Es gibt sie seit etwa 16 Millionen Jahren: Igel. Dass sie heute zunehmend auf unsere Hilfe angewiesen sind, hat viele Gründe: Parasiten und Umweltgifte machen ihnen das Leben schwer. Straßen, Bebauung und Kiesgärten nehmen ihnen Lebensraum. Seit über 30 Jahren ist deshalb Ursula Orsinger im Igel-Dienst: Sie nennt sich selbst die Igel-Tante und als Mitglied des Vereins "Pro Igel" rettet und pflegt sie die kleinen Stacheltiere auch. Besonders gern allerdings geht sie in Schulen und erzählt den Mädchen und Jungen, wie auch sie helfen können: "Kinder lieben diese niedlichen Tiere, sie hören mir ganz genau zu. Und erklären dann mit Leidenschaft ihren Eltern, weshalb zum Beispiel ein Mäh-Roboter im Garten keine so gute Idee ist."
Natürlich gibt es noch viel mehr zu beachten, für alle, die einen Igel adoptieren wollen. Wir haben deshalb hier zusammen mit der Igel-Tante mal fünf wichtige Fragen und Antworten zusammengestellt.
Warum sollten wir kleine Igel schon im – oft noch warmen – Spätsommer nach drinnen holen?
Igel kommen zwischen Juli und Oktober zur Welt. Sobald sie selbst fressen können und zwischen 180 und 200 Gramm wiegen, zieht sich ihre Mutter aus dem Nest zurück. Die kleinen Igel laufen dann auf der Suche nach Futter in der Umgebung herum. Bis zum Einbruch des Winters werden manche es allerdings nicht schaffen, auf ein Gewicht von 700 Gramm zu kommen. Aber das brauchen sie, um genug Energiereserven für den Winterschlaf zu haben. Aus einem Wurf von sieben Babys überleben so normalerweise zwei. Falls niemand die Kleinen findet, hereinholt, wärmt und füttert, werden sie die kalte Jahreszeit nicht überleben. Vor allem, wenn ihr tagsüber einem Igel begegnet, holt ihr ihn am besten sofort ins Haus. Denn da kann etwas nicht stimmen, weil Igel normalerweise nachtaktiv sind. Außerdem: Ein Jungigel kommt selten allein. Wer ein Tier gefunden hat, schaut sich am besten auch nach seinen Geschwistern um. Und natürlich gibt es auch erwachsene Igel, die dringend Asyl brauchen, weil sie krank oder verletzt sind.
Jetzt steht also die ganze Familie um den Igel herum. Wie gehts weiter?
Als Erstes, ganz wichtig: Prüft die Temperatur des Igels. Fühlt er sich kälter an als die eigene Hand, ist erste Hilfe gefragt. Am besten setzt ihr das Tier auf eine gefüllte Wärmflasche, die ihr vorher mit einem Tuch umwickelt habt. Der Igel muss dabei von der Flasche herunterkrabbeln können, falls ihm zu heiß ist. Oder ihr legt warme Flaschen, die ihr in ein Tuch gewickelt habt, links und rechts neben den Igel. Hat er es schön warm oder ist er sowieso recht lebendig, kontaktiert ihr am besten eine Igel-Station (Adressen im Netz). Das ist oft besser als einen Tierarzt anzurufen, der meist kein Experte in Sachen Igel ist. Auf jeden Fall braucht ihr Unterstützung! Äußere Parasiten wie Fliegeneier und Maden könnt – und solltet! – ihr sofort entfernen. Dafür könnt ihr eine harte Zahnbürste oder – falls vorhanden – einen Floh-Kamm verwenden. Die Behandlung von Innenparasiten überlasst ihr besser den Leuten von der Igel-Station.
Wenn man Helfer kontaktiert hat und der Igel aussieht, als könnte er Appetit haben, was bietet man ihm an?
Igel sind Fleischfresser. Ein hochwertiges Katzen- oder Hundefutter, vorzugsweise mit Huhn – aber ohne Soße und Gelee –, ist die beste Wahl. Ihr könnt das Fleisch auch gut mit Rührei mischen. Zu trinken mag der Igel Wasser – Milch ist schädlich für ihn. Äpfel und Bananen sind bestenfalls ein Leckerli und als Träger für Medikamente geeignet. Beides bitte nicht musen, sondern in sehr kleine Stücke schnibbeln, damit keine Rückstände auf oder in der Igelnase zurückbleiben, denn er putzt sie nicht. Und auch im Garten keine Regenwürmer ausgraben. Die mag der Igel zwar, aber sie übertragen weitere Parasiten.
Und was, wenn der Igel allen so ans Herz gewachsen ist, dass man ihn jetzt bei sich aufnehmen will?
Der Igel braucht einen möglichst großen ausbruchsicheren Karton. Den könnt ihr mit Reklameblättchen auslegen, denn diese haben eine wasserabweisende Beschichtung. Der Rest eines PVC-Bodens ist auch geeignet, und dann kommt eine Schicht Zeitungspapier darüber – kein Heu oder Stroh, denn daran kann der Igel sich böse verschlucken, und es schiebt sich zwischen seine Stacheln. Ihr könnt auch ein eigenes Gehege für den neuen Mitbewohner bauen. Wichtig ist, dass er ein separates Schlaf- und Klohäuschen in dem großen Karton hat. Das Schlafhaus füllt ihr mit zerknülltem Küchenpapier oder weichen Stofffetzen, die ihr allerdings auch waschen solltet, wenn ihr sie nicht wie das Papier entsorgt. Habt ihr mehrere Baby-Igel gefunden, können diese – wie in der Natur – in einem Nest leben. Ab etwa 200 Gramm solltet ihr sie aber nach Geschlechtern trennen und ab 400 Gramm wohnen Igel am besten separat, sonst gibts Zoff!
Wann macht so ein Igel eigentlich Winterschlaf?
Für die Vorbereitung auf den Winterschlaf haltet ihr als frischgebackene Igel-Eltern am besten Rücksprache mit einer Igel-Station. Die Tiere sind ab etwa 700 Gramm für den energiesparenden Winterschlaf gerüstet. Weil Igel dieser Größe Einzelgänger sind, braucht jeder dafür eine eigene Kiste inklusive Schlaf- und Klohäuschen. Diese kommt dann in einen Raum, in dem die Temperatur nicht höher als 10 Grad ist. Keller sind also nur dann geeignet, wenn sie nicht geheizt sind. Balkon oder Terrasse sind eine Alternative. Für den Fall, dass der Igel zwischendurch aufwacht – und das tut er in der Regel –, stellt ihr ihm Trockenfutter für Katzenbabys und Wasser bereit. Und dann schaut ihr am besten alle zwei Tage nach, ob noch alles in Ordnung ist. So lange, bis die Igel im April, spätestens Anfang Mai aufwachen.
Übrigens
Igelmütter sind immer alleinerziehend – der Vater verlässt das Igelweibchen direkt nach der Paarung. Familienidylle mit Igelmutter, Igelvater und Igelkindern gibts leider nur in Bilderbüchern. Sorry.