Ich weiß, dieser Umstand ist eigentlich eine Frechheit, aber ich kann Sie beruhigen, es besteht trotzdem kein Grund zum Neid. Denn der Stenz geht jetzt in die Schule und so ist es vorbei mit unserem kollektiven Winterschlaf. Um uns zu trösten, meinte meine etwas schadenfrohe Familie zu unseren unmenschlichen Weckzeiten, denen wir seit Schulbeginn ausgesetzt sind nur lapidar: „Mensch, hört auf zu jammern, das ist doch jetzt nur für die nächsten 16 Jahre so.“ Wie wahr!
Morgengrauen oder der frühe Morgen bringt das Grauen
Während wir in den letzten Jahren nie in den Genuss kamen, die Schönheit der aufgehenden Sonne in ihrer ganzen Farbenpracht zu bewundern, dürfen wir nun dieses einmalige Naturspektakel tagtäglich bestaunen. Aber das ist auch schon der einzige Vorteil, den ich in unserem aufoktroyierten Frühaufstehertum sehe. Doch bevor der rote Feuerball langsam über unseren Osthügel kriecht und den Himmel in ein bezaubernd kitschiges Lila-Rosa hüllt, begegnen wir erst einmal dem großen gleißenden Nichts. Oder um es mit den staunenden Worten unserer dreijährigen Tochter auszudrücken: „Mama, was das ist, das swarze (schwarze) große Ding?“ Dabei zeigte sie vergangene Woche voller Verblüffung auf die alles verschluckende Dunkelheit, die draußen vor unserem Fenster wie ein gruseliges Ungetüm zu uns hineinlugte. Nun verstehe ich auch den tieferen Sinn von „Morgengrauen“ oder besser gesagt, der frühe Morgen bringt das Grauen. Morgens dunkel? Ein Paradoxon, an das sich unsere dreijährige Tochter wohl nun leider gewöhnen muss.