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Fahrradfahren lernen ist eine große Herausforderung für unsere Kinder: Es erfordert Konzentration, Körperbeherrschung, Gleichgewichtssinn und Koordination. Aber es lohnt sich! Denn ist die erste Fahrt mit dem Zweirad allein geglückt, steht ihnen eine ganz neue Welt der Fortbewegung offen. Wie ihr eure Kinder auf diesem Weg unterstützen könnt, worauf es beim Kauf von Kinderrädern zu achten gilt und warum Stützräder keine gute Idee sind, erfahrt ihr hier!
Ab wann können Kinder Fahrradfahren lernen?
Die meisten Kinder beginnen in einem Alter zwischen drei und vier Jahren, Fahrradfahren zu lernen. Es gibt aber kein festes oder vorgeschriebenes Alter, ab dem Kinder damit beginnen können oder sollten. Vielmehr kommt es darauf an, ob sie die zum Radfahren nötigen motorischen Voraussetzungen erfüllen. Gleichzeitig zu lenken und zu treten ist eine herausfordernde Koordinationsarbeit und einige Kinder sind dazu eher, andere später fähig. Wie so oft, folgt hier jedes Kind seinem eigenen Entwicklungstempo.
Ein guter Hinweis darauf, dass eure Kinder bereit zum Fahrradfahren lernen ist: Sie sind sicher mit dem Laufrad unterwegs und stellen während der Fahrt die Füße auf das Trittbrett. Wenn sie so das Gleichgewicht halten können, könnten sie bereit zum Radfahren sein. Das Fahren mit dem Laufrad (und auch dem Roller) ist also eine gute Übung für das spätere Fahrradfahren: Es schult den Gleichgewichtssinn und die Koordinationsfähigkeit. Wichtig: Setzt euren Kindern auch auf Laufrad oder Roller immer einen Fahrradhelm auf!
In unserem Laufrad-Test findet ihr die besten Modelle.
Wie findet man das passende Kinderfahrrad?
Bevor es mit den ersten Fahrübungen losgeht, benötigt ihr ein passendes und sicheres Kinderrad. Passend meint: Die Fahrradgröße muss zur Größe eurer Kinder passen. Lasst euch in einem Fachgeschäft beraten, welche Fahrradgröße eure Kinder benötigen, und bittet sie, Probe zu sitzen. Nicht zu empfehlen ist ein Kinderfahrrad, in das eure Kinder noch „hineinwachsen“ müssen – auch wenn dieser Gedanke bei den Preisen für Fahrräder verständlich ist. Ein schlecht passendes Zweirad erschwert euren Kinder das Fahrradfahren lernen und kann ihnen schnell den Spaß am Radeln verderben. Tipp: Fahrräder, bei denen sich die Sattelhöhe und die Lenkerhöhe verstellen lassen, passen aber in der Regel für einen längeren Zeitraum.
Achtet zudem darauf, dass eure Kinder problemlos an die Bremsgriffe der Handbremsen kommt und der Lenkerabstand nicht zu groß oder zu klein ist. Empfehlenswert für den Start sind zudem Fahrräder mit einem tiefen Einstieg – sie erleichtern zu Beginn ein schnelles Absteigen bei einem drohenden Sturz. Die Sattelhöhe sollte zudem eher niedrig sein: Für kleine Anfänger:innen ist es sicherer, wenn sie beide Füße zu Beginn noch auf den Boden stellen können und der Sattel tief eingestellt ist. Ebenfalls empfehlenswert ist ein Aufprallschutz am Lenker: Er verhindert, dass eure Kinder bei einem Sturz ungebremst gegen das harte Material des Fahrrads stoßen.
Sollen euere Kinder – sobald sie sicher fahren können – auch im allgemeinen Straßenverkehr mit dem Fahrrad unterwegs sein, braucht ihr für ein verkehrssicheres Kinderfahrrad zudem Reflektoren, Schutzbleche und eine Klingel. Außerdem wichtig: ein passender Fahrradhelm! Lasst euch auch hierzu am besten in einem Fachgeschäft beraten.
Tipp: Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub gibt in dieser Broschüre weitere Hinweise für den Kauf eines Kinderfahrrads in der richtigen Fahrradgröße und zeigt, wie ihr die korrekte Sattel- und Lenkerhöhe selbst einstellen könnt. Und hier findet ihr unseren großen Kinderfahrrad-Vergleich 2023.
Sind Stützräder beim Fahrradfahren lernen sinnvoll?
Stützräder kennen viele von euch sicher noch aus der eigenen Kindheit. Heute wird von den stützenden Extra-Rädern allerdings abgeraten und sie werden sogar als kontraproduktiv beim Fahrradfahren lernen eingeschätzt. Das liegt zum einen daran, dass sie die Entwicklung des Gleichgewichtssinns ausbremsen, der beim Radfahren unabdingbar ist. Zum anderen verfälschen sie das Kurvengefühl eurer Kinder. Durch die Stützräder werden sie sich beim Kurvenfahren eher nach außen als nach innen lehnen. Nehmt ihr die Räder später wieder ab, muss sich euer Nachwuchs dann wieder umgewöhnen. Außerdem können eure Kinder mit den Stützrädern am Kantstein hängen bleiben, was das Sturzrisiko erhöht.
Wenn eure Kinder bereits sicher mit dem Laufrad fahren können, wären Stützräder sogar ein Rückschritt: Ihr Gleichgewicht ist schon gut geschult und sie brauchen keine abstützenden Räder. Alles in allem bieten Stützräder keinen Vorteil beim Fahrradfahren lernen.
10 Tipps: So bringt ihr euren Kindern das Radfahren bei
Sind eure Kinder motiviert und motorisch bereit, steht dem ersten Versuch auf dem Fahrrad nichts mehr im Wege. Wir haben Tipps zum Fahrradfahren lernen für euch zusammengestellt:
- Geeigneten Übungsort finden: Sucht euch einen ruhigen Ort, an dem wenig Fußgänger:innen und andere Radfahrer:innen unterwegs sind. Und auch der Gehweg an einer viel befahrenen Straße ist nicht zu empfehlen – wählt lieber eine verkehrsfreie Stelle für die ersten Übungsrunden. Ideal sind Feldwege sowie leere Park- oder Sportplätze. Aber auch Parks, in denen wenig los ist, oder ein eigener Innenhof sind gut geeignet. Wichtig: Zu Beginn lieber einen ebenerdigen Untergrund wählen.
- Bedienung des Zweirads erklären: Wie funktioniert die Bremse und wozu sind die Pedale da? Erklärt euren Kindern vor dem ersten Fahrversuch, wie ein Fahrrad funktioniert. Lasst es die Bremse ausprobieren, dreht an den Rädern und bewegt die Pedale.
- Der erste Fahrversuch: Haltet eure Kinder leicht an den Schultern oder am Rücken fest und greift nicht an den Lenker. So müssen sie ihr Gleichgewicht selbst halten, bekommen aber von euch Sicherheit vermittelt. Jetzt können die Kleinen anfangen, zu treten. Wichtig hierbei: Stützen, aber nicht schieben! Eure Kinder sollen allein treten lernen und ein Gefühl dafür entwickeln, wie sie die Geschwindigkeit beeinflussen können.
- Die richtige Blickrichtung: Achtet darauf, dass eure Kinder nach vorn schauen. Gerade zu Beginn neigen die Kleinen dazu, erstaunt auf die Pedale zu blicken oder sich nach allen Seiten umzuschauen.
- Verlässlich unterstützen: Eure Kinder müssen sich auf euch verlassen können. Lasst sie daher nicht unangekündigt los und vermeidet ein plötzliches Anschubsen.
- Das erste Loslassen: Können eure Kinder das Treten und Lenken koordinieren, könnt ihr – nach Ankündigung – die Hände von ihren Schultern lösen. Lauft dabei neben eurem Nachwuchs her und bekräftigt ihn darin, weiter zu treten. Wenn ein Sturz droht, könnt ihr so schnell eingreifen. Aber: Habt keine Panik vor dem Hinfallen – das wird sich nicht vermeiden lassen. Und bei den zunächst niedrigen Geschwindigkeiten und der geringen Fallhöhe ist das Verletzungsrisiko überschaubar – sofern eure Kinder einen Helm tragen!
- Bremsen üben: Fahren eure Kinder selbstständig, übt das Bremsen mit Handbremse und Rücktrittbremse. Dafür könnt ihr neben euren Kindern herlaufen und sie auf ein Kommando hin zum Bremsen auffordern. Sind eure Kinder bereits sicherer im Radfahren, könnt ihr auch einen kleinen Hindernisparcours aufbauen oder Stopp-Linien mit Kreide auf den Boden zeichnen.
- Anfahren lernen: Das selbstständige Anfahren bereitet vielen Kindern zu Beginn Schwierigkeiten: Häufig können die Kleinen zwar schon recht sicher allein fahren, benötigen aber noch konstante Starthilfe. Von Anfang an richtig macht ihr es, wenn ihr eure Kinder beim Losfahren nicht anschiebt, sondern sie besser nur leicht anschubst. So müssen die Kleinen sofort selbst treten und lernen, sich beim Start auszubalancieren. Lauft zur Sicherheit nebenher, so könnt ihr gegebenenfalls eingreifen.
- Kurven perfektionieren: Eure Kinder können selbstständig fahren und bremsen? Dann könnt ihr ins Feintuning gehen und das Kurvenfahren üben. Hierzu könnt ihr wieder mit Hindernissen (Steine, Stöcke, Hütchen) arbeiten oder mit Kreide einen Parcours aufzeichnen. Achtet darauf, in den Übungsrunden gleichermaßen linke und rechte Kurven zu trainieren.
- Bleibt geduldig: Es ist noch kein:e Meister:in vom Himmel gefallen. Und auch beim Fahrradfahren lernen gilt: üben, üben, üben! Wenn eure Kinder jedoch selbst den Mut und die Lust verlieren, pausiert das Training lieber ein paar Tage und wartet, bis eure Kinder von selbst wieder den Wunsch äußern. Sind die Kleinen unmotiviert, fehlt ihnen vermutlich auch die Konzentration – und dann endet das Üben schnell in Frust auf beiden Seiten.
Übungen für Fortgeschrittene: Vorbereitung für den Straßenverkehr
Bevor ihr euch mit euren Kindern aus dem verkehrsarmen Schutzraum wagt, können gezielte Übungen als Vorbereitung auf die Herausforderungen im Straßenverkehr dienen. Wichtige Fähigkeiten, die eure Kleinen vor einer Fahrt auf einem öffentlichen Radweg oder Gehweg beherrschen sollten, sind:
- sicheres und zielgenaues Bremsen
- eigenständiges Umfahren von Hindernissen
- das richtige Abschätzen von Entfernungen und Abständen
- Geradeausfahren ohne große Schlenker
- sicheres Auf- und Absteigen
- Reagieren auf Zuruf
- der Schulterblick
- sicheres Abbiegen und Kurvenfahren
Hier findet ihr spielerische Ideen, mit denen ihr diese Fähigkeiten gezielt trainieren könnt.
Tipp: Es gibt mancherorts auch spezielle Radfahrschulen, die Kindern den richtigen Umgang im Straßenverkehr beibringen. Sinnvoll können solche Angebote vor allem dann sein, wenn ihr nicht häufig mit dem Fahrrad unterwegs seid, eure Kinder aber auf die Fahrradprüfung in der Grundschule vorbereiten möchtet.
Wann können Kinder im Straßenverkehr Radfahren?
Wann euer Nachwuchs bereit für den öffentlichen Straßenverkehr ist, lässt sich pauschal nicht sagen. Laut Allgemeinem Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) sind die meisten Kinder dazu ab einem Alter von 6 Jahren in der Lage. Wichtig ist, dass ihr als Eltern mit euren Kindern das korrekte Verhalten als Verkehrsteilnehmer:in übt. Das Fahrradfahren lernen hört also nicht mit der ersten selbstständigen Fahrt auf, sondern geht mit der allgemeinen Verkehrserziehung weiter. Übrigens: Bis zu einem Alter von 10 Jahren dürfen Kinder laut Deutscher Verkehrswacht mit ihrem Fahrrad auf dem Gehweg fahren; erst danach gelten für sie die allgemeinen Radverkehrsregelungen.
Behaltet vor der ersten Fahrt außerhalb des Schutzraumes stets im Kopf: Kinder verfügen nicht über dieselben Reaktionsfähigkeiten wie Erwachsene und nehmen ihre Umgebung anders als die Großen wahr. Daher ist es wichtig, dass sie Möglichkeiten zum Üben bekommen und nach und nach lernen, wie sie in bestimmten Situationen am besten reagieren. Nehmt euch Zeit, die Gegebenheiten im öffentlichen Raum mit euren Kindern kennenzulernen und geht mit gutem Beispiel voran. Wenn ihr selbst als Radfahrer:innen unterwegs seid, werden sich eure Kinder an eurem Verhalten orientieren und so konstant sicherer in ihrem eigenen Fahrverhalten.
Hier kommen unsere Tipps für ein sicheres Üben im Straßenverkehr:
- Wählt für die ersten Versuche eine eher ruhige Straße.
- Fahrt leicht versetzt zur Straße hinter euren Kindern, um so überholende Autos abzuschirmen.
- Überlasst euren Kindern – wenn möglich – eigene Entscheidungen: Muss ich hier bremsen? Muss ich hier langsamer fahren? Darf ich hier überholen? Greift nur im Notfall oder wenn eure Kinder sich grundlegend falsch entschieden haben, korrigierend ein.
- Stoppt an sehr gefährlichen Stellen und erklärt euren Kindern, wie sie sich hier am besten verhalten können und wo die Gefahr lauert.
Noch mehr Informationen: Für ältere Kinder, die allein mit dem Fahrrad in die Schule fahren, hat der ADFC eine umfangreiche Tipp-Sammlung zusammengestellt.
Quellen:
- Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V.: Kinderfahrräder, zuletzt aufgerufen am 27.01.2023.
- Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V.: Radfahrübungen im Schonraum, zuletzt aufgerufen am 27.01.2023.
- Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V.: Mit dem Rad zur Schule, zuletzt aufgerufen am 27.01.2023.
- Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V.: Gemeinsam durch den Straßenverkehr, zuletzt aufgerufen am 27.01.2023.
- Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V.: So lernen Kinder richtig Radfahren, zuletzt aufgerufen am 27.01.2023.
- Deutsche Verkehrswacht: Radfahren lernen, zuletzt aufgerufen am 27.01.2023.