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Fips & ich 3 Monate Mutterschaft: Mein Zwischenbericht

Blog Der kleine Brandenburger 3 Monate Eltern
© SolStock / iStock
290 Tage war ich schwanger, 90 Tage bin ich nun Mutter. Auf Instagram & Co. lese ich oft etwas von "die schönste Zeit meines Lebens", "pure Liebe", "unendliches Glück" - doch wie ist das eigentlich in der Realität?

Alles ist anders
 
„Ein Kind wird dein Leben völlig verändern“, haben vor der Geburt alle zu mir gesagt. Und ich dachte: Jaja, blabla, das ist ja wohl eine Sache der Organisation! Pustekuchen. Seitdem ich Mutter geworden bin, ist mein Leben anders. Punkt. Und zwar sehr viel anders als ich mir jemals hätte ausmalen mögen.
 
Denn ich glaubte, dass ich ein Baby ganz einfach wie einen weiteren Punkt auf meiner täglichen To-Do-Liste „abarbeiten“ könnte: Morgens waschen, mittags Spaziergang, abends Liedchen vorsingen und dazwischen natürlich stillen und wickeln. Alles, was dazugehört eben. Na ja, diese Dinge gibt es de facto auch. Aber wie sie ablaufen, wird nicht von mir bestimmt. Ich plane meinen Tag nicht um das Baby herum, wie ich es mir zur idealen Organisation überlegt hatte: Das Baby ist mein Tag. Meine Hauptbeschäftigung. Alles, was ich sonst noch tue, ist so etwas wie Dekoration – Haushalt, Freunde, Entspannung, Hobbys... alles, was ich für mich tue, wird zum Jetzt-kann-ich-grad-mal-Lückenfüller.
 
Das klingt jetzt vermutlich ganz schön erschreckend. Aber es bietet auf eine schräge Art auch Raum, um über mich hinauszuwachsen. Hätte ich mir früher vorstellen können, mit wenig Schlaf und ohne Zeit für entspanntes Essen, noch den erfinderischen Alleinunterhalter für ein anspruchsvolles Publikum zu spielen? Hätte ich gedacht, dass die Liebe auch dann nicht aufhört, wenn Körper und Geist schon völlig erschöpft sind?
 
Ja, es ist alles anders. Ich bin müder, geforderter, emotionaler, verwirrter, sprunghafter, weinerlicher, streitlustiger, manchmal einsamer und oft überladener als ich mir jemals hätte träumen lassen. Aber auch stärker, geduldiger, liebevoller und leichter zu begeistern.
 
Vom Liebespaar zum Elternpaar
 
Keine Zeit mehr für Zweisamkeit? Gar die Diskussion, ob Job oder Baby mehr Arbeit macht? „Das passiert uns nicht“, haben wir gesagt. „Wir lieben uns doch!“ Natürlich tun wir das, sonst hätten wir uns wohl kaum dazu entschieden, zusammen ein Baby zu bekommen.
 
In den drei Tagen im Krankenhaus habe ich meinen Mann jeden Morgen sehnsüchtig erwartet und abends sehr vermisst, wenn sein Besuch vorbei war. Auch in den ersten Tagen zuhause haben wir viel geredet und uns häufig umarmt (ohne Babybauch ging das ja endlich wieder von Kopf bis Fuß), und jedes Mal habe ich gespürt, wie viel Kraft mir seine Berührung gab.
 
Doch dann wurde es anders. Er musste wieder zur Arbeit, ich war allein mit unserem Kind und wenn er abends Feierabend hatte, wollte ich nichts als mal für fünf Minuten die Verantwortung abgeben. Auf Klo gehen, duschen, essen, einfach mal durchatmen. Und es kam die Zeit, in der wir zwischen Windeln und Füttern die Umarmungen vergaßen. Alle Zärtlichkeit, alle freundlichen Worte bekam unser wundervolles Baby. Wir beide dagegen wurden gereizt und irgendwann begriff ich auch, warum: Wir vermissten einander.
 
Ab diesem Punkt begannen wir wieder an uns zu arbeiten. Es muss einfach drei Sekunden Zeit für einen Kuss sein – auch wenn das Baby vielleicht weint. Es muss Momente für Umarmungen geben – sei es auch Bauch an Rücken, weil am zweiten Bauch eben wieder ein Baby hängt. Es muss freundliche Worte geben, Zärtlichkeiten, Lob und „danke“ sagen, unter welchen Umständen auch immer.
 
Doch um es krass zu sagen: Die Geburt war unser letzter gemeinsamer Moment als paar. Und wird es wohl für lange Zeit bleiben.
 
Wir sind ein Team geworden
 
Wir sind nicht mehr eins und eins. Wir sind auch nicht mehr zwei plus eins, so wie in den ersten Tagen nach der Geburt. Inzwischen werden wir drei.
 
Am Anfang kam uns das Baby vor wie eine Ladung brennendes Dynamit und wir brauchten vier Arme, um es beim Stillen von einer Seite auf die andere zu drehen. Doch mit jedem Tag lernen wir unser Kind besser kennen: Wir wissen nun, dass „Meh“ für „Hunger! Her mit der Milchbar!“ steht, und dass ein Durcheinander aus „Meh! Beh! Err!“ totale Müdigkeit bedeutet. Wir können wickeln, wir können baden, und sogar kleine Arme in kleine Ärmel friemeln können wir. Wir können unsere Liebe zeigen und inzwischen schenkt auch das Baby uns sein Lächeln ganz bewusst.
 
Es gibt wunderschöne Zeiten, in denen auch für uns als Eltern- und Liebespaar im Team alles leicht ist. Aber es gibt auch Momente, in denen wir am liebsten furchtbar streiten würden. Wäre da nicht das Wissen, dass wir einander im nächsten Augenblick aus einem Baby-Grund heraus wieder brauchen werden. „Du Idiot, kannst du mir kurz mal den Kinderwagen hochtragen?“ geht nämlich irgendwie nicht.
 
Auch die Diskussion um Babybetreuung und Job haben wir schon geführt; dabei verortet man die ja eigentlich im Klischee. Eigentlich. Na ja. Doch was soll der Mann auch denken, wenn er abends in eine leidlich aufgeräumte Wohnung kommt, ich mit dem Baby auf dem Sofa liege und in absehbarer Zeit auch noch etwas zu Essen auf dem Tisch steht? Natürlich erscheint ihm das Mutterleben easy-peasy! Also kann er sich ja ruhig erst eine Folge „Vikings“ reinziehen und dann entspannt in die Badewanne gehen... oder etwa nicht? Wieso rastet die eben noch so friedlich stillende Mutter denn bitte plötzlich aus?
 
Tja. Vermutlich deshalb, weil sie seit dem schnell reingeschaufelten Müsli zum Frühstück nichts gegessen hat, das Abendessen mit dem Baby auf dem Arm gekocht hat und seit drei Tagen keine Verdauung hatte. Doch woher soll er es wissen?
 
Ja, vielleicht stimmt auch das Klischee, dass Männer nach dem ersten übermächtigen Stolz nach Feierabend zu ihrem alten Leben zurückkehren (wollen), während wir als Mütter schnell feststellen, dass ein Baby ein neuer Fulltime-Job ist. Doch es liegt auch an uns, diese Erkenntnis weiterzugeben.
 
Ich habe mir inzwischen angewöhnt, vom Spaziergang bis zum Wäschemachen alles zu erzählen, woraus mein Tag bestand. Außerdem habe ich meinen ersten Friseurtermin gehabt, sprich: Der Papa musste fast drei Stunden ganz allein das Baby hüten. Und nach anderthalb Stunden blinkte auf meinem Handy folgende Nachricht: „Respekt, dass du das jeden Tag machst.“
 
Für mehr Realität auf dem Boden der Tatsachen
 
Waren die letzten drei Monate „die schönste Zeit meines Lebens“, „pure Liebe“ und „unendliches Glück“? Ja – und nein. Superlative sind nicht mein Fall. Die Tage mit Fips lassen sich außerdem mit nichts vergleichen, was ich bisher erlebt habe. Es ist ein neuer Abschnitt, im Leben, in der Partnerschaft und mit mir selbst. Doch eins ist jedenfalls sicher: Ich liebe mehr als Worte sagen können.
 

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