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Expertin gibt Rat Hilfe! Mein Kind ist mir peinlich – was tun?

Kleines Kind schreit Mutter im Supermarkt an
© AntonioDiaz / Adobe Stock
Manchmal könnten wir wegen unserer Kinder in Grund und Boden versinken. Familienratgeberin Masha Hell-Höflinger hat noch ein paar andere Ideen im Umgang mit tobenden, schlagenden oder beißenden Kindern.

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Wenn unser Kind im Supermarkt schreit, andere Kinder schubst oder mehr als peinliche Fragen stellt, könnten wir als Elternteile so manches Mal im Boden versinken. In solchen für uns stressigen Situationen reagieren wir nicht immer so, wie wir uns das wünschen würden.

Doch wie können wir anders in solchen Momenten reagieren, wie bleibt man als Elternteil ruhig und kann zum Kind vordringen? Familienratgeberin und Geschäftsführerin der Beziehungsakademie "SozialDynamik" Masha Hell-Höflinger nennt im Gespräch ein paar typische Situationen, in denen Eltern sich für ihre Kinder schämen, und erklärt, wie wir so mit ihnen umgehen, dass sich unser Kind gesehen fühlt und sein Verhalten nachhaltig ändert.

Weg von der Scham!

Viele Eltern neigen dazu, direkt zu schimpfen, wenn ihre Kinder andere Kinder hauen und beißen oder sich anderweitig nicht "richtig" verhalten. Und das hat klare Gründe, erklärt Hell-Höflinger:

"Wie wir Eltern in stressigen Situationen reagieren, ist oft geprägt durch unsere eigenen Erfahrungen. In früheren Generationen wurde oft nur durch Kontrolle, Drohen und Strafen erzogen. Darum neigen wir in schwierigen Situationen automatisch dazu, mit unserem Kind zu schimpfen, es anzuschreien, ihm zu drohen oder es in sein Zimmer zu schicken, wo es dann über sein Verhalten nachdenken soll."

All das würde aber niemanden weiterbringen: Das Kind wird sich nur abgelehnt und missverstanden fühlen, sein Verhalten auf diese Weise aber nicht ändern. Stattdessen entstehe das Gefühl "Ich bin nicht gut genug", was viele Menschen bis ins Erwachsenenalter mit sich herumtragen würden, so die Familiencoachin weiter. "Die Distanz zu den Eltern wird größer, das Vertrauen schwindet und somit auch unsere Möglichkeiten, auf das Kind einzuwirken."

Wie können wir es besser machen? Vor allem müssen wir weg von der Scham: "Wenn unser Kind sich schwierig verhält, müssen wir Eltern uns von unseren eigenen Gefühlen lösen. Wir spüren Scham, weil wir wissen, dass von dem Kind ein anderes Verhalten erwartet wird. Wir beziehen sein Verhalten auf uns und fühlen uns als schlechter Elternteil, weil das Kind in diesem Moment nicht den Erwartungen der Gesellschaft entspricht." 

Doch in diesem Moment ginge es nicht um uns und unsere Gefühle – sondern um die unseres Kindes. "Wir müssen hinschauen: Warum reagiert mein Kind jetzt gerade so? Was braucht es? Wie kann ich ihm helfen?" Wenn Eltern mit Liebe, Verständnis und passender Unterstützung reagieren, hätten sie eine bessere Chance, das Kind zu beruhigen und ihm zu vermitteln, wie es in Zukunft besser mit der jeweiligen Situation umgehen könnte, so Hell-Höflinger. 

3 Situationen, in denen wir uns als Eltern oft für unser Kind schämen

Die Familiencoachin zeigt drei alltägliche Beispiele auf, in denen wir uns womöglich für unser Kind schämen – und wie wir stattdessen mit der Situation umgehen könnten.

Das Kind brüllt im Supermarkt

Viele Eltern kennen diese Situation, die spätestens an der Supermarktkasse auftritt: Das Kind möchte etwas, wir möchten es dem Kind nicht geben, das Kind reagiert mit einem Wutanfall. "Das Kind will etwas, bekommt es aber nicht und braucht eine Möglichkeit, diese starken Gefühle auszuleben. Wir als Erwachsene brauchen die Fähigkeit der Selbstregulation", erklärt Hell-Höflinger. Und die würden wir eben durch Elternteile lernen, die ruhig bleiben, wenn ihr Kind brüllt und sagen: "Hey, ich verstehe, dass du gerade wütend bist, weil du etwas nicht bekommst. Das Brüllen wird nicht dazu führen, dass du das bekommst, was du willst, aber ich sehe, dass es dir schlecht geht, und ich stehe dir bei, bis das Gefühl vorbei geht."

Es sei wichtig zu verstehen, dass ein Kind in so einer Situation nicht über das eigene Verhalten reflektieren kann. Mit solchen Aussagen wie oben beschrieben würden wir in die Verbindung statt in die Kontrolle gehen, so die Expertin. "Das Kind braucht, dass jemand da ist, der:die ihm sagt: 'Dein Gefühl ist nicht falsch. Du bist nicht falsch. Das Gefühl ist stark, aber ich bin da.'" Dabei könne es auch helfen, das Kind aus der Situation zu nehmen, denn auch wir als Elternteil müssen auf uns achten: Wenn die Situation vollkommen ausartet und wir uns schämen, müssen wir das nicht aushalten, sondern können uns mit dem Kind ins Auto setzen.

"Du kannst als Elternteil bei dir und deiner Entscheidung bleiben und trotzdem deinem Kind nicht das Gefühl geben, dass es an dieser Stelle nicht gut genug ist", so die Familienberaterin. 

Das Kind haut, kratzt, beißt oder will nicht teilen

Kind auf dem Spielplatz
© VUSPhotography.com / Adobe Stock

Wenn Kinder aggressives Verhalten wie Hauen, Kratzen, Beißen oder den Unwillen zu teilen zeigen, stehen Eltern oft hilflos daneben. Laut Hell-Höflinger gibt es zwei Hauptgründe dafür: Entweder haben die Kinder noch keine besseren Bewältigungsstrategien gelernt – dann ist es Aufgabe der Eltern, ihnen solche beizubringen. Möchte ein Kind auf dem Spielplatz ein Spielzeug nicht teilen, haben Eltern schnell den Reflex, mit dem Kind zu schimpfen und es zum Teilen zu zwingen. Besser sei es, die Grenzen des Kindes zu akzeptzieren und eine andere Strategie zu vermitteln, indem man zum Beispiel sagt: "Es ist okay, wenn du heute dein Spielzeug nicht teilen möchtest. Du darfst Nein sagen, aber bitte höre auf zu schubsen. Du kannst Mama oder Papa um Hilfe bitten, dann holen wir dein Spielzeug zurück."

Aggressives Verhalten kann allerdings auch ein Zeichen dafür sein, dass in der Familie etwas nicht stimmt. Die Familienratgeberin erzählt von einem Fall, in dem eine Mutter sich wegen der Schwierigkeiten ihrer Tochter bei der Eingewöhnung in der Kita an sie wandte.Das Kind schlug und biss andere Kinder, obwohl die Erzieher:innen es ermahnten. Die Mutter erklärte, dass sie gerade den Vater des Kindes verlassen hatte und allein für die Tochter und die Miete aufkommen musste. Sie hatte keine andere Wahl, als sie in die Kita zu geben. "Es war also kein Wunder, dass das Kind sich so schwierig verhielt", erinnert sich die Coachin an diesen Fall. "Seine Welt war gerade zerbrochen, der Papa weg, die Mama 'schob es ab' in die Kita." Das Kind sei voller Verlustängste gewesen und hatte diese durch aggressives Verhalten in der Kita ausgedrückt. "Kinder haben noch keinen besseren Ausdruck, uns ihren Schmerz und ihre seelische Not zu zeigen." 

In solchen Momenten brauche das Kind keine Ermahnungen, sondern viel Sicherheit und Liebe, einen Ankerpunkt, an dem es sich festhalten kann. Wenn Mama und Papa das gerade nicht sein können, würden auch Pädagog:innen für Geborgenheit und Verständnis sorgen können, so die Familiencoachin.

"Mama, wie ist man denn schwul?" – und andere "peinliche" Fragen

Kinder sagen, was sie denken, sie fragen, was sie wissen möchten. Und dabei ist es ihnen egal, ob "man das so macht" oder nicht, ob Moment, Zeit oder Ort angebracht sind. Das ist eine tolle Eigenschaft, aber manchmal kann sie auch ganz schön unangenehm sein, wenn dein Kind auf einmal fragt: "Was bedeutet eigentlich 'f*cken'?"

"In solchen Situationen kannst du ganz entspannt reagieren und sagen: 'Über diese Frage muss ich erst einmal nachdenken, ich habe da direkt keine Antwort drauf. Wir sprechen später zu Hause darüber.'", rät Hell-Höflinger. Wichtig sei, dass man sich vom Gefühl der Peinlichkeit befreie, schließlich habe das Kind nichts falsch gemacht und würde einfach nur etwas lernen wollen.

Wenn das Kind auf eine Antwort beharrt und sich nicht ablenken lässt, könne man ihm erklären, dass man erst einmal darüber nachdenken müsse, wie man dem Nachwuchs das Ganze am besten erklären kann. Zu Hause könne man dann in kindgerechter Sprache erklären, was es wissen will. "Zu vielen dieser Themen gibt es großartige Bücher für Kinder, die uns helfen, solche Fragen gut zu beantworten", so die Expertin.

Nicht zögern, Hilfe von außen anzunehmen

Zuletzt rät sie zu den aufgeführten Punkten auf das eigene Bauchgefühl zu hören, wann man professionelle Hilfe hinzuziehen sollte. "Kein Mensch ist perfekt, wir können nicht alles wissen und wir müssen nicht alles allein schaffen." Wenn du als Elternteil das Gefühl hast, keinen Zugang mehr zu deinem Kind zu haben oder wenn dein Kind nur noch auf Durchzug schaltet, wenn du mit ihm sprichst, ist das ein eindeutiges Zeichen dafür, dass es Hilfe von außen braucht. 

"Ein:e erfahrene Erziehungsberater:in kann euch als Eltern bestimmt dabei helfen zu verstehen, warum ein bestimmtes Verhalten der Eltern ein problematisches Verhalten des Kindes auslöst und wie eine unglückliche Familiendynamik gestoppt werden kann. Wenn die Eltern die Familiendynamik verändern und lernen, eine bessere Kommunikation miteinander zu führen, wird das Kind reagieren und sich entsprechend anpassen".

Über Masha Hell-Höflinger

Familiencoachin Masha Hell-Höflinger
© SozialDynamik

Masha Hell-Höflinger ist Geschäftsführerin und Coachin der Beziehungsakademie SozialDynamik. Sie arbeitet mit Menschen und versucht hierbei, deren Trigger, Ängste und Blockaden zu erkennen und aufzulösen. SozialDynamik ist ein Unternehmen, das sich auf die Lösung von Beziehungsproblemen im Liebes-, Familien- und Berufsleben spezialisiert hat. Die Beziehungsakademie ist in Österreich, Deutschland und der Schweiz tätig.

csc ELTERN

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