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Reges Leben Ein Ohr für Kinder

Vor ein paar Tagen hatte ich vor der Schule unseres Sohnes ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Wir zwei liefen Hand in Hand nach Hause und überholten dabei mit langsamen Schritten zwei Mütter mit ihren Kindern. Sie waren scheinbar auch auf dem Nachhauseweg.
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© Reges Leben

  Sie waren scheinbar auch auf dem Nachhauseweg. Die beiden Kinder, ein Junge und ein Mädchen liefen ebenfalls an den Händen ihrer Mütter. Der Junge schien zufrieden, dass es jetzt endlich nach Hause geht. Doch das Mädchen versuchte die ganze Zeit vergeblich ihrer Mutter an der Hand etwas zu erzählen. Sie zog am Jackenärmel, sie stellte sich sogar im Laufen vor ihre Mutter hin und sprach sie unentwegt direkt an: „Mama, hör doch mal. Mama, jetzt hör doch mal. Mama, ich möchte Dir etwas erzählen.“ Doch die Mutter reagiert überhaupt nicht. Das Mädchen scheint in diesem Moment wie Luft für sie zu sein. Sie spricht einfach mit ihrer Bekannten weiter als wäre nichts gewesen. Noch nicht einmal gibt sie ihrer Tochter ein kleines Zeichen wie: „Moment, ich bin gleich für Dich da.“ oder „Gleich höre ich Dir zu, mein Schatz.“ So vertieft ist sie in das andere Gespräch. Die Versuche des Mädchens gingen noch ein bisschen so weiter, aber die Dringlichkeit ließ nach einer Weile nach. Bis das Mädchen irgendwann leise, mehr zu sich selbst sagt: „Mama, warum hörst Du mir eigentlich nie richtig zu?“
 
Wir liefen mittlerweile vor der Gruppe und mir schossen die Tränen in die Augen. Das Mädchen tat mir so leid in diesem Moment. Natürlich kennen wir als Mütter alle die Situation sehr gut. Viel zu oft wahrscheinlich sagt man sich: „Ach, so wichtig kann das jetzt doch gar nicht sein.“„Kinder müssen eben auch einmal lernen zu warten.“ Das stimmt. Kinder müssen selbstverständlich lernen zu warten. Aber wir sollten vorsichtig abwägen in welchen Momenten unsere warten müssen. An erster Stelle sollten unsere Kinder stehen und es ist ihr gutes Recht uns nach der Schule etwas zu erzählen. Vielmehr noch sollten wir dankbar sein, dass sie sich uns öffnen und uns etwas berichten möchten. Und dieses Mädchen an diesem Mittag hat mir wieder einmal die Augen geöffnet, wie wichtig es ist, unseren Kindern unser Gehört zu schenken. Natürlich weiß ich nicht, was das Mädchen ihrer Mutter erzählen wollte. Vielleicht war es einfach nur, dass sie eine Einladung zum Geburtstag erhalten hat oder, dass die Lehrerin sie heute besonders gelobt hat. Vielleicht war es aber auch etwas ganz Anderes. Etwas Wichtigeres. Und die Mutter wird es unter Umständen nie erfahren.

Und genau in diesem Moment, an diesem Mittag vor der Schule, habe ich aus den Augen des Mädchens gesehen. Ich habe die Enttäuschung, den Frust und die Traurigkeit gespürt, dass das Mädchen ihre Geschichte nicht losgeworden ist, dass sie von ihrer Mutter eiskalt zurückgewiesen wurde.

Natürlich sind die Gespräche mit unseren Freundinnen meistens etwas gehaltvoller und spannender, aber was die Kinder aus der Schule oder aus dem Kindergarten zu erzählen haben, ist doch einfach unglaublich wichtig. Viel zu schnell wird die Zeit kommen, da erzählen sie nicht mehr freiwillig von ihrem Tag. Darum finde ich, dass es ein Fehler ist, ihnen diesen Wunsch, den Wunsch etwas erzählen zu wollen, auszuschlagen. Wir sollten uns diesen einen Moment am Tag nehmen und dafür braucht es doch wirklich nicht viel.

Lediglich unser Ohr, das lauschen darf und ein bisschen von unserer Zeit.

Jeden Tag versuche ich mir immer wieder aufs Neue die Zeit für jedes einzelne Kind zu nehmen und mir ihre Geschichten anzuhören. Die Geschichten aus dem Kindergarten und aus der Schule. Das ist mit vier kleinen Kindern nicht immer leicht. Aber es ist mir wichtig und dann klappt es auch. Die Zeit mit jedem Einzelnen ist so wertvoll und wir sollten dankbar sein, dass unsere Kinder uns von ihrem Tag erzählen möchten.
Schenkt den Kindern Euer Ohr,

Eure Alexandra
 

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