Ich war nie eine besonders gute Hausfrau. Nicht bevor ich Mutter wurde, und gewiss nicht danach. Jeden Tag irgendwas sauber zu machen, gehörte jahrelang nicht zu meiner täglichen Routine. Was auch nicht schlimm war: Das bisschen Haushalt, das bei uns anfiel, als wir noch keine Kinder hatten und den ganzen Tag aus dem Haus waren, konnten mein Mann und ich locker in einer fixen gemeinschaftlichen Wasch-und-Wisch-Aktion am Samstagnachmittag erledigen.
Mutter gleich Hausfrau?
Entsprechend schockiert war ich, was für ein Riesenthema unser Haushalt wurde, als wir unser erstes Kind bekamen. Die ungewaschene Wäsche stapelte sich in der Badewanne, das Geschirr türmte sich in der Spüle, und das Spielzeugchaos erstreckte sich bald über die ganze Wohnung. Der größte Schock aber war für mich, dass die meisten in unserem Umfeld automatisch davon auszugehen schienen, dass dieser Riesenberg an Extra-Arbeit künftig meine Aufgabe sei. Schließlich war ich die Mutter, und den ganzen Tag zu Hause.
Ich sah das anders. Sich ganztags um ein Baby zu kümmern, fand ich, war bereits ein Vollzeitjob. Außerdem nahm ich den Rat meiner Hebamme sehr ernst, mich immer dann auszuruhen, wenn das Baby ruhte. Wann hätte ich also was im Haushalt machen sollen? Klar, manchmal räumte ich mit der Kleinen im Tuch eine Spülmaschine ein. Aber ganz ehrlich: Besonders alltagspraktisch war das nicht. Spazierengehen ging viel besser. Und am Abend waren wir dann natürlich alle müde: mein Mann, unser Baby und ich. Da wollte auch keiner mehr Wäsche waschen.
Entsprechend wild sah es teilweise bei uns aus. Anfangs störte mich das nicht so sehr, aber nach und nach fühlte ich mich immer schuldiger. Irgendwas schien ich falsch zu machen. Eine gute Mutter zu sein, das schloss anscheinend doch irgendwelche Haushaltsqualitäten ein. Die ich nicht hatte. Beschämt hörte ich zu, wie die anderen Mütter sich darüber austauschten, wie man welche Flecken am besten wegbekam und wie eine gelungene Putzroutine aussähe. Besuchte ich andere Familien zu Hause, staunte ich über liebevoll gebügelte und gefaltete Babykleidung in hübschen Schubladen, blitzsaubere Böden und makellose Küchen – und fühlte mich immer schlechter.
Frieden mit dem Chaos schließen
In den darauffolgenden Jahren habe ich immer wieder versucht, haushaltstechnisch zu anderen Müttern aufzuschließen – mit mäßigem Erfolg. Denn auch wenn ich heute, wo wir vier Kinder haben, garantiert so viel Zeit und Kraft in unseren Haushalt stecke wie nie zuvor, ist es gefühlt dennoch nie genug – irgendwo verstecken sich immer dreckige Klamotten, stehen Töpfe in der Spüle, liegen Krümel auf dem Boden. Und dann stieß ich eines Tages auf den TikTok-Account einer Mutter, bei der es ähnlich aussieht. Und die ganz offen darüber spricht und schreibt, wie schwer es sein kann, mit kleinen Kindern einem halbwegs vorzeigbaren Haushalt zu führen, und was für ein krasser Druck in dieser Hinsicht oft gerade auf uns Müttern lastet. Die junge Frau hinter dem Account heißt KC Davis, ist Mutter zweier kleiner Kinder und Psychotherapeutin – und hat aus meiner Sicht das beste Haushaltsbuch überhaupt geschrieben. "Kopf über Wasser im Alltagschaos. Wie du mit deinem Haushalt und dir selbst Frieden schließt."
Darin erklärt sie, wie wichtig es ist, den Zustand des eigenen Haushalts nicht zur Messlatte für die eigenen Mutterqualitäten zu erklären – und auch den Selbstwert davon zu entkoppeln, wie es etwa in unserer Küche oder im Kinderzimmer aussieht. "Es ist nicht unser Job, unserem Zuhause zu dienen. Unser Zuhause hat den Job, uns zu dienen", wiederholt sie immer wieder, zusammen mit ihrem Leitsatz: "Alles, was du im Haushalt tust oder nicht tust, ist moralisch neutral. Es macht dich nicht zu einem besseren oder schlechteren Menschen. Entscheidend ist, dass du ein Zuhause hast, in dem es dir gut gehen kann."
Mit Davis’ Hilfe habe ich Stück für Stück aufgedröselt, welche Glaubenssätze hinter meinem Haushaltsstress stecken und wie ich sie loslassen und durch hilfreichere ersetzen kann. Wichtigster Meilenstein war dabei, sich von inneren Bildern zu lösen, die hübsch, aber unpraktisch sind. Und stattdessen pragmatische Lösungen zu wählen, die wirklich funktionieren. Simples Beispiel: Statt an mich den Anspruch zu haben, alle Kinderklamotten sorgsam gefaltet in die richtigen Schränke und Kommoden zu sortieren, hatten wir eine Zeit lang einen Familienschrank, mit je einer Schublade für alle Menschen, die ich tagtäglich anziehen musste, also meine beiden jüngsten Kinder und mich selbst. Die Klamotten in diesem Schrank waren oft nur grob sortiert, nicht ordentlich gefaltet, gebügelt sowieso nicht. Aber sie waren sauber, und sie waren da, wo ich sie brauchte, um morgens gut in den Tag zu starten.
"Der Anfangspunkt eines jeden angenehmen Zuhauses ist ein liebevoller, großzügiger Umgang mit uns selbst", sagt KC Davis dazu, und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass das stimmt. Unser Wert als Mutter, unser Wert als Mensch lässt sich exakt gar nicht am Zustand unseres Haushalts ablesen. Und wir dürfen es uns, wo immer es geht, so leicht wie möglich machen in unserem Zuhause. Denn ganz ehrlich: Kinderhaben ist auch ohne Bügelwäsche schon anstrengend genug.
Nora Imlau
... schreibt als freie Autorin für ELTERN, sie hat einen erfolgreichen Blog (nora-imlau.de) und viel Erfolg mit Bestsellern wie "So viel Freude, so viel Wut", Kösel, 20 Euro, oder "Mein Familienkompass", Ullstein, 22,99 Euro.