"Erfolgreiche Kinder", das ist wohl eine sehr subjektiv empfundene Aussage, die mit Sicherheit sehr viele verschiedene Definitionen hat: Persönliches Glück, ein erfülltes Familienleben, die Karriere oder Unabhängigkeit im Leben beispielsweise. Für die US-Autorin Margot Machol Bisnow geht es bei der Frage allerdings um Kinder, die später zu Unternehmer:innen wurden.
Für ihr Buch "Raising an Entrepreneur" hat sie 70 Eltern befragt, deren Kinder die Karriereleiter erfolgreich hochgeklettert sind. Hier kommen vier ihrer liebsten Tipps.
Extreme Unabhängigkeit
Susan Wojcicki wurde 1999 Google's erste Marketing Managerin und ist seit 2014 CEO. Ihre Schwester Anne ist Mitbegründerin eines Biotechnologie-Unternehmens. Im Interview mit der Mutter der beiden erfolgreichen Frauen stellte sich schnell heraus: Ihre Mädchen wuchsen mit dem Wissen auf, dass ihre Mama Esther darauf vertraut, dass sie sich verantwortungsbewusst verhalten.
"Ich habe meinen Kindern ab einem sehr frühen Alter die Möglichkeit gegeben, sehr unabhängig zu sein", so Esther. "Ich hatte drei Kinder in vier Jahren und keinerlei Hilfe, also war es unvermeidlich, sie Dinge auch selbst in die Hand nehmen zu lassen." Ihre Kinder hätten diese Freiheit geliebt, so die Mutter. "Ich glaube, es hat ihr Selbstbewusstsein stark gefördert", erklärt sie.
Sie habe unter anderem ihre fünfjährige Tochter alleine zu ihrer Großmutter nach L.A. fliegen lassen, erinnert sie sich. Diese Art von Unabhängigkeit mag allerdings nicht für alle Eltern etwas sein. Deshalb ist Esthers simpler Tipp: "Man kann Kindern einfach Dinge im Haus geben, die sie tun können, um etwas zur Familie beizusteuern, also: Hausarbeiten, die sie verantwortungsbewusster machen und helfen, ihr Selbstbewusstsein bei diesen Aufgaben zu entwickeln."
Das Mitgefühl aktiv nähren
Kinder, deren Eltern ihnen zeigen, wie gut es sich anfühlt, anderen Menschen zu helfen, bringen ihren Kindern meist eine wichtige Lebensqualität bei: Mitgefühl. Ob das nun bei einer Person ist, die es einfach etwas schwerer hat als die eigene Familie, eine Hilfsaktion in anderen Teilen der Welt oder ein empathischer Moment am Küchentisch – die Situationen können vielseitig sein.
Scott Harrison ist Gründer einer Non-Profit-Organisation, die Wasser in Ländern mit schlechter Versorgung aufbereitet und dann Menschen zur Verfügung stellt. Durch die fast 60.000 Projekte wurden inzwischen etwa zwölf Millionen Menschen mit sauberem Wasser versorgt und es wurden rund eine halbe Billion Dollar Spenden für die Sache gesammelt.
Bevor Harrisons Mutter Joan starb, sprach sie mit Margot Machel Bisnow darüber, wie sie ihren Sohn zu dem Mann erzog, der er heute ist. Disziplinierte und harte Arbeit waren ein Teil davon, aber auch: Dinge zu teilen. In der Mittelschule habe sie ihm beispielsweise dabei geholfen Klamotten, Bücher und Spielzeug auszusortieren und sie Kindern zu geben, die einen besseren Nutzen von ihnen haben würden.
Die frühe Erkenntnis von den Problemen anderer Menschen und auch den Kleineren unter ihnen könne Kinder ermutigen, sich die ersten unternehmerischen Fragen zu stellen, so die US-Autorin. Beispielsweise: Müssen die Dinge wirklich so sein? Und: Wie kann ich es besser machen?
Das Scheitern Willkommen heißen
Nia Batts ist Unternehmerin und Investorin. Sie war Mitbegründerin eines Haar- und Schönheitssalon, der wegen der Covid-Pandemie schließen musste und vorher Mitarbeiterin in einem US-Medienkonzern. Ein Job den sie aufgab, um von Null erneut anzufangen – was sie auch nach der Schließung ihres Salons erneut tun musste. Als Margot Machel Bisnow sie fragte, wie sie den Mut aufbringen konnte, sagte sie, es läge daran, weil sie schon früh über die Erfolge des Scheiterns gelernt habe.
"Meine Mutter war Anwältin. Oft gewann sie, manchmal verlor sie aber auch. Ich erinnere mich außerdem daran, dass mein Vater oft fragte: 'Worin bist du heute gescheitert?' Das fragte er mich, als ich jung war und er mich zur Schule brachte oder abholte; oder als ich aufs College ging; und er fragte es mich noch öfter, als ich anfing zu arbeiten", so die junge Frau.
Anstatt zu versuchen, ihre Kinder vorm Scheitern zu schützen, hätten Nias Eltern es Willkommen geheißen und eine Umgebung geschaffen, in der es okay ist, zu scheitern. "Ich glaube, es war aufregend für meine Eltern, diesen Prozess mit mir wachsen zu sehen und zu sehen, dass ich die Lektion dabei lernte", so Nia. "Mein Vater hat mir beigebracht, dass wir in Wunden Talente finden können und im Scheitern die eigenen Möglichkeiten."
Die Kontrolle abgeben
Kinder brauchen oft Zeit, um ihren eigenen Weg zu finden. Denn in jedem Kinder- und Erwachsenenleben gibt es Momente, in denen unklar ist, wohin es gerade geht. Manche Eltern zweifeln dann daran, dass ihre Kinder es alleine schaffen können – doch Eltern von Unternehmer:innen gehen davon aus, dass sich ihr Nachwuchs einfach ausprobiert und es irgendwann schon klappen wird.
Der Grundgedanke: Das Kind anleiten, indem man folgt – und zwar dorthin, wo es hingehen will. Sich nicht einzumischen, gerade mit guten Absichten, kann allerdings schwer sein. Doch wenn wir Kindern die Zeit geben, um selbst die Lösung für ihre Probleme zu finden, kann das einen großen Effekt haben und ihnen zeigen, dass ihre Eltern auf ihre Entscheidungen vertrauen und an sie glauben.
Zuschauen und beobachten, was die Kleinen wollen, ist also der erste Schritt. Irgendwann mag sich dann zeigen, wo ihre Leidenschaft liegt, worin sie gut sind und vor allem, was sie glücklich macht. Talente entfalten sich oft selbst und wenn es soweit ist, können Eltern anfangen zu unterstützen.
US-Autorin Margot Machol Bisnow rät Eltern, ihren Kindern oft und klar zu sagen, wie stolz sie auf sie sind. Nämlich dafür, dass sie ihren eigenen Weg gehen. Das muss zwar nicht heißen, dass es die Karriere ist, die wir als Eltern für unsere Kinder im Kopf hatten. Doch immerhin ist es im besten Fall eine, die sie glücklich macht und erfüllt.
Verwendete Quelle: CNBC