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Mal in die Tüte gesprochen Care-Arbeit gleichberechtigt aufteilen – geht das?

Jessie Weiß und Baby Cleo
© Jessie Weiß
Jessie Weiß berichtet in ihrem Online-Magazin "Journelles" über ihre Familie, gibt Styling-Tipps und und empfiehlt ihre liebsten Lifestyle-Artikel. Vor fast sechs Monaten wurde sie zum dritten Mal Mutter: Auf ihre Söhne Levi (4) und Louis (2) folgte Baby Cleo. Wie Sie und Ihr Mann den Familien-Alltag meistern, erzählt sie im Interview mit ELTERN.de.

Jessie Weiß ist Journalistin, Moderatorin und Kreativ-Direktorin. Sie teilt Einblicke ihres Alltags auf Instagram und über 200.000 Menschen schauen ihr begeistert dabei zu. Beim Thema Rollenverteilung entsprechen Jessie und ihr Mann Johan keinem traditionellen Rollenbild: Sie teilen Care-Arbeit und Haushaltsaufgaben 50:50 auf.

Arbeitsteilung am Morgen ...

... vertreibt Schlaf und Sorgen! Bei der Weiß-Familie ist Teamwork gefragt, wenn alle pünktlich fertig werden wollen: "Unser Morgen besteht eigentlich daraus, die wilde Meute einzufangen." Jessies Söhne Levi und Louis haben beide Anfang November Geburtstag und werden fünf und drei Jahre alt. Beide gehen jeden Morgen zur Kita. Dieses Privileg weiß die Mutter sehr zu schätzen: "Wir gehören zu den Glücklichen, die noch keine Corona-Fälle hatten. In den letzten anderthalb Jahre hat alles gut geklappt, dadurch haben wir sogar eine Routine zu Hause."

Das mit dem gemeinsamen Aufstehen klappt allerdings noch nicht so ganz: "Wir stehen morgens ganz unterschiedlich auf. Mein Kleiner ist ganz gerne schon so um 6 Uhr morgens wach. Manchmal haben wir Glück und er schläft noch mal ein, meistens aber leider nicht. Dann machen mein Mann und Ich die Jungs abwechseln fertig: Frühstück, Anziehen, Zähneputzen und alles, was sonst noch so ansteht. Und Cleo, unser Baby, wacht irgendwann ganz harmlos auf. Wir setzten sie dann meistens in den Stuhl und sie kuckt zu, was die Jungs so treiben." 

Ehemann Johan bringt die Jungs dann zur Kita. 15 Jahre lang sind die beiden schon ein Paar – gestritten haben sie noch nie viel. Aber wenn es doch zur Diskussion kommt, sind die alltäglichen Probleme das Thema: "Es geht dann meistens darum, wer gerade schlechter geschlafen hat und wer mehr machen könnte: Also wer hat die Windeln öfter gewechselt oder die Spülmaschine weniger ausgeräumt. Wir nehmen aber alles immer mit Humor und wissen, dass es immer nur eine Phase ist." 

"Wir haben keine typische Rollenverteilung"

Die Familie Weiß wohnt in Berlin am Prenzlauer Berg. Die Rollenaufteilung in der Großstadt unterscheidet sich wohl von der auf dem Land: "Hier in Berlin sieht man schon immer viele Väter, die auch morgens mit den Kindern spazieren gehen. Mein Mann macht das ja schon seit einigen Jahren, hier ist es gar nicht mehr so ein großes Ding. Wenn wir hier mal gemeinsam unterwegs sind, sind wir die Ausnahme! Weil wir beide selbstständig arbeiten, haben wir das Privileg uns die Zeit frei einteilen zu können. Deshalb haben wir keine typische Rollenverteilung." Johan ist Musiker und kann dadurch viel Zeit mit den Kindern verbringen.

Man sagt ja manchmal, dass man eine gleichberechtigte Rollenverteilung an der Antwort dieser Frage erkennen kann: Welchen Namen ruft das Kind, wenn es hinfällt und sich wehtut? "Dann müsste ich sagen, dass wir ganz gleichberechtigt sind. Unser kleiner Louis fällt original zehn Mal am Tag hin. Er ist etwas tollpatschig. Welchen Namen er dann ruft, ist ganz situationsabhängig. Je nachdem, wer gerade in der Nähe ist."

Hochgelobte Väter – kritisierte Mütter

Die Arbeit der Mütter wird unterschätzt – bei einer aktuellen Umfrage von Elvie schätzen Väter den zeitlichen Aufwand der Mütter für das Füttern des Kindes auf drei Stunden, wobei er durchschnittlich fünf Stunden pro Tag beträgt. Aber nicht nur innerhalb der Familie sind manche Taten der Mamas unsichtbar – auch im sozialen Umfeld werden die Bemühungen der Elternteile oftmals mit zweierlei Maß gemessen: Was einen guten Vater auszeichnet, gilt bei der Mutter als Voraussetzung. Die Anforderungen, um gesellschaftlich als "toller Vater" zu gelten, scheinen dem zu gleichen, was für Mütter als selbstverständlich gilt: Windeln wechseln, auf den Spielplatz gehen und Zeit mit seinen Kindern zu verbringen.

Jessie Weiß steht durch ihre Instagram-Präsenz in der Öffentlichkeit. Ihre Follower kennen ihre "moderne" Auffassung von Familie: Es wird kaum hinterfragt, dass sie sich als Paar alle Aufgaben teilen. Bei ihrem ersten Sohn wäre das noch anders gewesen, als noch nicht so viele ihrer Follower Eltern geworden wären. Mittlerweile seien sie in einer Art Familien-Blase. Dass ihr Mann ebenso Care-Arbeit wie sie übernimmt, ist für beide selbstverständlich: "Wir machen alles schon ziemlich 50:50. Natürlich weiß mein Mann auch, wo die Kinder-Klamotten sind oder wo das Windel-Abo herkommt."

Eine gewisse Rollen-Aufteilung gibt es aber dennoch: "Trotzdem bin ich die, die mehr To-dos im Kopf hat. Ich arbeite gerne Sachen ab und es gehört bei mir einfach dazu, morgens aufzuräumen oder die Spülmaschine einzuräumen. Ich fühle mich dann einfach wohler in der Wohnung und kann besser arbeiten." Aber ist diese "Mental-Load-Liste" Frauen- oder Typ-Sache?

Hat es sich schon so in das Unterbewusstsein der Mütter gemogelt, dass man immer alles auf der Reihe hat? Oder liegt das vielleicht am natürlichen Mutter-Instinkt? Jessie sagt: "Ich würde da gar nicht zwischen Mann und Frau unterscheiden. Ich denke, es ist tatsächlich Typ-Sache." Trotzdem erzählt sie uns, dass sie in diesem Punkt ihrer Mutter sehr ähnelt: "Wenn meine Mama zu Besuch ist, sagt mein Mann immer, dass er jetzt weiß, woher ich das habe. Also, dass ich immer etwas zu tun haben muss und nicht still sitzen kann." Ihr Mann Johan würde die Dinge eher erst dann erledigen, wenn es wirklich notwendig wäre. Ihn störe eine dreckige Pfanne nicht wirklich, deswegen übernehme sie das dann immer. 

Auch wenn es bei Jessie Typ-Sache ist, wurden und werden noch immer viele Frauen mit der Verantwortung erzogen, dass es eigentlich sie sind, die sich als letzte Instanz um die Organisation von Haushalt und Kinder kümmern müssen. Auch wenn wir eigentlich längst wissen, dass Männer mehr als "Helfer" sein sollten, wenn die Rollenverteilung wirklich gleichberechtigt sein soll.

ELTERN

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