Eben noch warst du gut drauf und hast dich auf den Tag mit deiner Familie gefreut. Dann begann dein:e Partner:in wieder über die Unordnung zu meckern und fuhr die Kinder an, weil sie sich nicht schnell genug anzogen. Innerhalb weniger Minuten brodelt sie auch in deinem Inneren: die schlechte Laune. Und die gemaßregelten Kinder machen ihrem Stress durch anhaltendes Schreien und Weinen Luft. Muss das sein? Wir haben bei der Psychologin Elisabeth Raffauf nachgefragt, was du tun kannst, um nicht von der schlechten Laune anderer angesteckt zu werden. Sie hat das Buch "Erzieht uns einfach. Was Kinder und Jugendliche von ihren Eltern brauchen" geschrieben und jahrelang in der Erziehungsberatung gearbeitet.
ELTERN: Im Familienalltag führt eins zum anderen: Die Kinder quengeln, der:die Partner:in motzt – und ehe man sich versieht, ist man selbst genervt. Ist schlechte Laune automatisch ansteckend oder kann ich etwas tun, um mich davor zu schützen?
Elisabeth Raffauf: Es kommt drauf an. Darauf, wie ich selbst gerade drauf bin. Darauf, warum die Anderen schlechte Laune haben und ob ich dafür Verständnis habe. Also: Schlechte Laune ist nicht per se ansteckend. Wenn ich verstehe, dass mein Partner gerade Stress mit seiner Mutter hat oder die Kinder Ärger in der Schule und ich selbst eigentlich "im Lot" bin, dann kann ich ihnen das zeigen und ihnen helfen, da raus zu kommen. Wenn ich aber das Gefühl habe, die lassen ihre schlechte Laune an mir aus, meckern an mir herum und meinen das persönlich, dann werde ich eher selbst mit schlechter Laune reagieren.
Wie reagiert man am besten auf ständige Meckereien des:der Partners:Partnerin?
In zwei Richtungen: Einerseits mit ihm in einem ruhigen Moment sprechen und fragen, was denn eigentlich los ist. Wofür steht die schlechte Laune? Was ist das Problem dahinter? Vielleicht geht es nicht um die Schuhe, die im Flur rumliegen, sondern darum, dass er sich zu wenig beachtet fühlt oder dass er noch an einer Kränkung aus der letzten Woche knabbert. Das zu finden, ist sehr hilfreich. Dann kann man darüber reden und das möglicherweise aus der Welt schaffen. Das zweite ist natürlich: Sich abgrenzen. "Du, ich möchte nicht, dass du so mit mir redest." Oder sagen: "Komm, wir gehen beide mal 'ne Runde um den Block und dann kommen wir nochmal neu rein."
Wir sollten unseren Partner:in so annehmen, wie er:sie ist. Muss man also auch die ständige schlechte Laune akzeptieren?
Nein, das muss man nicht. Es ist wichtig, sie zu klären und auch zu sagen, was das mit einem macht: "Es gibt mir das Gefühl, dass du mich nicht mehr magst oder mich als Mülleimer benutzt. Das kränkt mich." Also zeigen, wie man selbst empfindet, wenn er sich so verhält.
Was ist zu tun, wenn ein Elternteil die eigene schlechte Laune an den Kindern auslässt?
Kinder haben dann oft das Gefühl, dass es an ihnen liegt. Dass mit ihnen etwas falsch ist. Ältere Kinder können theoretisch sagen, was das mit ihnen macht. Je nachdem welches Verhältnis sie zu ihren Eltern haben, können sie fragen: "Was ist los?" oder sagen, dass es sie belastet, wenn die Eltern ständig meckern.
Als Eltern sollte man seine schlechte Laune nach Möglichkeit woanders auslassen, bei anderen Erwachsenen oder im Wald. Wenn man aber doch seine Kinder mit seiner schlechten Laune belastet hat, ist es hilfreich, sich am Abend dafür zu entschuldigen und den Kindern zu sagen: "Es tut mir leid. Es liegt nicht an dir. Ich habe so einen Ärger bei der Arbeit" oder "Ich weiß selbst nicht, was heute mit mir los ist."
Haben Sie Tipps und Tricks, um im Alltag gelassener zu bleiben und seltener in die Schlechte-Laune-Abwärtspirale zu rutschen?
Das Thema aufgreifen, es nicht immer wieder bekämpfen, sondern es bei den "Hörnern" packen. Wenn in der Familie Dinge immer wieder nerven, ist es gut, sich zusammenzusetzen und alle zu fragen: "Wer braucht was in der Familie, damit es ihm gut geht?"
Zu guter Letzt: Welches sind Ihre wichtigsten Tipps für mehr gute Laune in der Familie?
- Die schlechte Laune nicht persönlich nehmen.
- Einfach mal einen Tee oder einen leckeren Happen oder auch einen Witz anbieten.
- Sich gegebenenfalls mal zurückziehen und den anderen mit seiner schlechten Laune sich selbst regulieren lassen.
- Wenn sprechen nicht geht, ein Zeichen geben: Eine Umarmung, eine Rose auf dem Schreibtisch, ein Stück Schokolade auf dem Kopfkissen oder ein Zettelchen mit einem netten, aufmunternden Satz
Vielen Dank für das Gespräch!