Jj Link, ausgesprochen "Jay-Jay" (der Name steht für Jjs Vor- und Nachnamen Jasmin Janosch) ist nicht-binär – und das ist für manche Menschen erst einmal eine Herausforderung. Denn unser binäres Geschlechtssystem kennt, wie die Bezeichnung schon andeutet, genau zwei Geschlechter: männlich und weiblich. Menschen wie Jj sehen sich aber selbst weder als das eine noch das andere.
Jj hat zwei Kinder im Alter von zehn und 13 Jahren. Im Interview erzählt Jj vom Finden der passenden Worte für die eigene Geschlechtsidentität und warum Kinder bei queeren Themen nicht die große Herausforderung sind – sondern die Erwachsenen.
Nicht-Binarität ist vielen Menschen noch unbekannt
"Eine Besonderheit bei der Nicht-Binarität ist, dass viele Menschen das nicht kennen und dass sich jemand als 'weder noch' oder als 'dazwischen' oder 'beides' bezeichnet, ist erst einmal ungewohnt", sagt Jj. Jj hat mit der Zeit einen guten Weg gefunden, die eigene Geschlechtsidentität sicher und schnell zu erklären, sollte sie im Gespräch zum Thema werden. "Je sicherer man mit solchen Erklärungen ist, desto leichter schlucken die anderen Leute auch, was ich sagen möchte", hat Jj gelernt. Damit soll der "Moment des Erschreckens", in dem Leute merken, dass sie mit Herr oder Frau Link im Gespräch nicht weiterkommen, möglichst kurz gehalten werden. "Ich sage dann: 'Hallo, mein Name ist Jj. Ich habe 35 Jahre als Jasmin gelebt, so lautet meine E-Mail-Adresse auch noch, ich benutze den Namen aber nicht mehr, sondern würde mich freuen, wenn Sie Jj zu mir sagen.'"
"Zwischendurch nannten meine Kinder mich Mamosch"
Für Menschen wie Jj hat die deutsche Sprache keine Bezeichnungen: keine Pronomen wie "er" oder "sie", keine etablierten Geschlechtsbezeichnungen wie "Herr" oder "Frau" und auch keine Bezeichnung wie "Mama" oder "Papa". Nicht-binäre Menschen existieren in der deutschen Sprache schlicht noch nicht.
Also gilt es, selbst kreativ zu werden. "Mit meinen Kindern bin ich bei 'Mama' geblieben, zumindest meistens. Das waren wir alle einfach so gewohnt." Zwischenzeitlich haben sich die Familienmitglieder an "Mamosch" versucht, einer Mischung aus Jjs zweitem Wunsch-Vornamen und "Mama" – das habe sich dann aber doch nicht wirklich etabliert.
Jj macht seit sieben Jahren eine Transition, nimmt Hormone und hat sich die Brust flach operieren lassen. "Ich mache eine Transition von einem weiblich gelesenen Menschen zu einem nicht-binären Menschen", erklärt Jj. Hierdurch sieht Jj – wenn man denn bei den binären Kategorien bleiben möchte – tendenziell eher männlich aus, was mit den Kindern auch zu unterhaltsamen Situationen führt: "Ich finde es ein bisschen witzig, wenn in einer Gruppe augenscheinlich nur Männer stehen, aber eines meiner Kinder 'Mama!' ruft und ich mich umdrehe."
Kinder sind offen, bis sich misstrauische Erwachsene dazugesellen
In Jjs Familie ist die Nicht-Binarität kein großes Thema: "Ich habe meinen Kindern gar nicht so wahnsinnig viel dazu erklärt, dass ich nicht-binär bin. Kinder sind es ja gewohnt, dass Eltern ihnen die Welt erklären. Wenn meine Eltern mir als Kind erklärt hätten, dass es männliche, weibliche und nicht-binäre Menschen gibt, dann hätte ich das genau so hingenommen."
Stattdessen hat Jj eher versucht, den Erwachsenen im Umfeld der eigenen Kinder zu erklären, was es mit Nicht-Binarität auf sich hat, denn: "Erst, wenn andere Erwachsene ein Drama aus etwas machen, wird es für die Kinder auch ein Drama." Jj sei sich darüber im Klaren, dass die Nicht-Binarität etwas Besonderes sei, "aber ich glaube, wenn Kinder ein grundsätzliches Verständnis dafür haben, dass Menschen verschieden sind und alle ihre Besonderheiten haben, dann können sie damit auch gut umgehen."
Wichtig sei es, Kindern auch zu erklären, dass nicht alle Menschen sich Themen wie Nicht-Binarität vorstellen können oder gar kennen würden – und dass es sicherlich Menschen gebe, die sich darüber wundern würden. "Es kommt eben nicht so oft vor", weiß Jj. Umso wichtiger sei es aber, darauf aufmerksam zu machen, denn Nicht-Binarität ist eine Lebensrealität wie jede andere auch.