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Bildung Studien sorgen erneut für Wirbel

Gleich mehrere Studien zum deutschen Bildungssystem wurden jetzt veröffentlicht: Während der Bildungsmonitor 2008 jedes Bundesland nach Faktoren wie Kinderbetreuung, Schulerfolg oder Hochschul-Absolventen bewertet, verweist die Hans-Böckler-Stiftung auf die Unterfinanzierung des deutschen Bildungswesens. Doch was sagt eine solche Studie den Eltern?

Hat Sachsen das beste Bildungssystem Deutschlands?

Bislang galt vor allem der Süden der Republik als unangefochtener Spitzenreiter in Sachen Bildung. Beim Bildungsmonitor 2008 dagegen landete Sachsen erneut auf dem ersten Platz. In allen Untersuchungsfeldern der jetzt veröffentlichten Studie erreichte Sachsen nach Angaben der Autoren sehr gute oder gute Ergebnisse. Besonderes Lob erhielt die Ausbildung in Fächern wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.

Welches Bundesland ist Top, welches Flop?

Hier das gesamte Ranking:

  1. Sachsen
  2. Baden-Württemberg
  3. Thüringen
  4. Bayern
  5. Niedersachsen
  6. Saalrand
  7. Hamburg
  8. Bremen
  9. Rheinland-Pfalz
  10. Sachsen-Anhalt
  11. Berlin
  12. Hessen
  13. Schleswig-Holstein
  14. Brandenburg
  15. Nordrhein-Westfalen
  16. Mecklenburg-Vorpommern

Wo ergeben sich die deutlichsten Unterschiede?

Zwar steht Sachsen zusammen mit Baden-Württemberg, Thüringen und Bayern mit großem Abstand an der Spitze. Trotzdem lohnt sich ein Blick auf die Details: So ist etwa Thüringen bei den Bildungsausgaben pro Kopf, verglichen mit den Pro-Kopf-Gesamtausgaben, Spitzenreiter, gefolgt von Bayern. Letzter ist hier Berlin, das im Gesamtranking Platz 11 belegt.

Dafür schneidet Berlin bei den Betreuungsbedingungen mit Platz 4 gut ab. Auch hier liegt Thüringen vorn. Den letzten Platz belegt hingegen Nordrhein-Westfalen.

Spitze ist Berlin bei der Förderinfrastruktur, die Auskunft über ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote sowie das Ausbildungsniveau des Personals in der Kinderbetreuung gibt. Hier liegt das in Sachen Bildung doch eigentlich stets als Vorbild gepriesene Bayern auf dem letzten Platz.

Bei der Schulqualität, in die Ergebnisse der Studien PISA und IGLU einflossen, ist Bayern hingegen Spitzenreiter vor Sachsen. Schlusslicht ist Bremen.

Wie steht es insgesamt um die Bildung in Deutschland?

Insgesamt bescheinigen die Autoren des Bildungsmonitors den Bundesländern eine Verbesserung ihrer Bildungssysteme. Die größten Fortschritte erkannten sie beim Fremdsprachen-Unterricht: Demnach würden beispielsweise zwei von drei Grundschülern heute bereits Englisch oder Französisch lernen. Außerdem habe sich durch die vielerorts bereits praktizierte frühere Einschulung sowie die Einführung der Bachelor-Studiengänge die Schul- und Studiendauer verkürzt.

Daneben verweisen sie jedoch auch auf "deutliche Schwächen" des deutschen Bildungssystems: Die Ganztagsbetreuung an Kindertagesstätten und Schulen etwa ist ihrer Meinung nach deutlich ausbaufähig. In einigen Bundesländern würden gerade mal zwei Prozent aller Grundschüler und acht Prozent aller Kinder zwischen drei und sechs Jahren ganztätig betreut. Ausnahmen gäbe es nur bei den ostdeutschen Bundesländern. So besuchen im Bildungsmonitor-Spitzenreiterland Sachsen 66 Prozent aller Grundschüler eine Ganztagseinrichtung, im drittplatzierten Thüringen sind es 63 Prozent.

Damit nicht genug, kritisierte die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung in einer weiteren, zeitgleich veröffentlichten Studie die Unterfinanzierung des deutschen Bildungssystems. Studienautor Roman Jaich bezifferte in Berlin bei der Vorstellung der Untersuchung die Finanzlücke auf fast 30 Milliarden Euro, allein an den allgemeinbildenden Schulen fehlten rund fünf Milliarden Euro. Claus Matecki, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) forderte angesichts dieser Ergebnisse einen "finanziellen Kraftakt", um Deutschland bildungspolitisch wieder nach vorne zu bringen. So seien etwa für die Betreuung von Kindern im Vorschulalter der Untersuchung zufolge jährlich rund 8,9 Milliarden nötig. Einmalige Investitionen zum Beispiel für neue Schulgebäude kämen noch hinzu.

Wie wird der Bildungsmonitor überhaupt erstellt?

Hessische Regierung: Studie operiert mit fünf Jahre alten Daten!

Der in diesem Jahr zum fünften Mal erhobene Bildungsmonitor der arbeitgebernahen Initiative für neue soziale Marktwirtschaft (INSM) vergleicht die Bildungssysteme aller 16 Bundesländer. Bewertet werden dabei unter anderem die Kinderbetreuung, die Größe von Schulklassen, die Zahl der Abschlüsse von Schülern, die Studiendauer oder die Höhe der öffentlichen Gelder für die Bildung. Die Zahlen stammen überwiegend von den Statistischen Landesämtern, daneben fließen jedoch auch Daten aus internationalen Studien wie PISA ein. Nach Angaben der INSM stammt ein Großteil der Informationen aus dem Jahr 2006.

Genau an diesem Punkt entzündet sich jedoch auch die Kritik der gescholtenen Länder – beispielsweise Hessen, das im Vergleich zum letzten Bildungsmonitor zwei Plätze einbüßte und auf dem zwölften Platz landete. Kritikpunkt der INSM: In Hessen habe sich im Bereich Bildung seit 2007 nicht mehr viel bewegt. Die Landesregierung warf den Autoren der Studie "Beliebigkeit" vor. Die Methodik des Bildungsmonitors sei wie in den Jahren zuvor "problematisch". So operiere die Studie teilweise mit bis zu fünf Jahre alten Daten.

Zudem habe noch im Mai dieses Jahres das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der INSM Hessens Bildungspolitik gute Noten erteilt. Dass man nun bei der ebenfalls vom IW im Auftrag der INSM erstellten Studie auf einem hinteren Platz gelandet sei, sei "verwunderlich", sagte die Sprecherin des Kultusministeriums. Im "Politik-Check Schule" vom Mai 2008 stehe noch, "Hessen gehört zur Spitzengruppe", zitierte die Sprecherin aus der früheren Studie.

Wie denken Sie über Bildungsmonitor & Co.?

Egal, ob PISA, OECD-Bericht oder Bildungsmonitor - wie aussagekräftig sind solche Studien für die Familien in den jeweiligen Bundesländern? Machen Sie als Eltern sich angesichts solcher Veröffentlichungen Sorgen über die Zukunft Ihres Kindes? Käme es für Sie unter Umständen in Frage, um des Schulerfolgs willen tatsächlich in ein anderes Bundesland zu ziehen? Oder haben Sie das Gefühl, angesichts fast wöchentlich neuer Erhebungen eher abzustumpfen, zumal man eh’ nichts dran ändern kann? Stimmen Sie ab!

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