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Selbstbestimmtheit Warum du deinen Kindern nicht beibringen solltest, Leute zu umarmen

Brünettes Mädchen umarmt ihre Oma
© fizkes / Shutterstock
Oma und Opa sind in der Stadt und sollen zur Freude aller von den Enkelkindern umarmt werden? Bitte nicht! Warum du deinem Kind dadurch mehr schadest, als du denkst, liest du hier.

Natürlich empfinden die wenigsten Eltern Unbehagen dabei, ihren Kindern zu sagen, dass sie Oma und Opa umarmen sollen, wenn diese zu Besuch kommen – immerhin mögen die Großeltern die Kinder und andersherum. Das gilt auch für gute Freund:innen oder andere, gemochte Familienmitglieder. Aber was genau ist daran dann so problematisch?

Die Kontrolle über den eigenen Körper

Als Eltern sein Kind ständig zu bitten, andere – vor allem Erwachsene – zu umarmen, kann der Entwicklung des Körpergefühls und der körperlichen Selbstbestimmtheit schaden. Es entsteht also eher ein Zwang, statt aus freien Stücken umarmen zu wollen. Die Körperlichkeit ist nicht unbedingt freiwillig, sondern wird eingefordert, weil sie zum guten Ton gehört und als höfliche Geste zählt. Und das kann den kleinen Schätzen schaden.

Die amerikanische Kinderpsychiaterin Dr. Lea Lis erklärt dies folgendermaßen: "Es sollte Kindern erlaubt sein, eine körperliche Selbstbestimmtheit zu entwickeln." Was bedeutet das konkret? Kinder sollten selbst die Entscheidung darüber haben, ob, wann und wen sie umarmen oder sich umarmen lassen – und das schon von Anfang an in jungen Jahren. Ihnen helfe das auch später als Teenager, die Kontrolle über ihren Körper zu haben und selbstbewusst genug zu sein, "Nein" zu sagen. Wenn dein Kind gern andere Menschen umarmt und das ganz ohne Bitte, dies zu tun, ist das etwas anderes. 

Eigenständig Grenzen setzen

Schlimmstenfalls könne der Zwang, jemanden wider den eigenen Wunsch umarmen zu müssen, in Abneigung körperlicher Zuneigung oder sogar einer Sozialphobie ausufern, erklärt Dr. Siggie Cohen, Psychologin für kindliche Entwicklung. Kinder sollen selbst lernen und entscheiden, wann sie jemanden umarmen wollen – ganz aus der eigenen Motivation heraus. Dein Kind sollte sich wohl dabei fühlen, jemanden zu umarmen und diese Entscheidung selbst fällen dürfen. "Diese Entscheidung ist eng verbunden mit der angeborenen Persönlichkeit, dem Geselligkeitsgrad und der persönlichen Vorliebe. Diese Faktoren entwickeln und verändern sich im Laufe der Zeit, wenn das Kind wächst…", fährt Cohen fort. Nur so kann dein Kind erfahren, wo seine oder ihre Grenze ist, wann es sich öffnen und wann es "Nein" sagen will.

Außerdem ist das Thema Umarmungen in Pandemiezeiten sowieso ein sehr heikles. Aber auch abgesehen von Corona ist es wichtig, Kindern zu vermitteln, dass sie selbst entscheiden, ob, wann und wenn sie umarmen. So entwickeln sie ein Gefühl der Selbstbestimmtheit.

So könnt ihr stattdessen handeln

Ein ganz schönes Dilemma. Immerhin will man die Gefühle der Großeltern, Freund:innen oder anderer nicht verletzen – aber dennoch ist es wichtig, dein Kind selbst entscheiden zu lassen. Das muss nicht gleich bedeuten, dass Familienmitglieder oder auch Freund:innen um Erlaubnis fragen müssen, ob sie dein Kind umarmen dürfen. Vielleicht könnt ihr die Situation aber durch einen der folgenden Vorschläge entzerren:

  • Vielleicht lieber High Five geben oder einen Handshake machen?
  • Ein herzliches "Hallo" reicht doch eigentlich auch.
  • Schöne Geste: den Gästen die Jacken abnehmen oder sie schon einmal hereinführen (verdeutlicht Freude über Besuch auch ohne Körperkontakt).

Stehe als Vertrauensperson für Kind ein, wenn Verwandte oder Freund:innen körperliche Zuwendung einfordern: "Nein, XY möchte dich jetzt nicht umarmen, und das ist auch okay so." oder "XY braucht noch ein bisschen Zeit, um sich an dich zu gewöhnen. Sie/er kommt dann auf dich zu, wenn sie/er so weit ist." Signalisiere deinem Kind auch, dass du es unterstützt, wenn es selbst Grenzen setzt in Bezug auf körperliche Interaktion mit anderen. So gibst du ihr oder ihm den nötigen Raum, selbst zu entscheiden, ob und wann sie oder er Zuneigung zeigen will. Das zu kommunizieren, erfordert sicherlich ein klein wenig Übung und Feingefühl, lohnt sich aber auf lange Sicht. Wichtig ist dabei nur, einen höflichen und wohlwollenden Ton zu wählen.

Verwendete Quelle: "Stop Telling Your Kids to Hug People, Say Experts", online erschienen auf purewow.com 

lha ELTERN

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