ist. So können sie sich das ganze Essen über darauf freuen - dass es dann längst kalt ist, macht nichts. Kein Wunder, schließlich hat ihnen nie ein fieser Bruder oder eine zickige Schwester das beste Stück triumphierend vor der Nase weggeschnappt. Sie konnten sich beim Essen stets alle Zeit der Welt lassen.

Aber wehe, ein leichtsinniger Mensch mit Geschwistern greift gegen Ende des Essens mit den Worten "Ich klau' mir noch mal eine, okay?" nach einer der letzten drei Pommes frites auf dem Teller (die natürlich die schönste Form und die goldenste Kruste aufweisen) - das erwachsene Einzelkind wird sich kaum beherrschen können, dem frechen Dieb nicht mit aller Kraft die Gabel in die vorwitzige Hand zu rammen!

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