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Gesetzeslücke Gesa und Verena dürfen nicht beide “Mutter” sein

Zwei Mütter mit ihrem Kind
© Julian Stratenschulte/dpa/picture alliance
Die homosexuelle Ehe ist seit 2017 in Deutschland gesetzlich erlaubt. Doch eine beidseitige Elternschaft ist für gleichgeschlechtliche Paare bisher nicht möglich. Gesa Teichert-Akkermann und Verena Akkermann wollen dagegen angehen und klagen vor Gericht. Sie wollen eine Reform des Abstammungsrechts.

In einem kleinen Ort nahe Hildesheim führt die dreiköpfige Familie Gesa und Verena sowie Töchterchen Paula ein normales Leben. Also fast. Denn frei und bedingungslos akzeptiert fühlt sich die Familie in ihrem scheinbar unbeschwerten Leben nicht.

Der Grund ist eine Lücke im Gesetz der Ehe für alle. Als lesbisches Paar wird ihnen eine beidseitige Mutterschaft nicht gewährt – und dass, obwohl mehr als 90 Prozent aller Kinder in Regenbogenfamilien bei zwei Müttern leben.
Als sogenannte Co-Mutter muss Verena das Kind, nach der aktuellen Gesetzeslage, als Stiefkind adoptieren. Dieses Verfahren unterscheidet sich zur Regelung für heterosexuelle Paare, wobei der Ehemann sogar dann automatisch als Vater eingetragen wird, wenn er nicht mal der biologische Vater ist.

"Meine Frau ist keine Stiefmutter. Wir sind seit mehr als zwanzig Jahren zusammen, wir haben uns gemeinsam für das Kind entschieden, wir haben den ersten Herzschlag gemeinsam gehört." – das betont die Gesa als leibliche Mutter im Gespräch mit dem tagesspiegel.

In der Gesetzeslücke sehen die Frauen ein Angriff gegenüber gleichgeschlechtlicher Paare. Der Staat signalisiere klar, dass er diese Art von Familienkonstellation nicht bedingungslos akzeptiere. Laut Gesa Teichert-Akkermann sei dies eine "krasse Diskriminierung und Abwertung". Für Gesa war es damals eine politische Entscheidung gewesen, die Stiefkindadoption abzulehnen und für ihr Recht zu kämpfen.

Im Bekanntenkreis, im Dorf und bei der Arbeit zeigen sich die Leute empört. Auch die Gesellschaft für Freiheitsrechte unterstützt die beiden und betont, dass die Benachteiligung gleichgeschlechtlichen Eltern primär eine Last für die Kinder sei. Paula habe vor Gesetz nur Gesa als Mutter. Gegenüber Verena als zweite Mutter habe sie somit keinen Anspruch auf Unterhalt, Versorgung oder Erbe.
 
Einen ersten großen Erfolg können die beiden Frauen bereits verbuchen. Das Oberlandesgericht Celle verwies Gesas und Verenas Fall an das Bundesverfassungsgericht. Denn die Richter:innen halten die aktuellen Regelungen im Abstammungsrecht zur Elternschaft für verfassungswidrig. Wie der Rechtsstreit ausgeht, ist derzeit aber noch ungewiss. 

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