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Zwischenmenschliche Beziehungen können vielfältig sein und manchmal passieren Dinge, die Menschen auseinandertreiben. Das Leben kann selbst die wichtigsten Bindungen belasten. Die Mutter-Tochter-Beziehung ist da keine Ausnahme. Obwohl diese Verbindung in unseren Köpfen oft idealisiert wird, ist sie in Wirklichkeit häufig komplex und überraschend kompliziert.
Eine Mutter zu sein, ist harte Arbeit. Es ist besonders knifflig, weil sich die Fähigkeiten, derer eine Mutterschaft bedarf, im Laufe der Zeit ändern. Die Bedürfnisse deiner Schützlinge werden sich wandeln. Langfristig gesehen, erfordert das Muttersein nicht nur Geduld, sondern auch Flexibilität und die Fähigkeit, dich umzustellen, wenn es nötig ist. Als wäre das nicht schon genug, fühlst du dich vielleicht stets von Außenstehenden oder näheren Familienmitgliedern in deiner Erziehung beobachtet und kritisiert. Sei dir darüber im Klaren, dass du in deinen Job als Mama gut machst und niemand das Recht hat, darüber zu urteilen.
Die Mutter-Sohn-Beziehung haben wir bereits in einem anderen Artikel unter die Lupe genommen. Wie sieht eine gesunde Mutter-Tochter-Beziehung aus?
Wie Erziehungsstile die Mutter-Tochter-Beziehung prägen
Gelegentliche Differenzen zwischen Eltern und Kindern sind etwas ganz Normales. Bei gesunden Eltern-Kind-Beziehungen geht es nicht darum, ob Spannungen auftreten, sondern wie sie bewältigt werden. So auch zwischen Mutter und Tochter. Forschenden zufolge kann der Erziehungsstil Einfluss darauf haben, wie auf Spannungen reagiert wird und ob daraus ein größerer Konflikt entsteht. Ihnen zufolge bringt die autoritative Erziehung die besten Ergebnisse.
- Autoritative Erziehung: Hier setzen Elternteile vernünftige Erwartungen an das Verhalten ihrer Kinder. Doch was bedeutet vernünftig? Damit gemeint sind Warmherzigkeit und Entgegenkommen. Zudem wird auf Zwänge und Strafen verzichtet und stattdessen auf Argumente gesetzt. Kinder fühlen sich so unterstützt, dürfen aber auch Fehler machen, ohne dass sie Angst haben müssen, beschuldigt oder beschämt zu werden.
- Antiautoritäre Erziehung: Bei dieser Erziehungsmethode setzen Eltern keine Regeln durch und verlangen wenig von ihren Kindern. Das klingt einerseits idyllisch, doch laut Forscher:innen kann es nicht verkehrt sein, Führung und gesunde Kritik zu erfahren. Insbesondere in der Mutter-Tochter-Beziehung könnte das Kind Spannungen verspüren, wenn es sich eine Mutter, und keine Freundin wünscht.
- Autoritäre Erziehung: Hier haben Eltern eine klare Vorstellung davon, wie ihre Kinder sein sollen und sie sich zu verhalten haben. Kinder, die auf diese Weise erzogen werden, können am Ende sehr gehorsam und leistungsfähig sein, aber wissen dafür oft nicht, wer sie eigentlich sind.
- Ablehnender Stil: Hier können Spannungen zwischen Eltern und Kind entstehen – durch den Mangel an Bindung und das Bedürfnis des Sprösslings danach. Bei diesem Erziehungsstil fordern und fördern Eltern ihre Kinder nicht. Das Verhalten gegenüber dem Kind ist eher unsensibel und uninteressiert.
Warum ist die Mutter-Tochter-Beziehung schwierig?
Jede Mutter-Tochter-Beziehung verändert sich im Laufe der Zeit. Vornehmlich zwischen der Pubertät und dem Eintritt ins Erwachsenenalter ist viel Bewegung in dieser Verbindung – die bisher leider nur wenig wissenschaftlich erforscht wurde. Diese Forschungen liegen teilweise schon Jahrzehnte zurück und beinhalten Ergebnisse, die negativ auf Mütter zurückfallen. Sicher formen Elternteile und deren Erziehung in gewisser Weise die Kinder. Doch häufig ist es so, dass psychische Erkrankungen (zum Beispiel Depressionen oder Essstörungen) von Frauen – insbesondere in der Therapiewelt – auf die Mutter zurückgeführt werden. Und vielleicht steckt darin auch ein Funken Wahrheit. Doch ist die Beschuldigung der Mutter gleichzeitig äußerst schädlich. Im Grunde geht es dabei um die Abwertung der Mutterrolle und damit auch um die Abwertung der Frau.
Die Gesellschaft erwartet noch immer von Frauen, sich selbst zum Schweigen zu bringen und ihre eigenen Bedürfnisse an die letzte Stelle zu setzen. Wie sollen sich Mütter und Töchter also gegenseitig zuhören, wenn Frauen in der Familie und in der Gesellschaft nicht gehört werden? So entsteht ein Machtkampf. Weil weder Mütter noch Töchter verstehen, dass sie es verdienen, gehört zu werden. Dass alle Frauen dies verdienen.
Vielleicht sind wir heutzutage einen Schritt weiter und die Millennials sowie die Generation Z haben das Glück, gleichberechtigt aufzuwachsen. Doch auch das kann zum Konflikt zwischen Mutter und Tochter führen. Mütter bekommen so vor Augen geführt, was sie nicht tun durften. Dabei kann es um Karriere und Bildung gehen, aber auch darum, liebevolle Partnerschaften zu führen.
Hinzu kommt, dass die Gesellschaft Frauen lange Zeit nicht dazu ermutigt hat, ehrlich über ihre Gefühle zu sprechen. Stattdessen kann es vorkommen, dass die Tochter mit abfälligen Kommentaren herabgesetzt oder ihre Erfolge nicht gebührend gewürdigt werden – trotz der bedingungslosen Mutterliebe.
Um die Kommunikation zwischen Mutter und Tochter zu verbessern, können beide Parteien lernen, einander zuzuhören.
Wird diese Mutter-Tochter-Dynamik gestärkt, kann sie eine starke Kraft gegen das Patriarchat sein. Wenn eine Mutter und eine Tochter zusammenkommen und lernen, einander wirklich zuzuhören und sich in die Lage der anderen zu versetzen, bedeutet dies, dass es für die Tochter einfacher sein wird, wenn sie eine Tochter hat. Und die nächste, und die nächste …
Wie gelingt eine gute Mutter-Tochter-Beziehung?
- Erwartungshaltung: Manchmal ergeben sich Erwartungen aus den Erfahrungen der Mutter mit ihrer eigenen Mutter. Diese prallen auf weitere Erwartungen aus den Vorstellungen der Tochter darüber, wie ihre Mutter sich zu verhalten habe. Insbesondere im Erwachsenenalter ist es hilfreich, sich die Mutter oder die Tochter nicht als jemanden vorzustellen, der alles kann. Sondern als eine Art Freundin, deren Grenzen man als Teil der Persönlichkeit akzeptiert.
- Gegenseitiger Respekt: Das bedeutet, zu akzeptieren, dass es Dinge an der Mutter, beziehungsweise der Tochter gibt, die man schätzt. Speziell im Streit kann es helfen, sich an diese Qualitäten zu erinnern.
- Unterschiede akzeptieren: Mütter und Töchter denken oft, dass sie gleich denken oder identisch fühlen sollten. Doch in Beziehungen zwischen Eltern und Kindern sind es oft die Unterschiede, die das Interesse wecken, während die Gemeinsamkeiten den Kitt bilden.
- Beziehungen unterstützen: Da man sich sehr nahe fühlt, fällt es manchmal schwer zu akzeptieren, dass Mutter oder Tochter auch andere wichtige Beziehungen haben können. Dabei können andere Beziehungen einen Ausgleich schaffen. Und das wiederum kann die Mutter-Tochter-Beziehung stärken.
- Kommunikation: Wie in allen anderen Beziehungen auch ist die Kommunikation zwischen Mutter und Tochter sehr wichtig. Anschuldigungen, Angriffe und der bloße Ausdruck von Enttäuschung können dazu führen, dass man in einer festgefahrenen Beziehung steckenbleibt. Werden hingegen Gefühle zum Ausdruck gebracht und dem Gegenüber Raum gegeben, über die eigenen Emotionen zu sprechen, kann dies zu einer stärkeren Verbindung führen. Das Gefühl, dass wir einander kennen, ist dabei manchmal ein Problem. Denn es bedeutet, dass wir oft nicht in Worte fassen, was wir bereits zu wissen glauben.
Mutter-Tochter-Beziehung: 5 Fragen, die ihr einander stellen könnt
Manchmal fehlen uns einfach die Worte. Vielleicht wissen wir auch nicht, wie wir am besten ein Gespräch beginnen sollen. So viel steht fest: Es ist nicht immer leicht, über die eigenen Gefühle und Emotionen zu sprechen. Schon gar nicht mit den Eltern, beziehungsweise mit den Kindern. Während Töchter sich vielleicht für ihre Gedanken schämen könnten, sehen sich Mütter nicht in der Rolle, Schwäche zu zeigen. Die folgenden Fragen können euch dabei helfen, einander besser zu verstehen und euch verletzlich zu zeigen.
- Was war der wichtigste Moment in deinem Leben?
- Welche Dinge schätzt du an mir besonders?
- Was wünschst du dir am meisten für diese Beziehung?
- Wenn du eine Sache in deinem Leben ändern könntest, welche wäre das?
- Wie ist es bisher gewesen, meine Mutter/Tochter zu sein?
Fazit: Warum ist die Mutter-Tochter-Beziehung so besonders?
Die Mutter-Tochter-Beziehung kann sehr mächtig sein – wenn wir ihr Potenzial erkennen und es ausschöpfen. Bedauerlicherweise hindern uns gesellschaftliche Zwänge heutzutage immer noch daran, die Mutterbindung als das, was sie ist, wertzuschätzen. Doch wenn wir erkennen, dass nicht Mütter Schuld daran sind, wenn Töchter ein geringes Selbstwertgefühl oder Unsicherheiten in Bezug auf ihr Körperbild haben, dann kann diese Bindung auf ein ganz anderes Niveau gehoben werden. Sicher machen Mütter mal Fehler in der Erziehung. Väter aber auch. Und Kinder werden das wiederum mit ihren Kindern auch tun. Wichtig ist jedoch, dass wir kommunizieren, Verständnis aufbringen und Annäherungsversuche wagen, wenn es zum Konflikt kommt. So kann ein positiver Generationswechsel stattfinden, von dem viele weitere Sprösslinge profitieren werden.
Anmerkung: Nicht alle Kinder wachsen in heterosexuellen Zwei-Eltern-Haushalten auf. Es ist nicht die Absicht, zu behaupten, dass es diesen Kindern zwangsläufig besser geht. Es gibt jedoch interessante Forschungsergebnisse zu den Eltern-Kind-Beziehungen nach Geschlecht, die wir hier vorstellen möchten. Hier liest du mehr über die Vater-Tochter-Beziehung.
Verwendete Quellen:
- "Sources of tension in the aging mother and adult daughter relationship", pubmed.gov, 1996
- "Mother-Daughter Relationship and Daughter’s Body Image", scirp.org, 2015
- "Mother-daughter Relationship and Daughter's Self Esteem", sciencedirect.com, 2013
- "Mothers' and Their Adult Daughters' Perceptions of Their Relationship", psychologytoday.com, 2010
- "Child care practices anteceding three patterns of preschool behavior." psycnet.apa.org, 1967
- "Welche Erziehung ist richtig?", kas.de, Stand: Februar 2023