Die Parallelen werden schnell deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass ein Regieassistent viele Stunden am Tag damit zubringt, anderen beim Spielen zuzugucken. Immer in der Bereitschaft, aufzuspringen und die Requisiten wieder hinzustellen. Oder ein Taschentuch zu reichen oder das Kühlpad. Die Mittagspause nutzt man dafür, all die Dinge zu erledigen, die man nicht erledigen konnte während man damit beschäftigt war, den anderen beim Spielen zuzugucken, aber natürlich erst dann, wenn man das Spielzimmer aufgeräumt hat. Die Erledigungen bestehen im Wesentlichen daraus, Klamotten, Spielsachen oder Nahrungsmittel zu beschaffen in Form von Obst, Crackern, Keksen, Getränkepulver und natürlich Milch. So kommt es auch, dass man grundsätzlich mit einem vollen Rucksack und mindestens zwei dm-Beuteln unterwegs ist, zuhause aber nichts zu Essen hat. (Braucht man im Fall der Regieassistenz allerdings auch nicht, da man eh nur zum Schlafen nach Hause fährt. ) Ständig will jemand was von dir, du bist immer in Bereitschaft – auch nachts -, du kannst keine Unterhaltung führen, ohne unterbrochen zu werden und natürlich wirst du NIEMALS krank, weil es ohne dich einfach nicht geht. Du bist dankbar für jedes Lächeln, machst deinen Job aber auch, wenn du angebrüllt wirst und die verspannungsbedingten Rückenschmerzen kriegst du gar nicht mehr mit.
Ich würde niemals behaupten, dass Regieassistentin ein Traumjob war, aber ich habe es geliebt, am Theater zu sein. So ähnlich ist es auch mit der Mutterrolle. (Mit Betonung auf „ähnlich“ wie in „vergleichbar, aber nicht dasselbe“.) Es gibt so viele Aspekte, die am Muttersein einfach nicht schön sind. Angefangen beim eigenen Körper nach der Geburt, klar. Aber es gibt – ich nenne es jetzt mal Herausforderungen des Alltags, die sind entweder wahnsinnig anstrengend (Kostüme von A nach B transportieren mit nichts als einem Fahrrad) oder nervig ohne Ende (Schauspielern beim Text auswendig lernen helfen, morgens vor der Probe oder in der Mittagspause), aber da man keine Wahl hat – denn ein „das schaff ich nicht“ gibt es nicht und „der Lappen muss hoch gehen!“ – arrangiert man sich irgendwie und insgeheim findet man es auch ein bisschen geil, weil niemand, das steht fest, niemand sonst diese Aufgabe überhaupt aber erst Recht nicht mit so viel leidenschaftlichem Engagement erledigen würde wie man selbst, der Regieassistent . Wer schon mal einen Regieassistenten mit einer Rolle Gaffatape durch Flure und Treppenhäuser hat rennen sehen, weiß, was ich meine. Es geht im Theater IMMER um Leben und Tod.
Seit Tagen nun schon überlege ich, was meine persönlichen Highlights aus dem nervigen Teil des Mutteralltags sind. Wobei ich natürlich nicht „nervig“ meine sondern das, was man bresig grinsend macht, während man das kleine Menschlein bis über beide Ohren verliebt anguckt. Die TopTen des Türmchen-nochmal-Aufbauens und Brei-von-den-Wänden-Kratzens, sozusagen. Wobei „überlegen“ es nicht wirklich trifft, ich habe nicht „überlegt“, sondern „versucht, zu überlegen“, da sich meine von Natur aus schon recht überschaubare Konzentrationsfähigkeit zusammen mit meinem Bindegewebe verabschiedet hat- ich vermute, auf Nimmerwiedersehen.
Ich starte jetzt also den schriftlichen Versuch.
Die TopTen der AlltagsCHALLENGES einer jungen Mutter.
Top 10: Kaffeetrinken, solange er noch heiß ist. (selbsterklärend)
Top 9: Müll runterbringen. Kind in der Manduca, Rucksack auf dem Rücken und dann mindestens drei verschiedene Müllsorten 6 Stockwerke runter tragen und dann mit dem Kind vorm Bauch einhändig in die entsprechende Tonne versenken oder, im Falle von Bio oder Altpapier, die Tüte entleeren, ohne sich dabei die Hände zu verseuchen.
Top 8: Einkaufen und vor allem: Einkauf hochtragen. Wie 9, nur umgekehrt.
Top 7: Anziehen, im Winter. Erst ich oder erst das Kind? Erst die Schuhe oder erst die Manduca? Und IMMER wenn man komplett fertig MIT Schuhen UND Kind in der Manduca an der Tür steht, fällt einem ein, dass man den Windelmüll im Zimmer vergessen hat.
Top 6: Der Übergang vom Wickeln zum Töpfchen. Wenn Pola anzeigt, dass sie aufs Töpfchen muss, ist das in 4 von 5 Fällen ein Manöver, um meine Aufmerksamkeit zu ziehen oder die Schlafenszeit hinauszuzögern. Andererseits wenn ich der Meinung bin, dass sie mal muss oder müssen soll, springt sie nach ein paar Sekunden vom Töpfchen auf und rennt mit Nackipo durch die Wohnung. Was harmlos wäre wenn es bedeuten würde, dass sie WIRKLICH NICHT MUSS. Aber gut, Pipi-aufwischen ist eine meiner leichtesten Übungen.
Top 5: selbst auf Toilette gehen oder duschen….
Früher war Tempo angesagt, denn sobald ich das Zimmer verließ, fing Baby-Pola an zu weinen und heute… Nun….
Die Tatsache, dass Pola gerade aufgewacht ist, bringt mich direkt zu Top 1, aber ich versuche, konzentriert und in der Reihenfolge zu bleiben…
Top 4: Emails schreiben oder überhaupt IRGENDWAS am Laptop machen. Wer schonmal eine Email von mir bekommen hat, weiß wwwwwwhc,,,, *+’5$DKOGDNNNNNNZrrrrr©®,-):-! ich meine.
Top 3: Aufräumen. Sinnlos. Nichtsdestominder würde ich mir mittlerweile zutrauen, an einer Aufräum-WM teilzunehmen. Und da ich mindestens vier, fünfmal am Tag aufräume, ist Pola auch schon so heiß darauf, dass wir den schlechtesten Mädchenclichés alle Ehre machen.
Top 2: Dinge, die man anfängt, zuende bringen.