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Geschwisterliebe So können Eltern die Beziehung zwischen Geschwistern fördern

Bruder und Schwester umarmen sich
© Photo-maxx / Adobe Stock
Sie sind Rivalen, Vorbilder und Verbündete: Geschwister haben eine einzigartige und lebenslange Beziehung zueinander. Eine, die immer zwischen Geschwisterliebe und Konkurrenzkampf schwankt. 6 Tipps, wie ihr das Verhältnis eurer Kinder positiv beeinflussen könnt!

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Aller Anfang ist schwer, das gilt auch für Geschwisterbeziehungen. Sobald das neue Baby auf der Welt ist, kämpft das Erstgeborene mit diesem um die Aufmerksamkeit von Mama und Papa. Geschwisterliebe ist dabei nicht unbedingt vorprogrammiert. Viel eher kommt es zur Eifersucht auf das Geschwisterkind, weil das nun plötzlich im Mittelpunkt des Interesses steht. Streit und Wutanfälle inklusive. Können Eltern die Beziehung zwischen Geschwistern fördern – oder bleibt das ein Wunschdenken?  

6 Tipps zur Stärkung der Geschwisterliebe

Natürlich haben es Eltern nicht allein in der Hand, wie sich die Beziehung zwischen Geschwistern entwickelt. Sie können jedoch einiges tun, um ein positives Miteinander zu fördern.

  1. Sich selbst den Druck rausnehmen: Auf Instagram oder Facebook strahlen uns Familien entgegen, bei denen scheinbar alles glatt läuft. Die älteren Geschwister lieben ihre jüngeren Brüder und Schwestern und spielen stundenlang in stiller Eintracht miteinander. Eine Momentaufnahme. Mit Sicherheit fliegen auch dort die Fetzen, sobald die Kamera aus ist. Ja, es gibt Familien, in denen die Geschwisterliebe bereits von Tag eins an überwiegt. Andere Familien finden sich hingegen erst allmählich in der neuen Konstellation zurecht – und das ältere Kind steht dem neuen Baby kritisch gegenüber. Eltern sollten sich selbst den Druck nehmen. Eure Kinder müssen sich nicht sofort lieben. Es ist in Ordnung, wenn sie sich streiten, und erst später im Leben zueinander finden.

  2. Vergleiche zwischen den Kindern vermeiden: Eltern tendieren dazu, ihre Kinder zu vergleichen. Warum schläft das zweite Kind noch nicht durch? Das erste Kind hat doch schon mit 18 Monaten durchgeschlafen. Und wieso macht der Kleine immer so ein Theater beim Zähneputzen? Die Große hat das doch auch nie gemacht. Sätze wie „Deine Schwester stellt sich bei XY nicht so an“ sind schnell dahingesagt, bei den Kindern hinterlassen sie jedoch einen bitteren Nachgeschmack. Dein Kind hört lediglich: Meine Schwester kann das besser als ich. Und sofort haben wir eine Konkurrenzsituation geschaffen, in der sich Geschwister als Rivalen betrachten.
  3. Alle ins gleiche Boot setzen: Kinder haben feine Antennen dafür, ob sie benachteiligt oder fair behandelt werden. Wenn Eltern ein Kind bevorzugen, kann das negative Konsequenzen auf die Beziehung der Geschwister haben. Denn die negativen Emotionen richten sich nicht gegen Mama und Papa, sondern meist gegen Bruder oder Schwester. Rudolf Dreikurs, ehemaliger Pädagoge und Psychologe, rät diesbezüglich: "Wir können die intensive Konkurrenz vermeiden, wenn wir die Kinder als Gruppe behandeln, indem wir sie sozusagen ins gleiche Boot setzen. (…) Alle Kinder als Einheit zu behandeln, richtet sich gegen den Geist der Konkurrenz, des moralischen Urteils und der persönlichen Bevorzugung."
  4. Aktiv Zeit miteinander verbringen: Wer gemeinsam Zeit mit seinen Kindern verbringt und sich aktiv am Spiel der Kinder beteiligt, fördert den Zusammenhalt unter Geschwistern. Und lernt seine Kinder besser kennen. "Wenn Eltern wach und fähig sind zuzuhören, können sie alle Arten von Dingen entdecken, die die Kinder interessieren und die mit Fantasie zu einer Angelegenheit der ganzen Familie werden", so Dreikurs. Denn: Durch Unternehmungen und Spiele entwickelt sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl, was zu sozialer Gleichwertigkeit führt. Und das wiederum schafft eine entspannte und harmonische Atmosphäre, insbesondere unter Geschwistern.
  5. Eigene Regeln für die Familie erstellen: Damit sich jeder gleichberechtigt fühlt, ist es sinnvoll, eigene Regeln innerhalb der Familie aufzustellen. Dabei ist es wichtig, dass Eltern ihren Kindern auch mit gutem Vorbild vorangehen. Wer nicht gerne teilt, kann auch nicht erwarten, dass seine Kinder untereinander teilen. Streitigkeiten über Spielzeug lassen sich zwar nicht per se vermeiden. Immerhin ist immer das Spielzeug interessant, was gerade der andere hat. Trotzdem ist es sinnvoll, klare Besitzverhältnisse unter den Geschwistern zu schaffen. So weiß jedes Kind, was ihm gehört – zumindest in der Theorie. Um eine lebenslange Geschwisterliebe aufzubauen, benötigt es zudem eines: ein respektvolles Miteinander. Hauen, Schubsen und an den Haaren ziehen sind ebenso verboten wie Beleidigungen. Eltern müssen klare Regeln aufstellen und zeigen, dass ein solches Benehmen Konsequenzen nach sich zieht.
  6. Exklusivzeit für jedes Kind einplanen: Für ältere Kinder ist es oft schwer, das neue Geschwisterkind willkommen zu heißen. Immerhin galt ihnen in den ersten Jahren als Einzelkind die volle Aufmerksamkeit und Fürsorge ihrer Eltern. Wenn ein Baby dazu kommt, müssen sie ihre Bedürfnisse zurückstellen und die gewohnte Exklusivzeit fehlt zunächst. Je älter die Geschwister aber werden, desto einfacher ist es für Eltern, wieder Exklusivzeit mit jedem Kind zu verbringen. Du fragst dich, inwiefern das die Geschwisterliebe fördern soll? Ganz einfach: Jedes Kind bekommt die uneingeschränkte Aufmerksamkeit von Mama oder Papa. In dem Wissen, dass sie ihre Eltern auch mal für sich allein haben, treten die Kinder weniger in Konkurrenz zueinander.

Geschwister als wichtige Ressource

Eltern haben somit einen wesentlichen Einfluss auf das Verhältnis ihrer Kinder. Doch auch die Geschwister selbst nehmen – wenn auch nicht immer explizit – Einfluss auf das Leben des oder der jeweils anderen. Die Geschwisterforschung hat sich in den vergangenen Jahren insbesondere mit Rivalitäten und Unterschieden beschäftigt. Neuere Untersuchungen legen den Fokus mehr auf das Verbindende.
Erziehungswissenschaftlerin InésBrock zeigt in ihrem Werk "Geschwister verstehen", welche Ressourcen in dieser einzigartigen Beziehung stecken. Ältere Geschwister gelten als Vorbilder, Bindungspersonen oder als "Konfliktlösungsexperten", nicht nur im Kleinkind- und Jugendalter. Kinder lernen eher unbewusst von ihren Geschwistern, indem sie sich Dinge abgucken – etwa wie sie mit Konflikten umgehen, sich ausdrücken oder ihre Bedürfnisse erfüllen.
"Es ist leichter, eine einfache Grammatik zu erlernen, wenn das Geschwister noch keine komplexen Satzkonstruktionen spricht. Es ist einfacher, von einem Vorschulkind rennen zu lernen, wenn dies selbst auch noch nicht so schnell und manchmal noch unsicher auf den Beinen ist," fasst Brock zusammen.
Insgesamt zeige die Forschung, dass das "Aufwachsen mit Geschwistern die Sprachentwicklung unterstützt, Em­pathie, Frustrationstoleranz und Resilienz stärkt und es Kindern erleichtert, Freundschaften zu knüpfen und zu pflegen." Außerdem wirke sich Geschwisterliebe positiv auf die körperliche und seelische Gesundheit aus.

Unterschiedliche Phasen im Leben

"Unsere längste nahe verwandtschaftliche Beziehung ist die zu unseren Brüdern und Schwestern", schreibt Brock.
Geschwister wachsen meist im gleichen sozialen und familiären Umfeld auf und entwickeln über die Jahre unterschiedliche Charaktere und Lebensstile. Natürlich wandelt sich auch die Geschwisterbeziehung im Laufe des Lebens. In der Kindheit sind Geschwister enge Vertraute, die sich unterstützen, oder aber auch Rivalen, die sich voneinander unterscheiden möchten. In dieser Phase verbringen die Geschwister wohl mehr Zeit miteinander als mit den Eltern.
"In der Pubertät wandeln sich die Interessen und die Gleichaltrigen und Freunde gewinnen an Bedeutung", erklärt Brock und führt aus: "Dennoch werden mehr emotionale Geheimnisse miteinander geteilt."
Sobald die ersten Geschwister schließlich ausziehen und ihren eigenen Lebensweg bestreiten, entstehen gemischte Gefühle. Trotz räumlicher Trennung fällt es schwer, sich wirklich abzulösen. Erst, wenn sie dann selbst Kinder haben und Onkel und Tante werden, rücken sie wieder näher aneinander. "Später verbindet die gemeinsame Sorge und Pflege der Eltern, und wenn diese gestorben sind, gewähren Geschwister die engsten biografischen Verknüpfungen", so Brock. Es entstünde häufig eine neue Verbundenheit, und eine neue Form der Geschwisterliebe.
Quellen:
Destatis.de: In Deutschland leben drei Viertel der Kinder mit ihren Geschwistern zusammen, Pressemitteilung

Inés Brock: "Geschwister ver­stehen. Professionelle Begleitung von Kindern und Erwachsenen", Reinhardt Verlag, 218 S.

Rudolf Dreikurs: „Kinder fordern uns heraus“, Klett Cotta, 368 S.

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