Kindern fällt es häufig schwer, über peinliche Situationen oder bedrückende Augenblicke in ihrem Leben zu reden, da sie die Ereignisse noch nicht richtig in Worte fassen und negative Gefühle nicht einordnen können. Auch wenn das Problem nicht groß ist, sondern dein Kind vielleicht nur ein Spielzeug verloren hat, kann sich die Trauer in diesem Moment sehr schwer anfühlen.
Wenn wir als Elternteil dann bemerken, dass unser Kind etwas bedrückt, ist es fast unmöglich, nicht nachzuhaken. Fragen wir, was los ist, und es hat keine richtige Antwort parat, versuchen wir durch weitere Fragen die Antworten aus unserem Kind herauszulocken. Dadurch kann sich dein Nachwuchs aber überfordert fühlen und findet erst recht keine Antwort. Deshalb ist es wichtig, dass dein Kind früh lernt: Verschiedene Gefühle sind da, und sie sind ok.
4 Tipps, wie du deinem Kind durch negative Erfahrungen hilfst
1. Erfahrungen teilen
Für Kinder ist es wichtig, dass sie sich in einem Umfeld befinden, in dem eine offene Kommunikation stattfindet. Kinder brauchen einen aktiven Austausch mit ihren Eltern, damit sie lernen, über Erlebnisse im Kindergarten, der Schule oder bei Hobbys zu sprechen, die sie selbst als peinlich oder negativ wahrnehmen. Es geht nicht nur darum, dadurch eine engere Vertrauensbasis zu ihren Eltern aufzubauen, sondern auch darum, dass sie sehr früh lernen, verschiedene Perspektiven zu sehen.
Die Mutter oder der Vater können hier eigene Erfahrungen teilen, aber auch Großeltern und Geschwister zu Rate ziehen. Durch die Meinungen und Perspektiven mehrerer Personen lernt das Kind, dass es nicht alleine mit seinen alltäglichen Schwierigkeiten und Herausforderungen ist. So kann es viel offener und bewusster auf andere Menschen zugehen, indem es versteht, dass wir alle sehr ähnliche Erfahrungen machen.
2. Die Gefühle einordnen
Durch Fragen wie "Kann es sein, dass du Angst hattest?" oder "Warst du in dem Moment wütend?" können wir Kindern dabei helfen, ihre Gefühle schneller einzuordnen. Indem wir laut aussprechen, welcher Gemütszustand der Auslöser sein könnte, erleichtern wir das Verständnis des Kindes für die jeweilige Situation. Durch Sprache verdeutlichen wir das Gefühl, und unsere Kleinsten können eine Verknüpfung dazu erzeugen.
Auch Erklärungen für die Gefühle können deinem Nachwuchs weiterhelfen. Zum Beispiel, indem du sagst: "Du warst wütend, weil du nicht das neue Spielzeug haben durftest" oder "Du hast dich darüber geärgert, dass du nicht länger bei Oma bleiben durftest." Damit liefern wir direkt eine Erklärung und legen den Ursprung des Ärgers dar, sodass dein Kind die Situation besser verarbeiten kann. Durch die detaillierte Umschreibung der Situationen verstehen die Kleinen die erlebten Erfahrungen besser und lernen, das neue Wissen für zukünftige Erfahrungen zu nutzen.
Deshalb hilft es auch, mit deinem Kind darüber zu sprechen, was diese Erlebnisse in ihm:ihr ausgelöst haben. Fragen wie "Wie möchtest du in Zukunft mit deiner Wut umgehen?" oder "Was hat dir dieser Moment gezeigt?" bieten kleine Anstöße. Natürlich sind die Fragen nicht so leicht zu beantworten, aber du adressierst damit das Problem und kannst dem Kind Lösungsvorschläge anbieten. So wissen die Kleinen auch in Zukunft, wie sie am besten damit umgehen können.
3. Eine negative Erfahrung ist nicht nur negativ
Wir kennen das nur zu gut: Über negative Ereignisse schweigen wir gerne mal – zumindest, wenn sie uns selbst widerfahren. Bei uns sollte doch schließlich auch immer alles gut sein, wenn es bei anderen Menschen ebenfalls der Fall ist, oder? In den sozialen Medien wird oft genau dieses Bild gezeichnet. Die Personen teilen hier ihre schönsten und positivsten Momente, negative Gefühle und Augenblicke finden nur sehr selten Raum.
Das Schweigen über diese Erlebnisse beeinflusst auch die Kinder, und wenn wir es ihnen so vorleben, sorgt das für mehr Druck. Sie bekommen nämlich das Gefühl, dass negative Erlebnisse, wie etwa ein peinlicher Moment in der Schule, nicht angesprochen werden dürfen. Das kann dazu führen, dass sie sich selbst verschließen und glauben, mit ihren Problemen alleine zu sein.
Es ist wichtig, negative Gefühle wie Angst, Wut und Trauer zu erkennen, um diese überhaupt zulassen zu können. Wenn wir unseren Kindern erklären, dass negative Erlebnisse zum Leben gehören und wir immer wieder Phasen erleben werden, in denen wir traurig oder wütend sind, werden sie die einzelnen Erfahrungen besser einordnen können. Es geht darum zu verdeutlichen, dass wir aus Herausforderungen lernen und sie besser handhaben können, wenn wir sie laut aussprechen.
4. Erinnerungen schulen
Sprich mit deinem Kind über Erinnerungen und lass es ganz bewusst an Orte und Situationen zurückkehren. Ein entfernter und reflektierter Blick darauf kann unterstützend wirken und lässt es erkennen, dass beispielsweise die Wut über die Hausaufgaben am Ende gar nicht so schlimm war. Durch das Erinnern und Aufarbeiten der Erlebnisse lernen Kinder, für sich selbst einzustehen, und sehen ihre Erfahrungen in einem anderen Licht.
Das soll bedeuten, dass sie es besser nachvollziehen können, wenn sie zum Beispiel wütend darüber sind, dass sie vor dem Abendessen nichts mehr naschen dürfen oder wenn Mama ihnen verbietet, länger aufzubleiben. Die Psychologinnen Amy Bird und Elaine Reese erklären in der Studie "Emotional reminiscing and the development often an autobiographical self", dass Kinder, die lernen, mit Erinnerungen umzugehen und aktiv mit ihren Eltern reden, besser darin sind, Gefühle auszudrücken und dadurch kommunikativer und offener werden.
Verwendete Quellen: psychologytoday.com, researchgate.net