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Wenn dein Kind wieder einmal keine Einladung zum Geburtstag bekommt, andere Kinder es nicht mitspielen lassen, und es morgens verzweifelt brüllt: "Ich will nicht in den Kindergarten!" oder "Ich will nicht in die Schule!", bist du als Elternteil alarmiert. Und emotional betroffen, denn ein ständig niedergeschlagenes oder höchst reizbares Kind zu Hause zu haben, ist kein Spaß.
Schon im Kindergarten, erst recht aber in der Schule ist soziale Ausgrenzung ein Thema, mit dem sich viele Familien auseinandersetzen müssen. Sie ist schmerzhaft für Kinder und Eltern gleichermaßen, Gefühle wie Ärger, Scham und Traurigkeit wollen bewältigt werden.
Was dein Kind in diesem Fall braucht, ist liebevolle Begleitung, um das Geschehen einzuordnen und gestärkt daraus hervorzugehen.
Chance für mehr Widerstandskraft
"Für Eltern ist es wichtig, ihrem Kind aktiv zuzuhören, seine Gefühle zu bestätigen und die Erfahrung des Ausgeschlossenseins zu normalisieren", schreibt die Verhaltenspsychologin Jennifer Keluskar auf "Psychology Today". "Kinder können widerstandsfähiger werden, indem sie Bewältigungs- und Sozialkompetenzen erlernen, sich interessanten Gruppen anschließen und Empathie für andere zeigen."
Es sei möglich, die schmerzhafte Situation in eine Lerngelegenheit zu verwandeln, indem Eltern mit dem Kind konstruktive Gespräche führten. Wie das gelingt, zeigen wir dir mit den folgenden Tipps.
Bewahre Ruhe, lasst euch Zeit
"Wenn dein Kind negativ auf Gesprächsversuche reagiert, gib ihm Zeit und Raum und komme später auf das Thema zurück", sagt Psychologin Keluskar. "Versichere deinem Kind, dass du da bist, um zuzuhören, wenn es bereit ist." Hilfreich ist es auch, wenn du selbst Ruhe bewahrst und dir bewusst machst, dass du erst einmal nicht mehr tun kannst, als für dein Kind da zu sein. Schenke ihm Nähe und Aufmerksamkeit, das ist schon eine Menge.
Halte dich mit schnellen Lösungen zurück
Versuche, dein Kind nicht sofort mit Lösungsvorschlägen zu überschütten. Das könne es unter Druck setzen und die Botschaft senden, dass es sich um ein dringendes Problem handele, das sofort beseitigt werden müsse, so die Psychologin. Das könnte das Gefühl verstärken, dass soziale Ausgrenzung etwas ist, das gefürchtet und vermieden werden muss.
Viel hilfreicher ist es, wenn du deinem Kind die Botschaft sendest, dass es in der Lage ist, Herausforderungen zu meistern. Und ihr Lösungsschritte ganz in Ruhe angeht.
Erlaube wilde Gefühle
Zuhause ist der Ort, wo angestaute Emotionen fließen dürfen. Bevor dein Kind bereit für Lösungen ist, muss es seine Gefühle durchleben, um sich zu befreien und die Erlebnisse zu verarbeiten. Erlaube deinem Kind, dabei laut zu werden. Zeige ihm, dass du es mit allen Gefühlen annimmst und es keine Ablehnung von dir zu befürchten hat.
Erforsche und benenne Bedürfnisse
Gehe mit Feingefühl vor, sobald ihr im Gespräch seid. Versuche, dich mit Bewertungen und Schuldzuweisungen zurückzuhalten. Hilfreich ist es, Fragen zu stellen und die Bedürfnisse deines Kindes zu spiegeln: "Hast du heute die Pause ganz alleine verbracht? Hat dich das traurig gemacht, weil du mitspielen wolltest? Du möchtest auch zur Gruppe gehören, oder?"
Gib deinem Kind Zeit für eine Reaktion, dann kannst du anbieten: "Brauchst du meine Hilfe, um eine Lösung zu finden?"
Normalisiere die Erfahrung
Zeige deinem Kind, das Ausgrenzungserfahrungen dazugehören. Das soll nicht heißen, dass du seinen damit verbunden Schmerz klein redest oder Ausgrenzung hinnehmen musst. Doch dein Kind wird sich weniger isoliert und beschämt fühlen, wenn es weiß, dass viele andere Menschen ähnliche Situationen kennen. Es lernt, dass Konflikte im Alltag dazugehören.
Du kannst von eigenen Erfahrungen aus deiner Schulzeit berichten oder von Situationen aus deinem aktuellen Alltag. "Heute bei der Arbeit musste ich ganz allein in die Mittagspause gehen. Dort sah ich eine Kollegin, die auch allein an einem Tisch saß – und ich fragte einfach, ob ich mich zu ihr setzen dürfte."
Strategien bei sozialer Ausgrenzung
Im nächsten Schritt kannst du deinem Kind konkrete Strategien mitgeben, wie es mit sozialer Ausgrenzung umgehen kann. Versuche, die Situation als Wachstumschance für dein Kind zu sehen, die es stark machen kann:
- Frage dein Kind als erstes nach eigenen Ideen, mit der Situation umzugehen.
- Betone die positiven Eigenschaften deines Kindes. Ihr könnt zusammen eine wertschätzende Komplimenteliste machen. Der Blick auf die Stärken, anstatt auf Schwächen, fördert das Selbstbewusstsein deines Kindes. Wer sich selbstwirksam erlebt, bezieht das Verhalten anderer Kinder nicht mehr so stark auf sich.
- Trotzdem ist es wichtig, in einem ruhigen Moment über mögliche Schwächen im sozialen Umgang zu sprechen. Etwa die Eigenheit, sich in Gruppen hineinzudrängen oder über Spiele zu bestimmen. Versuche dabei, Tadel oder Schuldzuweisungen außen vorzulassen und euch auf die Strategien zu konzentrieren, die dein Kind stattdessen anwenden kann.
- Es ist wichtig, dass Kinder sich Sorgen dürfen. Setzt dafür eine begrenze Zeit, so dass die negativen Gedanken nicht den gesamten Tag belasten.
- Hilf deinem Kind, andere Kontakte zu schließen, in Gruppen mit ähnlichen Interessen. Hobbys sind eine gute Möglichkeit, Anschluss und Selbstbewusstsein zu bekommen.
- Überlegt euch gemeinsam schon zu Tagesbeginn, wie dein Kind heute auf andere zugehen kann, etwa durch bestimmte Fragen oder eine Spielidee. Ladet gezielt einzelne Kinder zu euch oder auf einen Spielplatzbesuch ein, um den Kontakt zu stärken. Ihr könnt bestimmte Situationen auch zu Hause in Rollenspielen üben.
Verwendete Quellen: psychologytoday.com, mein-erziehungsratgeber.de