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aus dem Kopf Familienfest

Das neue Jahr ist erst ein paar Tage alt und schon haben wir die erste Familienfeier vor der Brust. Der Kurze feiert am Sonntag seinen achten Geburtstag. Da der Papa leider momentan berufsbedingt in der Weltgeschichte unterwegs ist, wird es nur eine sehr kleine Feier. Meine Eltern werden kommen, mit etwas Glück schaffen meine Tante und mein Onkel es sich anzuschließen. Es wird also gemütliche kleine Runde.
Blog Aus dem Kopf Familienfest
© Aus dem Kopf

Familienfeste sind bei uns immer ziemlich speziell. Man freut sich das ganze Jahr darauf und dann endet es meist wieder in kleinen und großen Streitereien und haufenweise Augenrollen.
So richtig groß feiern wir eigentlich nur zu zwei Anlässen: wenn Weihnachten ist oder wenn der Opa Geburtstag hat, was für den Opa in etwa den gleichen Stellenwert hat. Wenn er an Weihnachten alle Kinder und Enkel an einen Tisch bekommt, dann ist das für ihn wie Geburtstag feiern. Das war schon immer so. Dazu muss ich erklären, dass der Opa aus ärmlichen Verhältnissen kommt und sein ganzes Leben unter Tage an der Schippe geackert hat. An Weihnachten die ganze Familie in ein Restaurant zum Essen einzuladen, ist für ihn das Allergrößte. Für meine Großeltern ist diese Feier der wichtigste Termin des Jahres. Als ich ihnen damals am Telefon verkündete, dass ihr erstes Ur-Enkelchen unterwegs war, war der erste Satz, den meine Oma zu mir sagte: „Das Baby bringst Du aber dann auch mit zum Weihnachtsessen!“

Im vergangenen Jahr war dieses Fest allerdings nicht ganz so schön. Mein Opa hatte sich kurz vor den Feiertagen eine Entzündung in seinem erst kürzlich operierten Knie zugezogen und musste das Krankenhausbett hüten. Meine Oma war dementsprechend schlecht drauf und auch alle anderen hatten irgendwie nicht so recht Spaß daran sich auf Opas Kosten den Bauch vollzuschlagen...ohne Opa. Natürlich ließ dieser es sich nicht nehmen während des Essens im Restaurant anzurufen und uns über den Kellner liebe Grüße zu übermitteln. :-)

Meine Mutter und meine Tante waren auch insgesamt recht fertig wegen der Sache mit dem Opa und der Oma, um die sich ja nun auch noch gekümmert werden musste. Als wir das Restaurant betraten, sagte meine Mutter:“Weihnachten, allerseits! Ich sage nicht mehr Frohe Weihnachten! Für mich sind das dieses Jahr nur Weihnachten!“

Nach dem obligatorischen Gruppen-Knuddeln kamen irgendwann die Getränke und die Speisekarten. Nachdem wir unserem Großen verklickert hatten, dass er auf keinen Fall das große Kalbssteak mit Herzoginkartoffeln, sondern einen Kinderteller bekommen würde, beschloss der Kleinere sofort zu verhungern und startete eine niemals enden wollende Motz-Tirade bis seine Pommes früher als die Gerichte aller anderen vor seiner Nase standen.

Unterdessen wurde mein Onkel nicht müde, den Großen permanent zu foppen und zu ärgern, sodass mir wirklich kurzzeitig beinahe die Hutschnur riss.
Während meine Tante, meine Schwester und ich die Gesellschaft für den Opa fotografierten - und dafür angefaucht wurden, wir mögen doch bitte bei Tisch die Handys wegpacken - starteten eine andere Tante und besagter Onkel ein fröhliches Battle darum wem von beiden es aktuell schlechter erging. Nach der Aufzählung diverser Krankheitsgeschichten gingen sie über zu Haushaltsunfällen und dann kamen die psychischen Beschwerden aufs Tapet. Zwischendurch beklagte sich die Oma mehrmals, dass der Opa nicht dabei war - auch beim Kellner, der dagegen herzlich wenig ausrichten konnte. Bis unser Großer schließlich anmerkte: “Das muss man ja jetzt auch nicht jedem hier rumerzählen!“

Zum Glück hatte die Oma davon nichts gehört. Die stritt nämlich gerade mit ihrem Sohn, weil der sie nach dem Essen nicht mehr ins Krankenhaus fahren wollte. Schließlich hatte sie damals seinen Führerschein bezahlt. Ein paar Stunden und 15 immerhin gut gefüllte Bäuche später verließen wir dann alle den Ort des Geschehens, teils wütend, teils mit den Augen rollend, aber alle mit der Hoffnung im Herzen, dass der Opa das nächste Weihnachtsfest wieder mit am Tisch sitzen würde. Denn ohne den Opa – darin waren wir uns ausnahmsweise alle einig – war es kein richtiges Familienfest.

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