Täglicher SpagatMama nach Morgenwahnsinn endlich im Büro
Zurück im Job bedeutet: Die Kinder brauchen Betreuung. Ob Kita, Tagesmutter oder Oma und Opa ist Geschmacksache. Und Job bedeutet auch - jeden Morgen ein kleiner Abschied. Tut weh? Ja, schon. Oder? ELTERN online-Redakteurin Biona Schütt traut sich zu sagen, wie schön es ist, morgens die Kinder loszuwerden.

Es gibt Nächte, da frage ich mich, ob überhaupt gerade Nacht ist? Ab 3 Uhr stehen meine zwei Schlafräuber (Rixa 4 und Bela 3 Jahre alt) stündlich bei uns am Bett und fragen, ob es schon Morgen ist. Jetzt bloß nicht die Augen aufmachen. Die ersten drei Ab-zurück-ins-Bett-Einsätze fährt mein Mann. Um 6 Uhr kann ich nicht länger so tun, als würde ich noch schlafen, ich übernehme die nächsten beiden Retour-Runden. Logisch, um 7 Uhr, als der Wecker klingelt, schlafen die beiden tief und fest.

7 Uhr Ich stehe auf. Allein ins Bad. Herrlich. So bleibt genug Zeit für eine lange heiße Dusche, denn die ist jetzt wirklich nötig, um meinen verspannten Nacken nach der Nacht geschmeidig zu kriegen und mit Energie in den Morgen zu starten. Ein kleiner Luxus, dass ich mich erst mal alleine im Bad fertig machen kann, denn mein Mann hat sich auch noch mal umgedreht.

7:30 Uhr Jetzt muss der Trupp allmählich aus den Betten, sonst gibt es gleich beim Anziehen Gehetze. Meine Tochter kommt zwar aus dem Hochbett geklettert, kuschelt sich aber bei Papa noch mal ins Bett. Ich übernehme den Kleinen, der sich wie ein Äffchen auf meinem Arm festklammert. So süß! Und wie er noch ganz warm nach Schlaf duftet.

Die Klamotten habe ich am Abend vorher rausgesucht. Vorbereitung ist alles. Meistens spielen meine Süßen da mit und ziehen das an, was ich rausgelegt habe. Heute arbeitet Bela seine Trotzphase an dem T-Shirt ab: Das italienische Torwart-Trikot muss es sein. Die Kinder können sich alleine anziehen. Theoretisch. Und langsam. Bloß nicht hingucken. Bela sortiert seine Beinchen in die Hose, obwohl die Unterbüx noch neben ihm auf dem Boden liegt. An guten Tagen gebe ich ihm einen Tipp. An gehetzten schnappe ich ihn mir, Hose noch mal runter, Unterhose an, Hose drüber. Geschrei überhören.

Um 7:55 Uhr kommen auch mein Mann und Rixa endlich im Bad an. Ich bereite das Frühstück vor. Unsere Familie besteht dankenswerterweise aus Joghurt-Müsli-Junkies. Da ist schnell gedeckt. Leider lehnt Bela sein Lätzchen schon lange ab. Manno! Gerade droht ein Klecks Joghurt von seinem Löffel zu tropfen. „Bitte nicht auf Buffon, wir haben kein zweites Torwart-Outfit.“ Ich hole mir noch einen Kaffee. Da höre ich Bela leise sagen: "Oh, gepütschert.“ Ich atme ein, ich atme aus. Dann geht der Kleine eben mit fleckigem Shirt in die Kita. Wurscht, was Erzieherinnen und Mit-Mütter denken. Spätestens nach dem Mittagessen sähe es auch so aus.

Vater und Tochter holen auf, denn bis 8:15 Uhr muss das Frühstück beendet sein. Ich habe bereits mein Büro-Outfit an und begleite die kleine Karawane zum Waschbecken. Jetzt Vorsicht: Laufen lassen, kein Kind auf den Arm nehmen. Denn sonst kriegen meine Schultern Joghurt- und Schmierflecken ab.

Nächste Station Zähneputzen. Natürlich total wichtig und gut, wenn die Kinder auch das selber üben (Ich sag nur Selbstständigkeit). Ähnlich wie Anziehen kostet das „nur“ Zeit und Nerven. Albernes Geblubber mit Schaum im Mund bleibt mir nicht erspart. Endlich ist der Vorwaschgang von Kinderhand fertig und mein Mann und ich putzen noch mal nach. Verdammt, Zahnpasta auf meiner dunklen Hose!

8:25 Uhr Zielgerade. Wir vier stapeln uns im Flur und steigen ständig übereinander, um die jeweilige Mütze auf den richtigen Kopf zu setzen und an die eigenen Schuhe zu gelangen.

8:33 Uhr Geschafft, die Wohnungstür fällt zu und wir sind auf der Straße. „Ich habe die Wasserflaschen für die Kinder vergessen, geht schon mal vor.“ Sprint zurück in die Wohnung, Flaschen auswaschen, füllen und hinter dem Rest der Familie herrennen. Bloß nicht jetzt schon ins Schwitzen kommen. Bis zu Bushaltestelle habe ich den Trödeltrupp eingeholt. Mit etwas Glück gibt es noch zwei Sitzplätze für die Kinder im Bus – am Fenster natürlich. Nur noch ein Platz am Fenster frei? Kurzer Anstieg der Hitzewallungen beim Streitschlichten. Gut, wenn ich es jetzt noch schaffe, dass die Kinderschuhe nicht die Anzüge und Kostüme der anderen Fahrgäste berühren.

8:50 Uhr Ankunft Kita. Ist das warm hier! Gebetsmühlenartig wiederholen mein Mann und ich Sätze wie „zieh bitte die Jacke aus“, „wo sind deine Hausschuhe?“ und „du kannst gleich mit Rocko und Kemal Quatsch machen, wenn ihr in der Gruppe seid. Beeil Dich, ich muss los.“

Punkt 9 Uhr Abschiedskuss und keine Tränen - wunderbar. Zur Arbeit im Stechschritt. Spätestens jetzt bin ich verschwitzt. Aber wie herrlich ruhig ist es im Büro. Mein Rechner klebt nicht. Ich kann mir Kaffee holen, ohne dass einer mitwill. Ich kann aufs Klo, ohne lauthals zu besprechen, was ich da genau produziert habe. Ich kann telefonieren, ohne nebenbei dem Playmobil-Sanitäter eine Trage in die Hand zu friemeln. Ich mag meine Arbeit und tauche darin völlig ab. An die Kinder denke ich für mehrere Stunden einfach mal gar nicht.

Ab 15 Uhr freue ich mich auf meine zwei kleinen Chaoten. Und wenn sie mir in der Kita beim Wiedersehen um den Hals fallen und dabei die mit Banane beschmierten Finger an meiner Bluse abwischen, dann ist das eben so. Für heute haben wir es geschafft und morgen früh geht der kleine Wahnsinn von vorne los.